Politik-Insider

15 Jahre nach Haiders Tod: Ist Kickl wirklich sein Erbe?

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Wie ein umstrittener Polit-Popstar, der die FPÖ groß machte, stürzte und bis heute prägt.

Er sei „grotesk, absurd, ein Verräter an freiheitlichen Werten“, ätzte ein gewisser Herbert Kickl 2005 über Jörg Haider. Dieser hatte sich da gerade von jener Partei, die er zunächst zu unerwarteten Höhenflügen geführt hatte, dann abstürzen ließ, abgespalten. Mit dem BZÖ wollte Haider – der umstrittenste Polit-Pop-Star des Landes – beweisen, dass er sich „verändert habe, dazugelernt“ habe, wie er der Autorin fünf Tage vor seinem Tod erzählt hatte.

In der Nacht vom 10. auf den 11. Oktober 2008 raste Jörg Haider – damals Landeshauptmann von Kärnten – alkoholisiert in den Tod. 15 Jahre später prägt er immer noch die heimische Politik, wie vor ihm nur Bruno Kreisky. Kickl – und das war damals eine ziemliche Überraschung für Haider – blieb als Generalsekretär der FPÖ treu. Im Unterschied zum langjährigen einstigen FPÖ-Chef Haider – er wurde bei einem FPÖ-Kampfparteitag 1986 FPÖ-Chef – war Kickl wohl immer mehr Ideologe. Haider in Wirklichkeit ein „gnadenloser Populist“ (so ein Wegbegleiter), der 1.000 Gesichter hatte.

Heute bezeichnet sich Kickl – mittlerweile selbst FPÖ-Chef – freilich als „Erbe Haiders“. Ist er das? Und, was bleibt von Haider?

Viel. Mit dem gebürtigen Oberösterreicher begann der Aufstieg des Rechtspopulismus in Österreich, der dann in ganz Europa kopiert wurde. Der Verfassungsjurist, der in Wirklichkeit davon geträumt hatte, Schauspieler zu werden oder in New York auf die Uni zu gehen, zog bereits in den 1990er-Jahren gegen „Eliten“, ominöse „Jagdgesellschaften“ und „Ausländer“ her. Er trieb SPÖ und ÖVP als vermeintlicher „Schutzpatron der kleinen Leute“ vor sich her und plakatierte „Sie sind gegen ihn, weil er für Euch ist“. Bis heute kopiert ihn die FPÖ.

Aber nicht nur diese. Den „Mindestlohn für Landesbedienstete“, den Burgenlands Hans Peter Doskozil 2022 einführte, hatte Haider bereits 2002 in Kärnten umgesetzt. Die Angriffe auf die Sozialversicherung, die Ex-Kanzler Sebastian Kurz 2018 spielte, trommelte Haider die gesamten 1990er-Jahre über. Beide Politiker – der Rote und der Türkise – nehmen und nahmen immer wieder Anleihen bei ihm.

Der Unterschied. Alles, was die FPÖ heute über das „Dokumentations­archiv des österreichischen Widerstandes“ von sich gibt, hat Haider schon Jahrzehnte davor geätzt. Die Angriffe gegen den ORF, gegen Andersdenkende – erraten – all das hatte Haider bei seinem Aufstieg bereits genützt. Haider, das war einer, der einmal die vermeintlich „ordentliche Beschäftigungspolitik der Nazis“ lobte und dann über „alte Nazi-Trottel“ im kleinen Kreis spöttelte. Eine zerrissene Persönlichkeit mit viel Licht und Schatten.

In Kärnten – das Land wäre durch die Schuldenpolitik Haiders beinahe in den Konkurs gestürzt – schlägt er bis heute alle Beliebtheitsconteste. Und, wen würde er selbst als seine Erben ansehen? Nur seine Töchter, wie er knapp vor seinem Tod selbst sagte.

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