Missbraucht & misshandelt

"Vollwaise" klagt Land OÖ auf 1,6 Millionen

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Mann verbrachte 18 Jahre in Heimen, obwohl seine Mutter lebte.

Ein 65-jähriger Mann, der nach dem Zweiten Weltkrieg fälschlicherweise als Vollwaise geführt worden war, hat nun eine Klage gegen das Land Oberösterreich eingebracht. Das bestätigte ein Sprecher des Landesgerichtes Linz am Mittwoch. Laut Medienberichten geht es um eine Schadenersatz- und Schmerzensgeldklage über mehr als 1,6 Millionen Euro für "institutionalisiertes Unrecht".

Missbraucht und misshandelt
Der Sohn eines US-Soldaten und einer vor der Roten Armee aus Ungarn nach Oberösterreich geflüchteten Volksdeutschen war kurz nach Kriegsende im Babyalter von seiner Mutter getrennt worden. Die ersten 18 Jahre seines Lebens verbrachte er in mehreren Kinderheimen in Oberösterreich, wo er missbraucht und misshandelt wurde.

Vollwaise
Obwohl die Namen der Eltern im Säuglingsheim in Linz laut Bericht genau protokolliert wurden, soll die Jugendfürsorge im Amt der Landesregierung Mitte der 60er Jahre plötzlich nichts mehr von Familienangehörigen gewusst haben. Der Mann wurde im Schriftverkehr als Vollwaise geführt. Er konnte seine Mutter erst nach eigener Recherche als Erwachsener in die Arme schließen.

"Meine individuellen Menschenrechte sind jahrelang auf das Schwerste verletzt worden. Ich war das Opfer eines institutionell ausgeübten Unrechts", betonte der 65-Jährige in Medienberichten. Ein Vorwurf, den ein Gutachten des Zeitgeschichtlers Horst Schreiber von der Uni Innsbruck untermauern soll. Es zeige die Verflechtungen des Jugendfürsorgesystems der Nachkriegszeit mit dem Nazi-Regime auf, hieß in den Artikeln.

Brief von Pühringer
Vom Land erhielt der 65-Jährige 20.000 Euro als finanzielle Geste an frühere Gewaltopfer. Nach der Klagsdrohung des Mannes habe ihm Landeshauptmann Josef Pühringer (V) geschrieben und mitgeteilt, dass die Kommission sich seinen Fall noch einmal genau ansehen werde. Auch das Amt der Landesregierung habe sich schriftlich an den Anwalt des nunmehrigen Klägers gewandt.

Doch durch die Klagseinbringung habe sich die Situation geändert. Die Opferschutzkommission des Landes Oberösterreich wird sich mit dem Fall nicht auseinandersetzen, solange es keine gerichtliche Entscheidung gibt, sagte Landespräsidialdirektorin Antonia Licka der APA. Dem Land lag die Klage Mittwochnachmittag noch nicht vor. Sollte es um die kolportierten 1,6 Millionen Euro gehen, rechne sie "nicht mit sehr hohen Erfolgsaussichten", so Licka.

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