Flucht gescheitert

Zogaj-Kinder über Weihnachten im Lager

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Arigonas Geschwister wollten zu ihrer Mutter. Sie flüchteten zu Fuß aus dem Kosovo und wurden von der ungarischen Grenzpolizei erwischt.

Alle Überzeugungsversuche von Betreuern und Verwandten schlugen offensichtlich fehl. Die Verzweiflung der vier Zogaj-Kinder, die seit 15 Monaten unter widrigsten Umständen im Kosovo hausen, war kurz vor Weihnachten einfach zu groß. Am Donnerstag vergangener Woche packten sie ihre wenigen Habseligkeiten zusammen und machten sich auf eigene Faust auf den Weg nach Österreich.

Keine Schülervisa
Hier lebten sie vor ihrer Abschiebung im September 2007 fünf Jahre im oberösterreichischen Frankenburg. Seitdem waren sie von ihrer Mutter und ihrer Schwester Arigona, die untertauchte und so der Abschiebung entging, getrennt. Anträge auf Schülervisa für die kleinen Geschwister Albin (9) und Albona (7) wurden in erster Instanz abgelehnt. Die erneuten Anträge wurden noch nicht bearbeitet.

Fluchtgedanken
Alban (19) und Alfred (17), die sich im Kosovo um die Kleinen kümmerten, seitdem der Vater die Kinder allein ließ, hielten dem Druck offenbar nicht mehr stand. Sie setzten deswegen alles daran, zu ihrer Mutter und ihrer Schwester zu kommen. In Telefonaten mit der Familie hatten sie die Fluchtgedanken angekündigt.

Eiseskälte
Mutter Nurie, der Anwalt der Familie, Helmut Blum, und Freunde versuchten, die Brüder davon abzuhalten – jedoch ohne Erfolg. Dann brach der Kontakt zu den Kindern für mehrere Tage ab. Was Arigona und ihre Mutter da noch nicht wussten: Alban und Alfred kratzten das wenige Geld zusammen, das sie hatten, um mit Unterstützung von Schleppern über Serbien und Ungarn nach Österreich zu kommen. In der Nacht auf Sonntag wurden sie laut Christian Schörkhuber von der Volkshilfe offenbar von den Schleppern bei Eiseskälte in einem Wald an der grünen Grenze zu Ungarn stehen gelassen.

Weihnachten im Lager
Zu Fuß machten sich die vier auf die Flucht, die jedoch abrupt beendet wurde: Sie wurden von Grenzpolizisten geschnappt. Die Zogaj-Kinder wurden in ein ungarisches Flüchtlingslager in Bekescsaba gebracht, wo sie jetzt erst einmal über Weihnachten auf unbestimmte Zeit festsitzen.

"Halb wie im Gefängnis“
ÖSTERREICH erreichte Alban Zogaj, den ältesten der Kinder, dort. Er berichtet, wie die vier nun leben: „Es ist halb wie im Gefängnis“.

ÖSTERREICH: Wie geht es euch? Seid ihr ausreichend versorgt?

Alban Zogaj: Es geht uns eigentlich ganz gut. Wir sind seit dem Wochenende hier. Die Polizei hat uns in einem Wald aufgegriffen. Hier im Lager in Ungarn fühlen wir uns halb wie im Gefängnis, halb wie im Heim. Aber wir haben genug zu Essen und auch warme Kleidung. Albin und Albona geht es auch gut. Aber sie sind so wie ich sehr traurig, dass sie die Tage hier verbringen müssen, statt in Österreich bei ihrer Mutter sein zu können.

ÖSTERREICH: Habt ihr schon mit Arigona und eurer Mutter telefonieren können?

Alban Zogaj: Ja. Wir möchten die beiden unbedingt wieder sehen und hoffen so sehr, dass wir wieder nach Österreich kommen und unsere Familie wieder beisammen ist. Wir vermissen unsere Mutter und unsere Schwester sehr.

Asylantrag
Wie es jetzt weitergeht, und ob die Kinder endlich bald ihre Mutter in die Arme schließen können, bleibt ungewiss. Zumindest konnte mittlerweile der Telefonkontakt wiederhergestellt und ihnen ein Anwalt zur Seite gestellt werden. Ein Asylantrag wurde gestellt, Ungarn will in den kommenden 14 Tagen über ihre Abschiebung entscheiden.

Prammer an Fekter
Indes werden auch in der Politik Stimmen laut, das Drama um die Familie endlich zu beenden. Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) appellierte an Innenministerin Maria Fekter (ÖVP), gerade zu Weihnachten ein Herz zu zeigen und zumindest den Kleinen endlich die Schülervisa zu erteilen.

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