Eine Nonne missbrauchte ein Mädchen. Die Klasnic-Kommission lehnt Entschädigung ab.
OÖ/Sbg. Es ist eine schwer fassbare Geschichte, die Ursula E. nach Jahrzehnten der Scham und des Schweigens erzählt. „Ich gebe nichts dazu, und ich lasse nichts weg“, sagt sie. „Ich will nur zeigen, wie man auch heute noch mit Opfern der Kirche umgeht.“
Der Begriff „schwere Kindheit“ reicht für die Erlebnisse dieser 63-jährigen Frau kaum aus. Missbrauch, Gewalt und Suizidversuche ziehen sich durch ihr Leben. Jetzt, nachdem sie sich durchgerungen hat, die Geschichte zu erzählen, erlebt sie Zurückweisungen von offizieller Stelle. Und fühlt sich noch einmal missbraucht.
Ursula E. wird 1955 in Linz geboren und von ihrer Mutter im Alter von drei Monaten beim Jugendamt abgegeben. In ihrer Pflegefamilie vergewaltigt sie der Vater ab ihrem vierten Lebensjahr. Auf dem Platz im Kinderheim, in das sie 1963 mit acht Jahren kommt, hagelt es wieder Schläge. Das einzige Erziehungsmittel ist brutale Gewalt.
Im Alter von 13 Jahren muss E. jene Demütigungen erleben, mit denen sie sich 2017 an die Klasnic-Kommission wendet. Sie wird ab nun im Salzburger Kloster Zum Guten Hirten betreut. „Ich musste dort jedes Wochenende wie ein Tier arbeiten“, sagt sie. Zuerst in einer Landwirtschaft, dann in einer Schusterei.
Opfer: "Sie haben mir einfach nicht geglaubt"
„Dort kam jedes Mal eine Nonne auf mich zu, die mich schrecklich belästigte. Sie griff mir auf die Brust, tätschelte mein Hinterteil. Ich war wie ferngesteuert und von Angst dominiert.“ Als die 13-jährige Ursula wieder in der Werkstatt arbeitet, erlebt sie ein weiteres Mal sexuellen Missbrauch. Die Schwester zwingt sie, sie oral zu befriedigen. E. rebelliert und flüchtet schließlich aus dem Kloster.
Mit ihren erschütternden Erlebnissen bei den Nonnen wendet sie sich 2017 an die Ombudsstelle gegen Gewalt und sexuellen Missbrauch im kirchlichen Bereich, die Ex-Landeshauptfrau Waltraud Klasnic leitet. „Erst im Jänner habe ich eine Antwort bekommen, und die war ein richtiger Schock.“ Ihr Antrag auf finanzielle Hilfe wurde abgelehnt. „Es steht keine Begründung darin, nur, dass ich verstehen muss, dass es auch negative Entscheidungen gibt. Ich habe dann erfahren, dass mir gar nicht geglaubt wurde, dass ich in diesem Kloster untergebracht war.“
Als ÖSTERREICH die Klasnic-Kommission damit konfrontiert, sagt ein Sprecher: „Wir haben uns den Fall angesehen. Es haben Angaben gefehlt oder sind nicht plausibel erschienen. Wir haben der Dame mitgeteilt, dass wir diese Zusatzangaben brauchen und den Fall dann neu bewerten können.“ Er betont außerdem, dass die Kommission 92,8 Prozent der Fälle positiv bescheidet.
E. sagt, über fehlende Angaben nicht informiert worden zu sein. Ihre Reaktion: „Das ist für mich der blanke Hohn.“
Deborah Knob