Islamstudien-Autor

"20 Prozent Demokratie-Ablehnung nicht viel"

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Überrascht hat Mouhanad Khorchide auf die Aufregung um die Ergebnisse seiner Studie über islamische Religionslehrer reagiert.

"Das Negative wird so überbetont. Dabei sind 20 Prozent, die Demokratie ablehnen, eigentlich nicht sehr viel - man muss dabei die politische Situation im arabischen Raum bedenken", sagte der Islamwissenschafter und Soziologe. Trotz bedenklicher Ergebnisse müsse man die "positiven Entwicklungen" wahrnehmen. "Ich möchte nicht wissen, was bei dieser Studie vor zehn Jahren rausgekommen wäre", so Khorchide.

Dissertation gesperrt
Khorchide hatte die Dissertation, die in Kürze als Buch erscheinen soll, aus Angst "vor genau dieser Art von Missbrauch" (als tendenziös empfundene Berichterstattung, Anm.) an den Uni-Bibliotheken bereits im August sperren lassen. Dabei sei das Demokratieverständnis der islamischen Religionslehrer nur ein kleiner Teil der Untersuchung gewesen. Ihr Schwerpunkt war die Erfassung der Ziele und Aufgaben von modernem islamischem Religionsunterricht.

Aus Khorchides Sicht gibt es auch extrem positive Ergebnisse: 93 Prozent wollen die Schüler zum Eintreten für Frieden ermutigen, die Förderung des interreligiösen Verständnisses ist für 89 Prozent der Lehrer eine vorrangige Aufgabe, die Entwicklung einer islamisch-europäischen Identität für 73 Prozent.

Die negativen Ergebnisse nennt Kharchide "Altlasten" aus der Zeit zwischen 1982 und 1998, als es in Österreich zwar islamischen Religionsunterricht, aber keine dafür ausgebildeten Lehrer gab. "Damals wurden Lehrer aus der Türkei geholt oder Muslime aus Österreich eingesetzt." Für Wien habe sich die Situation durch den Lehramts-Studiengang für islamische Religionslehrer der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGiÖ) und der Professur für Islamische Religionspädagogik an der Uni Wien zwar verbessert, im Westen Österreichs müsste jedoch noch immer die Hälfte der Lehrer aus dem Ausland geholt werden. "Ziel der Studie war es auch, solche Mängel aufzuzeigen, damit der Staat sich Gedanken machen muss, wie er damit umgeht."

Kritik an Arbeit
Enttäuscht reagierte Khorchide auf die Reaktion der IGGiÖ. Sie hatte die Studienergebnisse infrage gestellt, "statt sich konstruktiv damit auseinanderzusetzen. Damit hat sie Kritikern nur neue Angriffsfläche geboten". Die IGGiÖ hatte sich dabei u.a. auf den Wiener Bildungswissenschaftler Stefan Hopmann berufen, der die Untersuchung "wissenschaftlich unhaltbar" und "konstruiert" nannte. Dagegen wehrte sich Universitätsprofessorin Hilde Weiss, die am Soziologieinstitut der Uni Wien Khorchides Dissertation betreut und diese gemeinsam mit dem Zweitprüfer mit der Note eins bewertet hatte: "Die Arbeit ist methodisch einwandfrei, nichts ist wertend und alles nachvollziehbar."

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