Irak-Geiseln

Nussbaumers Mutter ist "glücklich über das Video"

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Nach dem zweiten Video mit dem entführten Oberösterreicher Bert Nussbaumer zeigte sich seine Familie in Altmünster glücklich über das neuerliche Lebenszeichen.

„Die Hoffnung stirbt zuletzt.“ Den Tränen nahe bedankte sich Maria Nussbaumer bei allen, die für ihren im Irak entführten Sohn Bert beten. Zum ersten Mal seit der Entführung von Bert Nussbaumer stellten sich die Angehörigen in einer Pressekonferenz den Medien: Das zweite Video der fünf Geiseln hat die Familie mit großer Erleichterung aufgenommen. „Ich bin froh, ihn lebend gesehen zu haben, unverletzt und in keinem schlechten Zustand“, sagte Maria Nussbaumer. Obwohl das Video offenbar vor Weihnachten aufgenommen wurde, glaube sie daran, dass es ihrem Sohn weiterhin gut geht.

Großer Rückhalt
Das Außenamt und das Innenministerium würden „alles Mögliche“ für Bert tun. Ohne deren Hilfe und des Bürgermeisters von Altmünster, Hannes Schobesberger, hätte die Familie die Situation seit Mitte November nicht durchgestanden, erklärte die sichtlich gezeichnete Frau. Der jüngere Bruder, Franz, berichtete von einem großen Rückhalt im Freundeskreis: Immer wieder würden Freunde von Bert anrufen. „Die ihn besser kennen, sind fest davon überzeugt, dass er es schafft und wieder zurückkommt.“

Auslandseinsatz
Bert habe immer im Personen- und Anlagenschutz arbeiten wollen. „Dass es der Irak geworden ist, konnte keiner beeinflussen. Mir wäre es woanders lieber gewesen. Natürlich habe ich versucht, es ihm auszureden“, bekräftige die 46-jährige Mutter. Aber ihr Sohn sei erwachsen und wisse, was er tue. Bert sei sich der Gefahr bewusst gewesen, ergänzte der Bruder. Von konkreten gefährlichen Situationen habe er in regelmäßigen Telefonaten jedoch nichts erzählt. „Es war immer sein Ding, ins Ausland zu gehen“, sagte Franz Nussbaumer.

Bürgermeister Schobesberger zeigte sich gegenüber ÖSTERREICH über das Video ebenfalls erfreut: „Ein Lebenszeichen. Bert ist erkennbar, aber den Umständen entsprechend gezeichnet.“

Offiziell keine Lösegeldforderungen
Es gebe keine Lösegeldforderungen, bekräftigte Astrid Harz, Sprecherin des Außenministeriums am Freitag erneut. Experten sehen das freilich anders: Keine Regierung könne solche Verhandlungen mit Entführern zugeben, denn damit erscheine sie erpressbar. Zudem seien die Amerikaner und Briten gegen Verhandlungen mit Entführern (siehe Story rechts).

Für Frank Tesch, Entführungsexperte der deutschen Risikomanagement-Firma Trauboth, ist diese Handlungsweise verständlich: „Offiziell gibt kein Staat zu, Lösegeld zu bezahlen oder auch nur zu verhandeln. Dadurch würde eine Regierung sofort als erpressbar gelten.“

In Wirklichkeit aber, so die Experten, wird längst mit den Kidnappern intensiv verhandelt. Antonia Rados, jahrelang Krisenreporterin im Irak, bezeichnet das zweite Video als Signal an die Regierung: „Zum Beispiel als Mittel um etwaige, ins Stocken geratene Verhandlungen anzukurbeln. Oder falls die österreichische Regierung einen weiteren Lebensbeweis der Geisel wollte.“

Der Terrorexperte Rolf Tophoven vom deutschen Institut für Terrorismusforschung sieht die Veröffentlichung als Druckmittel der Geiselnehmer gegen den Staat: „Das ist psychologische Kriegsführung, es ist eine reine Zermürbungstaktik. Die Terroristen sagen damit dem Staat: Seht her, die Geiseln leben, jetzt seid ihr dran, unsere Forderungen zu erfüllen.“

Millionen-Forderungen
Einig sind sich alle Experten auch über mögliche Lösegeldforderungen. Für ausländische Geiseln werden von den Entführern zu Beginn Summen in der Höhe von 10 Millionen Dollar gefordert. Nach zähen Verhandlungen einigen sich Entführer und Regierungen auf weit geringere Geldmengen, so Rolf Top­hoven: „Zwischen drei und fünf Millionen sind üblich. In der Regel geht es aber in der Tat um Millionenbeträge pro Person.“

Tätergruppe
Bedeckt hält sich das Außenamt auch in Bezug auf die Hintergründe der Entführung. Nahost-Expertin Antonia Rados hält die Terrorgruppe für eine schiitische Miliz: „In der Region im Süden Iraks gibt es keine Sunniten oder Saddam-Anhänger. Die mächtigste Gruppe sind die Mahti-Milizen von Muktada al-Sadr, einem der erbittertsten Gegner Saddam Husseins. Das ist der Mann, der in dieser Region am meisten Macht hat. Dann gibt es noch diverse abgespaltene Gruppen, die als Entführer in Frage kommen.“

Datum am Video ist echt
Das Videoband dürfte echt sein, bestätigte Außenamts-Sprecherin Astrid Harz am späten Mittwochabend. Experten des Außenministeriums zufolge dürfte das Video tatsächlich kurz vor Weihnachten aufgenommen worden sein. Das erklärte Astrid Harz am Donnerstagnachmittag. Eine abschließende Bewertung über die Richtigkeit dieses Datums liege allerdings noch nicht vor.

Aufschluss über Zustand
Des Weiteren wird versucht, über Licht und Hintergründe festzustellen, wann und wo das Video gedreht wurde. Letztlich könne dann mit Hilfe von Verwandten, Bekannten und Freunden, die die betroffene Person und dessen Stimme, Haltung und Verhalten sehr gut kennen, beurteilt werden, ob es sich um eine authentische Aufnahme handelt. Mit den "Tiefeninformationen" könne man auch Rückschlüsse ziehen, ob und wie sehr sich die betreffende Person zum Zeitpunkt der Aufnahme im Stress oder unter Druck befand.

Ein Bild von Nussbaumer vor der Entführung:

nussbaumer
© oe24

Das Lebenszeichen
Auf dem Video, das eine Minute und 40 Sekunden dauert, sitzen vier der fünf Männer einzeln und mit überkreuzten Beinen auf einem Teppich, ein schwarzes Tuch hängt hinter ihnen. Sie sagen ihre Namen und den Herkunftsort.

Das Video zeigt zuerst zwei amerikanische Geiseln, dann den 25-jährigen Ex-Soldaten Nussbaumer aus Altmünster (Bezirk Gmunden). Nussbaumer wirkt abgemagert und blass und wirkt bedrückt. Er sitzt mit überkreuzten Beinen am Boden, seine Haare sind kurz rasiert, anders als früher trägt er einen Vollbart. Er trägt ein schwarzes, langärmeliges T-Shirt und eine schwarze Hose.

Zu hören ist auf Englisch mit deutlichem österreichischen Akzent: " Mein Name ist Bert Nussbaumer. Ich bin österreichischer Staatsbürger. Ich arbeite im privaten Sicherheitsgeschäft für Crescent Security im Irak. "

Von dem fünften Mann, der sich als Paul Johnson Reuben aus Minnesota vorstellt, sieht man nur den Oberkörper. Ein Mann, der sich als Jon Cote aus Buffalo, New York, identifiziert, fühlt sich scheinbar unbehaglich. " Ich kann nicht freigelassen werden, bis die Gefangenen aus amerikanischen und britischen Gefängnissen freigelassen sind", sagt er.

Das Band beginnt mit einem Bild des Koran und einer Karte des Irak auf grünem Hintergrund, dann ist eine Schrift zu sehen: "Der Nationale Islamische Widerstand in Irak. Die Furkan Brigaden. Die Gefangennahme wurde im Safwan-Distrikt in Basra ausgeführt". Die Entführer sind auf dem Video nicht zu sehen oder zu hören.

Alle fünf sind Angestellte der Sicherheitsfirma Crescent Security Corp. und arbeiteten als Sicherheitsleute. Am Tag ihrer Entführung, dem 16. November, hatten sie einen Konvoi im Süden des Landes nahe der Grenzstadt Safwan begleitet.

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