Jihadisten-Prozess in Graz

Ankläger: 'Islamisten sind islamische Nazis'

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Staatsanwalt forderte Schuldspruch und unbedingte Strafen für alle Beschuldigten. 

Der Prozess gegen sechs mutmaßliche Jihadisten ist am Mittwoch im Grazer Straflandesgericht fortgesetzt worden. Die gebürtigen Türken müssen sich wegen der Verbrechen der terroristischen Vereinigung und der kriminellen Organisation verantworten, einige wegen staatsfeindlicher Verbindung. Am neunten Verhandlungstag waren zwei Islam-Sachverständige am Wort.
 
Zu Beginn wurde wieder einmal die Öffentlichkeit ausgeschlossen, weil Ermittler befragt wurden. Gut zwei Stunden mussten die Zuhörer warten, bevor die Verhandlung wieder allgemein zugänglich wurde. Dann war Gutachter Ednan Aslan am Wort. Der Professor für islamische Religionspädagogik ist ein Experte für die religiöse Erziehung muslimischer Kinder. Seitens des Gerichts hatte er den Auftrag erhalten, vier Freitagsgebete des angeklagten Imam zu analysieren.
 

"Jihad muss unbedingt durchgesetzt werden"

Der Beschuldigte hatte darin unter anderem die Eigenschaften der Muslime definiert und ein klar abgegrenztes Bild des echten Muslims gezeichnet. Dieser solle Christen oder Juden nicht nachahmen, denn dabei würden "Männer ihrer Männlichkeit und Frauen ihrer Weiblichkeit beraubt".
 
In den Reden habe es auch geheißen, man müsse "alle bekriegen, die sich gegen einen stellen". Der Prophet sei "auch ein tötender Prophet" gewesen. "Der Jihad muss unbedingt durchgesetzt werden." Eine der drohenden Gefahren sei die Spaltung innerhalb von Jihad-Gruppen.
 
Der Imam habe auch die "Legitimität und Notwendigkeit" des Jihad betont, erklärte Aslan. Jeder, der die Verbreitung des Islam verhindere, müsse "beseitigt werden". Der Sachverständige kam zu dem Schluss: "Die Gebete basieren auf radikal-islamistischer Ideologie", und das stehe "im Gegensatz zur Vorstellung der klassischen Gelehrten und der islamischen Gesellschaft der Gegenwart".

Gutachter: "Ziel des IS ist Weltherrschaft"

Der Prozess wurde am Nachmittag mit einem weiteren Gutachter fortgesetzt. Guido Steinberg, Experte für islamistischen Terrorismus, erläuterte ausführlich die Geschichte der Terrororganisation Islamischer Staat (IS). "Das Ziel des IS ist die Weltherrschaft", fand der Sachverständige klare Worte.
 
Die Verhandlung war zunächst am Nachmittag wieder mit einem langen Ausschluss der Öffentlichkeit fortgesetzt worden. Nicht nur Ermittler, sondern auch ein Zeuge - ein Verwandter des Erstangeklagten - wurden gehört. Dann erläuterte Steinberg, wie sich der IS in den verschiedenen Ländern entwickelt hatte. "Erstes Ziel war die Gründung eines islamischen Staates in Syrien und im Irak", betonte der Sachverständige.
 
Mitten in den Ausführungen des Gutachters fiel der Richterin ein, dass noch ein Zeuge warten würde. Sie unterbrach die Ausführungen des Experten und befragte den Zeugen. Dabei handelte es sich um den Vater jenes IS-Kämpfers, der in Graz bereits rechtskräftig verurteilt worden ist. "Was glauben Sie, wer hat Ihren Sohn dazu gebracht, dass er sich dem IS angeschlossen hat?", fragte die Richterin. "Weiß ich nicht", kam die Antwort. Bei einer anderen Befragung hatte der Mann angegeben, sein Sohn habe sich nach häufigen Besuchen in der Furkan-Moschee "um 180 Grad gedreht". Ja, das sei richtig gewesen, räumte der Zeuge ein.

Ankläger: "Islamisten sind islamische Nazis"

"Islamisten sind islamische Nazis": Mit diesen Worten brachte der Staatsanwalt seine Ausführungen über die sechs Beschuldigten auf den Punkt. Er führte aus, dass es Ziel der Angeklagten sei, die Scharia einzuführen. "Der Islamismus verdrängt den Rechtsstaat, wenn wir nicht aufpassen". Der Ankläger betonte, dass in dem Prozess "über radikalen Islamismus verhandelt, wird, nicht über den Islam".
 
Nachdem die Fragen an die Geschworenen beschlossen wurden und die Verlesungen erledigt waren, konnte der Staatsanwalt gegen 17.15 Uhr mit seinem Schlussplädoyer beginnen. Er forderte die Geschworenen auf, alle Angeklagten schuldig zu sprechen und für alle unbedingte Haftstrafen - der Rahmen beträgt ein bis zehn Jahre - zu verhängen. "Damit dokumentiert wird, dass der Staat nicht duldet, dass hier eine andere Rechtsordnung eingeführt wird."
 
"Wir müssen aufhören mit falscher Toleranz", forderte der Ankläger, denn die staatlichen Grundrechte "werden in kleinem Rahmen in diesen Vereinen attackiert", wetterte er gegen die radikalen Glaubensvereine. "Der Islamismus verdrängt den Rechtsstaat, wenn wir nicht aufpassen". Die Minderheit der radikalen Islamisten "spielen sich so präpotent auf, als würden sie alle Muslime vertreten." Bei den Glaubensvereinen werde oft "weggeschaut, weil es unangenehm ist". Er mahnte daher die Laienrichter abschließend: "Scheuen Sie sich nicht, strenge Strafen zu verhängen."
 
Der Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt. Nach den letzten Plädoyers soll es frühestens am Nachmittag ein Urteil geben.
 
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