Ein 23-Jähriger setzte sich in fremdes Auto, verlangte Bargeld und Pkw, verprügelte den Lenker krankenhausreif, ist bis heute nicht wirklich einsichtig - und muss nur ein halbes Jahr hinter Gitter.
Wien. Weil er am helllichten Tag einen Autofahrer in Wien-Meidling überfallen und von diesem Bargeld und das Überlassen des Pkw verlangt hatte, ist ein 23-Jähriger Montagmittag am Landesgericht zu zwei Jahren teilbedingter Haft verurteilt worden. Sechs Monate wurden unbedingt ausgesprochen, den Rest bekam der bisher Unbescholtene unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen.
Das 39-jährige Opfer, dem der Angeklagte schwere Verletzungen zugefügt hatte, erhielt 2.000 Euro an finanzieller Wiedergutmachung zugesprochen. Der von Verteidiger Ernst Schillhammer vertretene Beschäftigungslose nahm das Urteil an. Die Staatsanwältin gab vorerst keine Erklärung ab. Die Gerichtsentscheidung ist damit nicht rechtskräftig.
Angriff wie aus dem Nichts am Wienerberg
Zu den verfahrensgegenständlichen Ereignissen war es am 20. Mai 2022 gekommen. Der Angeklagte hatte sich zunächst an einem Ziegelteich am Wienerberg gesonnt und dabei fünf bis sechs Bier getrunken. Am späteren Nachmittag sei er dann zu Fuß Richtung Meidling gegangen, beim Überqueren einer Straße sei er seinen Schilderungen nach vom 39-Jährigen beinahe angefahren worden. Das habe ihn "extrem aufgeregt", daher habe er zunächst auf die Motorhaube des Fahrzeugs geschlagen und sich dann auf einen Rücksitz im Auto gesetzt: "Damit ich ihm erklären kann, dass er mich fast angefahren hat."
Eine Raubabsicht habe er nicht gehabt ("Was mach ich mit dem Auto? Ich hab' nicht ein Mal den Führerschein"). Allerdings sei es zu Handgreiflichkeiten gekommen, räumte der Angeklagte ein: "Ich hab' ihm auch die Faust gegeben. Dann bin ich geflüchtet. Das ist die Geschichte."
Die Version des Betroffenen klang ganz anders. Der ihm völlig fremde Mann hätte die Autotür aufgerissen, als er vor einer Ampel anhalten musste, und ihm "am Kopf gepackt" und das Auto und Geld verlangt. Dann sei er vom Angeklagten "komplett blutig" geschlagen worden. Er habe nur 20 Euro dabei gehabt und dem jungen Mann mehr Geld angeboten: "Das Auto hab' ich ihm nicht geben können. Ich hatte einen Schlaganfall und war drauf angewiesen, weil ich damals nur auf Krücken habe gehen können."
Opfer "hatte Todesangst" und musste operiert werden
"Ich hatte Todesangstt, dass ich umgebracht werde", betonte der 39-Jährige. Nachdem er aus dem Auto gestiegen sei, habe ihn der Angeklagte zu Boden geschlagen. Er habe Fußtritte kassiert, dann sei der Mann weggelaufen und mit einem Bus der Wiener Linien geflüchtet.
Über Bilder aus einer Überwachungskamera wurde der 23-Jährige nach längeren Ermittlungen ausgeforscht. Der Überfallene erlitt eine Fraktur des Orbitabodens und des Nasenbeins, einen Bruch des linken Handwurzelknochens und eine Fissur der linken Kniescheibe. Er musste sich einer Augenoperation unterziehen und leidet bis zum heutigen Tag an den Folgen der Verletzungen, wie er bei seiner Zeugenbefragung deutlich machte.
Der Schöffensenat folgte der Darstellung des Betroffenen und wies die Version des Angeklagten als "ganz wenig glaubwürdig" zurück. Der 23-Jährige wurde wegen versuchten Raubes und schwerer Körperverletzung schuldig gesprochen. Zudem wurde Bewährungshilfe angeordnet, "damit Sie Ihr Leben in den Griff kriegen", wie der vorsitzende Richter abschließend bemerkte.
Dass er nur ein halbes Jahr in den Bau muss und der Rest der zwei Jahre auf Bewährung bekam, empfanden manche, die den Prozess verfolgten, als ganz schön "kuschelig".