Urteil wegen Vergewaltigung und schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nicht rechtskräftig.
Ein 56-jähriger Mann hat sich am Montag wegen schweren sexuellen Übergriffen an einem Nachbarskind vor dem Wiener Straflandesgericht verantworten müssen. Der Mann soll sich im Jahr 2019 an dem Kind vergangen haben, als es ihm Essen brachte. Er bekannte sich nicht schuldig und präsentierte nun seinen Sohn als Entlastungszeugen. Dem schenkte das Gericht keinen Glauben und verurteilte ihn - nicht rechtskräftig - zu drei Jahren Haft.
Der Schuldspruch erfolgte wegen Vergewaltigung und schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen. Vorgeworfen wurde dem Mann auch, dass er dem Kind ein Jahr lang immer wieder im Stiegenhaus auflauerte, ihm Gewalt antat und zudringlich wurde. Laut Anklage soll das 20 Mal passiert. Von diesem Vorwurf der fortgesetzten Gewaltausübung wurde er allerdings im Zweifel freigesprochen.
Täter schlug eiskalt zu
Weil die im gleichen Haushalt lebende Ehefrau und die Tochter des 56-Jährigen verreist waren, ließ ihm die Nachbarin durch ihre elfjährige Tochter Essen zukommen. Das Kind blieb beim Überreichen des Tellers in der Tür stehen, doch der Mann lockte es mit selbst gemachtem Fruchtsaft in die Wohnung und verschloss die Tür. Nur weil die Schwester der Elfjährigen anläutete, ließ der Mann nach Aussage des Kindes ab und bat es, niemandem davon zu erzählen. Das Mädchen vertraute sich seiner Schwester an, diese wollte es den Eltern berichten, doch die Elfjährige hielt sie davon ab. Sie bat nur, den Kontakt des Nachbarn auf dem gemeinsamen Handy der Geschwister zu blockieren.
Im Mai 2021 vertraute sich das Mädchen einer Freundin an und ging mit ihr gemeinsam zur Polizei, um gegen den 56-jährigen Syrer Anzeige zu erstatten. Er stritt die Vorfälle größtenteils ab, er habe das Kind einmal umarmt und einmal auf den Mund geküsst.
Später Zeuge
Zweieinhalb Monate nach seiner Verhaftung und als bereits Anklage gegen ihn erhoben wurde, präsentierte er seinen Sohn als Entlastungszeugen. Weil seine Frau und seine Schwester verreist waren, habe er sich um den Vater gekümmert, als es zu dem Übergriff gekommen sein soll, sagte der 22-Jährige in seiner Zeugenaussage vor Gericht. Da die beiden aufgrund einer Knie-Operation des Vaters kaum das Haus verließen, seien die Tathandlungen nicht möglich, da der Vater mit dem Kind nicht allein gewesen sei. "Er kommt verdächtig spät als Zeuge ins Spiel", bemerkte Richter Andreas Böhm. Auf die Frage, warum der 22-Jährige nicht schon bei der Polizei gesagt hat, dass er zum Tatzeitpunkt in der Wohnung gewohnt hatte, meinte er: "Ich wusste nicht, dass ich das Recht dazu hatte."
Für Richter Böhm machten beide Männer einen unglaubwürdigen Eindruck. Das Kind hätte überhaupt keine Grund gehabt, zu lügen. Zudem seien die Aussagen der mittlerweile 13-Jährigen von der 15-jährigen Schwester untermauert worden. Dem Mädchen, das sich dem Verfahren als Privatbeteiligte anschloss, wurden 1.000 Euro zugesprochen. Beide Parteien erbaten sich drei Tage Bedenkzeit, das Urteil ist daher nicht rechtskräftig.