Grobe Missstände zeigt das umfassende Bild- und Beweismaterial von September bis Oktober 2025, das dem "Verein gegen Tierfabriken" aus einem selbsternannten "Vorzeige“-Schweinebetrieb mit mehr als 13.000 Tieren im Bezirk Hollabrunn in Niederösterreich zugespielt wurde.
Die Szenen schockieren durch den rohen Umgang mit den Schweinen, die Brutalität und die Respektlosigkeit in dieser riesigen Schweinefabrik. Der VGT hat die Missstände bei der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde umfangreich angezeigt.
Seitens der BH und von Agrarmarkt Austria wurde auf APA-Anfrage auf umgehend eingeleitete Kontrollen verwiesen. Der betroffene Betrieb selbst gab vorerst keine Stellungnahme ab.
Arbeiter uriniert Schweinen ins Gesicht
Mehrfach ist ein Arbeiter in den Aufnahmen dabei zu sehen, wie er Mastschweinen absichtlich ins Gesicht und auf den Körper uriniert. Ein anderer Arbeiter uriniert neben eine Abferkelbucht im Zuchtbereich des Betriebs. "Diese Taten zeugen nicht nur von völliger Respektlosigkeit und von Verachtung den Tieren gegenüber, sondern sind auch aus Hygienegründen höchst fragwürdig“, so VGT-Kampagnenleiter David Richter, der die Aufnahmen gesichtet hat, die dem VGT anonym zugespielt wurden. Stark mit Fäkalien verschmutzte Buchten, mit Kot verunreinigte Tränken, Insektenbefall und teils heruntergekommene Stalleinrichtungen stehen im starken Widerspruch zur Selbstdarstellung des Betriebs.
Schläge und Elektroschocks
Die verdeckten Aufnahmen aus den Abferkelbuchten zeigen eine Arbeiterin, die mehrere Schweinemütter in Kastenständen mit Stöcken und Metallhaken schlägt. "Die Situationen, die in den Videos zu sehen sind, erwecken den Eindruck, dass diese Arbeiterin die Schweine wie zur Strafe prügelt. Es gibt keinen vernünftigen Grund für diese Brutalität. Wir haben das zur Anzeige gebracht“, so Richter weiter.
Ein anderer Arbeiter treibt Mastschweine unter Einsatz von schmerzhaften Elektroschocks, sogar wenn die betroffenen Tiere sich aufgrund von verkeilten Schweinen gar nicht weiterbewegen können. Dabei dürfen elektrische Treibgeräte per Gesetz nur in Ausnahmefällen verwendet werden.
Auch der Umgang mit den Ferkeln ist im AMA-Schweinemast und -Zuchtbetrieb extrem brutal. Die erst wenige Tage alten Tiere werden teils aus einiger Entfernung in Körbe geworfen, an einzelnen Beinen oder sogar den empfindlichen Ohren hochgehoben und an den Schwänzen gezogen.
Blutende Schweine im "Vorzeigebetrieb“
Öffentlich wird die riesige Anlage als Vorreiter in Sachen "Tierkomfort“ präsentiert, wo "Tiergesundheit“ vermeintlich großgeschrieben wird. Die Foto- und Videoaufnahmen zeichnen ein ganz anderes Bild. Viele Schweine haben Eingeweidebrüche und Verletzungen. Etlichen Tieren wurden die Schwänze von Artgenossen blutig gebissen. Einen besonders dramatischen Fall stellt ein Schwein mit massivem Darmvorfall dar, dessen Afterbereich durch Kannibalismus von anderen Schweinen bereits schwer verletzt wurde. Zerfetzte Darmstücke hängen aus dem After des Tiers, während es in der engen Bucht versucht, den anderen Schweinen zu entkommen.
Mehr als 7.000 Schweine werden über mehrere Hallen verteilt in diesem Betrieb gemästet. "Wir gehen davon aus, dass so gut wie alle diese Mastschweine auf Vollspaltenboden leben müssen. Das hat mit einem "Vorzeigebetrieb“ wirklich nichts zu tun. Schweine leiden auf Vollspaltenboden nachweislich“, schildert Richter die Haltung im Mastbereich des Betriebs. Auch die anderen Stallbereiche, z.B. die Gruppenhaltung der Zuchtsauen oder die Eberbuchten, weisen Missstände auf. Demnach zeigen die Aufnahmen unter anderem, dass etliche Schweine überhaupt keinen Zugang zu Beschäftigungsmaterial haben. Das betrifft die Schweine in den Kastenständen, die Eber und vermutlich auch viele Sauen in der Gruppenhaltung. Auch das habe der VgT zur Anzeige gebracht.
Zwei Amtstierärzte vor Ort
Seitens der Bezirkshauptmannschaft wurde am Dienstag betont, dass aufgrund der VGT-Anzeige verwaltungsstrafrechtliche und tierschutzrechtliche Ermittlungen eingeleitet worden seien. "Am heutigen Tag wird der Betrieb durch zwei Amtstierärzte im Vier-Augen-Prinzip überprüft und die notwendigen Maßnahmen werden umgehend ergriffen", teilte Bezirkshauptmann Karl-Josef Weiss in einer schriftlichen Stellungnahme mit. Das Vorliegen von strafgesetzlichen Tatbeständen werde geprüft.
Kontrollore der AMA entsandt
Auch die AMA entsandte noch am Dienstag externe Kontrolleure auf den Hof im Bezirk Hollabrunn, wie eine Sprecherin der APA mitteilte. Die im Video festgehaltenen Vorfälle seien jedenfalls inakzeptabel. Generell sei der Betrieb alljährlichen Kontrollen unterzogen worden, angemeldet und unangemeldet. In den Jahren 2021 und 2022 dabei entdeckte geringfügige Mängel sind der Sprecherin zufolge vom Betrieb beseitigt worden. Zuletzt sei ein "umfangreiches Audit" ohne Beanstandungen durchgeführt worden, für November oder Dezember diesen Jahres sei die nächste Kontrolle vorgesehen gewesen.
Erste Reaktion von FPÖ-LR Rosenkranz zum Fall
"Was hier passiert ist, ist ein unfassbarer Skandal – und so etwas gehört sofort abgestellt. Die zuständigen Behörden werden sich diesen Betrieb jetzt ganz genau vorknöpfen und wenn die Vorwürfe stimmen, dafür sorgen, dass diesem Treiben rasch und konsequent ein Ende gesetzt wird“, reagiert Landesrat Mag. Susanne Rosenkranz auf die Berichterstattung der Kronenzeitung zum ungeheuerlichen Fall von Tierquälerei in einem Mastbetrieb in Hollabrunn.
Und weiter: "Ich möchte eines ganz klar festhalten: Unsere Schweinebetriebe in Niederösterreich schauen auf ihre Tiere. Schwarze Schafe müssen ausfindig gemacht werden, damit nicht ein ganzer Berufsstand schlecht geredet wird. Die allermeisten Landwirte arbeiten hochprofessionell und verantwortungsvoll und achten auf das Tierwohl. Dieser Fall, der Gott sei Dank durch das vorliegende Material öffentlich geworden ist, ist ein trauriges und beschämendes Beispiel dafür, wie wichtig es ist, dass die Behörden jederzeit einschreiten können – dort, wo es notwendig ist, und ohne Zögern. Ich danke dem VGT ausdrücklich dafür, dass diese ungeheure Tierquälerei ans Licht gebracht wurde. Wir stehen auf der Seite der Tiere – und auf der Seite jener Bauern, die täglich dafür sorgen, dass Landwirtschaft und Tierwohl im Einklang stehen. Solche Zustände sind rigoros abzustellen - Tierquälerei hat in Niederösterreich keinen Platz“, hält Rosenkranz fest.