Die ÖVP will denErlass loswerden - Die SPÖ macht Druck - Das BZÖ gibt sich stur
Die ÖVP bemüht sich jetzt, den umstrittenen Kindergeld-Erlass von Sozialministerin Ursula Haubner (B) loszuwerden. Innenministerin Liese Prokop nahm am Freitag Gespräche mit der orangen Ministerin auf, um nach einem Ausweg zu suchen. Nach der gestrigen rot-schwarzen Ankündigung, den Erlass außer Kraft zu setzen, hatte sich Haubner quer gelegt. Auch Bündnischef Peter Westenthaler beharrte auf der Regelung und warf Noch-Koalitionspartner ÖVP zudem Vertragsbruch vor. Druck auf Schwarz und Orange kam von der SPÖ.
Volkspartei schert aus
Solange sie im Amt sei, werde an dem
Erlass nicht gerüttelt, bekräftigte Haubner, man bleibe "auf Linie". Die
gemeinsame Linie würde vielmehr die ÖVP in den Verhandlungen mit der SPÖ
verlassen. Genauso sah das BZÖ-Chef Peter Westenthaler und beklagte sich,
dass die Volkspartei den Koalitionsvertrag brechen würde. Die Volkspartei
"krieche in die Regierung mit der SPÖ hinein". Im Ministerrat am kommenden
Dienstag will er Aufklärung.
Westenthaler vs. Grüne:
Die von der Ökopartei präsentierte
betroffene Familie Dolas wäre von dem Erlass überhaupt nicht betroffen. Was
wiederum den Grünen Pressedienst zur Replik veranlasste, wie wenig
Westenthaler von der Materie der Fremdenrechtspaketes verstünde. Die Grüne
Menschenrechtssprecherin Terezija Stoisits bezeichnete die Rücknahme des
Erlasses sowieso nur als Teillösung, eigentlich müsste das
Fremdenrechtspaket an sich repariert werden.
Prokop soll helfen
Die ÖVP schickte heute also Innenministerin
Prokop aus, die Sache zu planieren. Generalsekretär Reinhold Lopatka gab
sich zuversichtlich, dass "die beiden zu einer guten Lösung kommen".
Irgendetwas dürfte sich Prokop wohl einfallen lassen müssen, damit Haubner
ohne Gesichtsverlust aus der Sache herauskommt.
SPÖ: Keine Notwendigkeit für diesen Erlass
Das Gesicht
Haubners interessierte die SPÖ nun wieder wenig. Der geschäftsführende
Klubobmann Josef Cap forderte von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) als
"Chef der provisorischen Regierung", sich bei "seiner" Ministerin
durchzusetzen. Dass die Sozialdemokraten mit ihrer Zustimmung zum
Fremdenrechtspaket eine Mitverantwortung für die Misere hätten, wies Cap
zurück. Es habe überhaupt keine Notwendigkeit für den Erlass bestanden, er
sei daher "wegen Rechtswidrigkeit und Herzlosigkeit zurückzunehmen".
Rückkehr zur Vernunft
Für die Verfassungsexperten scheint
eine Rückkehr zu "Vernunft und Augenmaß" das Gebot der Stunde. Natürlich
seien auch ein Gang zu Verwaltungs- oder Verfassungsgericht möglich, genauso
wie Haubners Amtsenthebung, man könnte aber auch einfach ein Gesetz
beschließen, dass dem Kindergeld-Erlass die Grundlage entzieht oder den
Erlass einfach zurücknehmen. Für eine Lösung im Sinne der Kinder plädierte
auch der evangelisch-lutherische Bischof Herwig Sturm.