Wirbel um Zeltlager

oe24 im „Pro Palästina“-Protestcamp an der Uni Wien

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Seit Wochen gibt es pro-palästinensische Proteste an Hochschulen in den USA und Frankreich. Nun haben „Pro Palästina“-Camper in Wien ein Zeltlager errichtet. Die Uni Wien und die ÖH distanzierten sich davon. oe24 war vor Ort im Zeltlager.

Rund 20 Zelte stehen im Hof 1 auf dem Campus der Universität Wien im Alten AKH. Es ist leise, die grüne Wiese nass vom Regen. Die rund 40 „Pro Palästina“-Demonstranten haben sich eingeigelt. Sie verstecken sich hinter Corona-Masken, Palästinensertüchern und großen Plakaten, die rund um ihr Zeltlager hängen. Mit Medien wollen sie nicht reden, sagen sie. oe24 versucht es trotzdem.

Pro-Palästina-Camp im Hof 1 des alten AKH an der Uni Wien.

Pro-Palästina-Camp im Hof 1 des alten AKH an der Uni Wien.

© TZÖ/Fuhrich
× Pro-Palästina-Camp im Hof 1 des alten AKH an der Uni Wien.

Vermummte beim Protestcamp.

Vermummte beim Protestcamp.

© TZÖ/Fuhrich
× Vermummte beim Protestcamp.

"Unsicherheitsgefühl von jüdischen Studierenden" 

Vor dem Zeltlager hängen die Parolen der Demonstranten, die unter sich vor allem auf Englisch sprechen. Auf Schildern stehen Sprüche wie: "Widerstand ist international", "Laut gegen Genozid", "Kriegsverbrechen hat kein Existenzrecht" oder in englischer Sprache: "Kampf dem Patriarchat und dem Kolonialismus" und "Blut an euren Händen".  

Dazu "solidarisiert" man sich mit Uni-Protesten in den USA, in London und Paris. Online kursieren Flyer, wo zur Intifada (arabisch Abschütteln), also dem gewaltsamen Widerstand gegen Israel aufgerufen wird.

Plakat im Protest-Camp gegen Israel und die EU.

Plakat im Protest-Camp gegen Israel und die EU.

© TZÖ/Fuhrich
× Plakat im Protest-Camp gegen Israel und die EU.

Prostest-Camperin mit Corona-Maske blickt aus ihrem kleinen Zelt.

Prostest-Camperin mit Corona-Maske blickt aus ihrem kleinen Zelt.

© TZÖ/Fuhrich
× Prostest-Camperin mit Corona-Maske blickt aus ihrem kleinen Zelt.

Erst am Montagabend haben die „Pro Palästina“-Demonstranten sich im Campus eingerichtet. Gestern haben jüdische Hochschüler Videos aus dem Protestcamp veröffentlicht, wo zu einer neuen Intifada aufgerufen wird. 

Alon Ishay, der Präsident der Jüdischen Österreichischen HochschülerInnen (JÖH), sagte ö1, es sei wichtig, dass es die Möglichkeit gibt, gegen den Krieg und für Frieden zu demonstrieren und Solidarität mit Palästinensern zu zeigen. "Wer zu einer neuen Intifada, zu bewaffneter Gewalt gegen Juden aufruft, der ist nicht an Frieden interessiert. Das zeigt der Protest im Camp."

Im Camp will man zuerst nicht mit oe24 sprechen, eine Studentin sagt, sie fühle sich unwohl dabei, mit Medien zu sprechen. Andere legen eine Plane auf den Boden, breiten Handtücher darüber aus: "Wir bereiten einen Lesekreis vor." Sie sprechen auf englisch, nennen es einen "Reading Circle". Mehr wollen sie nicht sagen.

Demonstrantin wirft Israel "Völkermord" vor

Eine Demonstrantin spricht dann doch mit oe24: "Die Wiener Universität unterstützt einen Völkermord, weil sie militärische Forschungsprojekte unterstützt." 

Sie verhülle ihr Gesicht, um sich zu schützen, "damit ich nicht als Terroristin betitelt werde".

Die Protestler wollen nicht sagen, welche Organisation hinter dem Zeltlager steckt - man habe sich lose zusammengefunden. oe24-Beobachtungen zeigen aber eine professionelle Organisation, die hinter der zusammengewürfelten Truppe steckt.

Forderung nach "Israel-Boykott"

Gefordert wird unter anderem, dass die Uni Wien sämtliche Forschungskooperationen und Partnerschaften mit israelischen Universitäten beendet.

Die Demonstranten fürchten auch, dass die Unis "mit Geheimdiensten zusammenarbeiten" und fordern ein "Ende der Überwachungsarbeit".

Palästina-Flaggen und verhüllte Demonstranten.

Palästina-Flaggen und verhüllte Demonstranten.

© TZÖ/Fuhrich
× Palästina-Flaggen und verhüllte Demonstranten.

Auf diesem Biertisch landet später eine große Kiste mit Essens-Nachschub.

Auf diesem Biertisch landet später eine große Kiste mit Essens-Nachschub.

© TZÖ/Fuhrich
× Auf diesem Biertisch landet später eine große Kiste mit Essens-Nachschub.

Außerdem werfen die Demonstranten den österreichischen Universtitäten "faschistische Taktiken" vor - ein absurder Vorwurf. Die Uni Wien selbst kann das Camp derzeit nicht auflösen, distanziert sich aber davon. "Wir prüfen alle rechtlichen Möglichkeiten einer Auflösung", sagte eine Uni Wien-Sprecherin. Die Polizei beobachtet das Camp genau. Am Dienstagnachmittag verhielten sich die Demonstranten ruhig. 

Insgesamt wirken viele der Forderungen recht zusammengewürfelt.

Aber über die Geiseln in Händen der Terror-Organisation Hamas will die Demonstrantin mit oe24 nicht sprechen. "Sprechen wir lieber über die hunderten Kinder, die jährlich von Israel unter Militär-Recht in der Westbank verhaftet werden." 

Passantin empört:

Passantin empört sich: "Natürlich muss man über die Geiseln sprechen, welche die Hamas entführt hat. Diese Truppe verzerrt die Realität." 

© TZÖ/Fuhrich
× Passantin empört:

Mutter: "Müssen über die Geiseln sprechen" 

Für eine Mutter, die sich das Camp ansieht, ist das völlig unverständlich. Ihr Sohn ist Austro-Israeli und lebt in Israel. Die Frau sagt oe24: "Mir kommt es vor, als ob die Welt auf dem Kopf steht. Diese Truppe verdreht alles und verzerrt die Realität. Natürlich muss man auch über die Geiseln sprechen, welche die Hamas-Terroristen entführt und noch immer in ihrer Gewalt haben."

Chaoten-Truppe klaute Bierbänke

Die Demonstranten werden zum Teil professionell unterstützt, erhalten großzügige Essenslieferungen, fein verpackt in großen Kisten. Da gibt es Bananen, Tee, Süßigkeiten.

Plötzlich stellt ein Mann die Studenten zur Rede: "Warum habt ihr unsere Bierbänke gestohlen." Er arbeitet beim Bierheurigen im Campus. Die Protestler haben die Bänke einfach entwendet." Reumütig schleppen Zweier-Grüppchen die Bierbänke danach zurück zum Lokal.

Ihr Camp abbrechen wollen sie nicht - sie selber würden "friedlich weiterdemonstrieren". 

oe24-Reporter Aaron Brüstle beim Protest-Camp.

oe24-Reporter Aaron Brüstle beim Protest-Camp.

© Marlene Kovacs
× oe24-Reporter Aaron Brüstle beim Protest-Camp.

Protestcamp

Protestcamp

© TZÖ/Fuhrich
× Protestcamp

oe24.TV-Reporter David Herrmann-Meng berichtet live vor dem Pro-Palästina-Protest-Camp.

oe24.TV-Reporter David Herrmann-Meng berichtet live vor dem Protest-Camp, die Demonstranten trauen sich nicht vor die Kamera.

© oe24.TV
× oe24.TV-Reporter David Herrmann-Meng berichtet live vor dem Pro-Palästina-Protest-Camp.

Polizei stellt klar: "Camp unter Beobachtung"

Die Polizei stellt gegenüber oe24 klar, dass das Protest-Camp unter Beobachtung steht. 

"Am 06.05.2024, gegen 17:30 Uhr versammelten sich rund 100 Pro-Palästina-Manifestanten auf einer Grünfläche am Uni Campus Gelände des Alten AKH. Einige Zelte wurden aufgestellt und diverse Transparente im dortigen Bereich angebracht. Weiters wurden diverse Parolen skandiert und Ansprachen gehalten, begleitet vom Schwingen palästinensischer Fahnen."

"Die Wiener Polizei war rasch vor Ort. Seither wird diese Spontankundgebung von Polizeikräften genau beobachtet und im Sinne des Versammlungsgesetzes regelmäßig rechtlich beurteilt. Weiters besteht ein enger Kontakt mit Verantwortlichen der Universität Wien, die als Eigentümerin dieser Örtlichkeit fungiert."

Kundgebung im Sinne des Versammlungsgesetzes 

"Derzeit ist bei der, momentan auf rund 25 Personen reduzierten, Zusammenkunft ein manifestativer Charakter feststellbar, es handelt sich also um eine Kundgebung im Sinne des Versammlungsgesetzes."

Polizei sieht "keine rechtliche Möglichkeit zur Auflösung"

"Es besteht derzeit keine rechtliche Möglichkeit zur Auflösung der Kundgebung. Dies deshalb, da bislang weder ein strafrechtliches Verhalten feststellbar war noch die öffentliche Sicherheit oder das öffentliche Wohl gefährdet war. Weiters handelt es sich bei dem Gelände um einen öffentlich zugänglichen Bereich, eine Unzumutbarkeit für den Berichtigten liegt derzeit nicht vor.
Die Wiener Polizei beobachtet die Kundgebung genau und prüft außerdem, ob es durch das Fortbestehen der Kundgebung zu allfälligen Störungen eines Hochschulbetriebes kommt. In diesem Falle würde die Unzumutbarkeit der Kundgebung in Bezug auf den Hochschulbetrieb erneut geprüft werden. Parallel wird der Dialog mit den Versammlungsteilnehmern forciert."

Verbindungen zur Terror-Organisation? Profis unterstützen die Chaoten

Die Demonstranten behaupten, dass sie sich lose zusammengefunden hätten - im Protest gegen den Krieg in Nahost. Tatsächlich zeigten oe24-Beobachtungen vor Ort, dass sie professionell mit Essen, Decken und Kleidung versorgt werden.

Mitorganisator teilte Foto mit Hamas-Führer

Einen beklemmenden Vorwurf äußert Alon Ishay, Präsident der Jüdischen Österreichischen HochschülerInnen im ö1-Radio. Ishay sagt: "Mitorganisatoren des Camps haben Bezug zur Hamas. Zum Beispiel BDS Austria oder der Verein Dar al Janub. Der Leiter von BDS Austria hat von sich und dem Hamas-Anführer ein Bild auf Facebook gepostet." Da gebe es ganz enge Kontakte zu einer terroristischen Vereinigung.

Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes schreibt zum Verein Dar al Janub: "Bei Dar al Janub handelt es sich […] auch um den Versuch, Antisemitismus in ein antirassistisches und kulturalistisches (postkoloniales) Mäntelchen zu hüllen und ihn solcherart gerade im akademischen Milieu zu verankern. Unter welchem Namen auch immer: Es geht um die Bildung antiisraelischer Allianzen, die von ehemals links außen über den Islamismus bis hin zum Rechtsextremismus reichen." 

Wenn diese Organisationen wirklich hinter dem Protest-Camp stecken, kann es noch brenzlig werden.

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