Nach einer irren Amokfahrt im Dezember 2018 wurde ein 50-Jähriger in eine Anstalt eingewiesen.
Wien. Ein psychisch Kranker ist am Mittwoch vom Wiener Landesgericht nach einer Amokfahrt, bei der er am 28. Dezember 2018 mit seinem Auto bei einem Tempo von bis zu 195 km/h andere Verkehrsteilnehmer in Gefahr gebracht hatte, in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen worden. Ein Schöffensenat (Vorsitz: Christoph Bauer) sah die Einweisung allerdings auf fünf Jahre bedingt nach.
Für einen am 10. Jänner 2019 erfolgten Angriff auf einen Justizwachebeamten - der 50 Jahre alte Mann, der seit 20 Jahren an einer bipolaren Störung leidet, war nach der Wahnsinn-Fahrt im "Normalvollzug" gelandet - bekam der gebürtige Kärntner ein Jahr Haft, davon vier Monate unbedingt aufgebrummt. Nach Ansicht des psychiatrischen Sachverständigen Harald P. David war bei dem Mann zwölf Tage nach der verfahrensgegenständlichen Autofahrt wieder Schuldfähigkeit gegeben. Ende Dezember soll der Betroffene aufgrund seiner Erkrankung aber noch zurechnungsunfähig gewesen sein.
Der Mann hatte nach seiner Festnahme erklärt, er habe sich "a Hatzerl" mit der Polizei geliefert, weil er sich vor dieser gefürchtet hätte. Der psychisch Kranke hatte im Hinblick auf sein Wohlbefinden kurz vor Weihnachten die Medikamente abgesetzt, die er eigentlich regelmäßig nehmen hätte sollen. "Mir ist es gut gegangen. Ich wollte dieses Wohlgefühl nicht beeinflussen", erläuterte er dem Gericht. Dieses Verhalten habe jedoch "eine manische Phase" bewirkt, bedauerte er.
Flucht vor Polizei
Nach den Weihnachtsfeiertagen war es an einer Tankstelle in Wien-Liesing aufgrund psychischer Auffälligkeiten zu Unstimmigkeiten zwischen dem 50-Jährigen und anderen Personen gekommen, die schließlich die Polizei verständigten. Die eintreffenden Beamten wollten den 50-Jährigen am Weiterfahren hindern, weil sie ihn nicht für fahrtauglich hielten. Der 50-Jährige setzte sich darüber hinweg, drückte das Gaspedal in seinem Pkw durch und brauste davon, wobei er innerstädtisch bis zu 90 Stundenkilometer erreichte. Mehrfach ignorierte der 50-Jährigen an Kreuzungen das Rotlicht. Schließlich fuhr er auf die Südautobahn (A2) auf, wo die Tacho-Nadel dann bis zu 195 km/h anzeigte. Zu diesem Zeitpunkt wurde er von bis zu zehn Streifenwagen verfolgt. Mehrere Straßensperren wurden errichtet, um ihn zum Stoppen zu bringen. Der 50-Jährige ignorierte diese, fuhr entweder seitlich daran vorbei oder direkt auf die Polizeiautos bzw. Beamte zu, die die Fahrbahn blockierten, so dass diese zurücksetzen bzw. zur Seite springen mussten, um nicht gecrasht zu werden.
Erst nach rund 70 Kilometern und einer Fahrzeit von 30 Minuten ging die Amokfahrt auf der Semmering Schnellstraße (S6) in Gloggnitz (Bezirk Neunkirchen) ohne Verletzte zu Ende. "Dass nicht mehr passiert ist, ist der Polizei zu verdanken. Und dem Glück", sagte nun die Staatsanwältin.
Angst als Fluchtgrund
"Ich habe eine Furcht empfunden", gab der 50-Jährige zu Protokoll. Deshalb sei er davongefahren. Auf die Straßensperren angesprochen, meinte der Mann, er sei "eh seitlich vorbeigefahren". Polizisten hätte er nicht ins Visier genommen, er habe das nur "angedeutet".
Ausschlaggebend dafür, dass die Einweisung bedingt nachgesehen wurde, war der deutlich verbesserte Gesundheitszustand des Mannes. Seit seiner zwangsweisen Anhaltung wurde er medikamentös behandelt, zuletzt hatte er monatliche Depotspritzen bekommen, auf die er sehr gut anspricht. Gerichtspsychiater David hielt daher die von Verteidiger Roland Friis erbetene Einweisung auf Bewährung für vertretbar, sofern der 50-Jährige statt im Maßnahmenvollzug in einer betreuten Wohneinrichtung untergebracht und dort engmaschig überwacht wird.
Einen entsprechenden Therapieplatz konnte Friis in der Verhandlung vorlegen, so dass der Schöffensenat die von der Staatsanwaltschaft beantragte Unterbringung im Maßnahmenvollzug für fünf Jahre bedingt aussprach. Die Entscheidungen des Gerichts sind nicht rechtskräftig.