Feierlichkeiten

70 Jahre Zweite Republik

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Am 27. April 1945 wurde die Unabhängigkeitserklärung unterzeichnet.

Die Spitzenpolitik hat am Montag dem 70. Jahrestag der Wiedererrichtung der Republik gedacht. Rund 600 Gäste waren der Einladung von Bundespräsident Heinz Fischer zu einem Staatsakt in der Hofburg gefolgt. Dabei erinnerte er daran, dass Österreich nicht nur Opfer Hitler-Deutschlands war, sondern auch Täter. Betont wurde auch die besondere Verantwortung Österreichs bei der Flüchtlingshilfe.



Kranzniederlegung

Bereits Montagfrüh hatten Fischer und die gesamte Bundesregierung beim Staatsgründungsdenkmal im dritten Wiener Gemeindebezirk Kränze niedergelegt. Bei dem im Schweizer Garten nahe dem Belvedere errichteten Denkmal finden sich auch die wichtigsten Passagen der Unabhängigkeitserklärung in Stein gemeißelt. Die an der provisorischen Staatsregierung beteiligten Parteien - SPÖ, ÖVP und KPÖ - hatten am 27. April 1945 die Unabhängigkeitserklärung unterzeichnet. Die Republik war darin als "wiederhergestellt", der Anschluss an Nazi-Deutschland für "null und nichtig" erklärt worden.

Mit dem Kriegsende und der Unabhängigkeitserklärung sei der "Grundstein zur Errichtung unserer Zweiten Republik" gelegt worden, sagte Fischer in seiner Festrede in der Hofburg vor zahlreichen Spitzenvertretern aus Politik, diplomatischem Korps und Geistlichkeit. Der Präsident sprach von einer "Wiedergeburt" und einem "Tag des Neubeginns" - nach Jahren einer "unmenschlichen Diktatur, eines entsetzlichen Krieges und des unfassbaren Holocaust".

70. Jahrestag der Republik



Mitschuld Österreichs

Fischer betonte, der Sieg der Alliierten sei eine Befreiung gewesen: "Österreich ist 1945 von einer unmenschlichen verbrecherischen Diktatur befreit worden." Die Alliierte Besatzung sei zwar eine schwere Last gewesen, aber sie habe auch den Wiederaufbau Österreichs als demokratisches Land mit europäischen Werten nicht verhindert - "und damit den Weg von der Befreiung im Jahr 1945 zur vollen Freiheit im Staatsvertragsjahr 1955 ermöglicht".

Fischer mahnte in seiner Rede ein, auf die Mitschuld Österreichs am Aufstieg und an den Gräuel der Nazi-Diktatur nicht zu vergessen. Zahlreiche Österreicher hatten den "Anschluss" im Jahr 1938 an Hitler-Deutschland bejubelt - und Österreich sei nicht nur "erstes Opfer" Hitler-Deutschlands gewesen.

Wegschauen

"Viele Österreicherinnen und Österreicher waren ohne Zweifel Gegner und auch Opfer des NS-Systems, doch ein deprimierend großer Teil waren Sympathisanten, Unterstützer und auch rücksichtslose Täter. Dazu kommt, dass bewusstes Wegschauen, Gedankenlosigkeit oder Opportunismus es dem herrschenden Regime erleichtert haben, seine Ziele zu verfolgen und zu erreichen. Das Wissen um diese Wahrheit ist es, das uns zu dem Grundsatz 'Wehret den Anfängen' verpflichtet", so der Präsident.

Er äußerte sein Bedauern darüber, dass es nach Kriegsende viele Jahre schwergefallen sei, aus dieser Wahrheit "konkrete Gerechtigkeit für eine riesige Zahl von Einzelfällen zu schaffen". Dennoch zeigte sich Fischer mit der Aufarbeitung der Geschichte zufrieden: Er verwies etwa auf die Errichtung des Nationalfonds für die Opfer des Nationalsozialismus oder die Entschädigung von Zwangsarbeitern.

Gauck als Gastredner

Der als Gastredner geladene Deutsche Bundespräsident Joachim Gauck betonte in seiner Rede die Notwendigkeit einer gemeinsamen europäischen Außenpolitik. "Wenn keine Garantie mehr besteht, dass überall in Europa das Völkerrecht geachtet wird, dann haben die Mitglieder der EU neu über die gemeinsame Sicherheit nachzudenken", sagte er mit Blick auf die Ukraine.

Zum Jahrestag sagte auch Gauck, sowohl für Deutschland wie auch für Österreicher sei das Ende der NS-Schreckensherrschaft eine Befreiung gewesen. Das heutige Österreich und Deutschland würden nicht nur in der gemeinsamen Sprache, sondern auch das gemeinsame Wertefundament und die gemeinsamen Ideale die beiden Länder verbinden. Diese Werte gelte es, auch in Zukunft zu sichern.

Flüchtlingshilfe

Hervorgehoben wurde von der Politik auch die besondere Verantwortung Österreichs bei der Flüchtlingshilfe: So meinte etwa SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder anlässlich des Tages, gerade die Erinnerung an Verfolgung und Flucht in der NS-Zeit gebe Österreich den Auftrag, "Verantwortung zu übernehmen und solidarisch zu sein mit jenen Menschen, die heute unsere Hilfe brauchen".

Auch Fischer sprach die Flüchtlings-Tragödien im Mittelmeer an: Er sei sich sicher, "dass man noch in Jahrzehnten von diesen Flüchtlingskatastrophen, aber auch von der Art wie wir darauf reagiert haben, sprechen wird". Und die Grüne Bundessprecherin Eva Glawischnig forderte, das "Friedensprojekt Europa" dürfe Schutzsuchende nicht abweisen.

Die Regierungsspitze betonte das Gemeinsame der Politik in den Jahren nach 1945. Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) sprach in einer Aussendung vom "partnerschaftlichen Aufbau der Großparteien, die ihre Lehren aus dem Bürgerkrieg von 1934 gezogen hatten". Ähnlich äußerte sich Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP): Die Gründung der Zweiten Republik sei nicht nur aus den Erfahrungen während der Hitlerdiktatur gespeist gewesen, "sondern auch aus dem Bewusstsein, dass das Lagerdenken der Zwischenkriegszeit überwunden werden musste."

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 12:17

Damit ist der Festakt zum 70. Gründungstag der 2. Republik in der Hofburg zu Ende.

 12:15

Das Streichorchester spielt nun noch einmal die Bundeshymne, die Gäste erheben sich.

 12:15

Zum Abschluss seiner Rede gratuliert Gauck Österreich zum 70. Geburtstag und weist noch einmal auf die gemeinsame Verantwortung hin.

 12:14

Deutschland und Österreich verbindet gemeinsame Ideale und gemeinsame Werte, aber auch gemeinsame Verantwortung.

 12:12

Der Dialog muss dabei immer vorrangig sein, die Menschenrechte immer verteidigt werden. Dies ist angesichts der Lage in der Ukraine wichtig. Territoriale Integrität ist ein wichtiges Gut.

Damit kritisiert Gauck die Politik Russlands scharf.

 12:12

„Ein gemeinsames Auftreten der europäischen Länder in der Außenpolitik sei unabdingbar.“ Gauck geht dabei auf Bedrohungen sowie mit dem Umgang mit Flüchtlingen ein.

 12:08

Nun geht Gauck auf den europäischen Einigungsprozess ein. „Dialog trat an die Stelle der Feindschaft“, so der deutsche Bundespräsident. Darum sollte man auch den Jahrestag des österreichischen EU-Beitritts vor 20 Jahren gedenken.

Gauck geht auch auf die Haltung Österreichs im Kalten Krieg ein, als man viele Flüchtlinge aufnahm.

 12:06

Man soll sich an universellen Werten orientieren. An das Gemeinsame, den Menschenrechten und der individuellen Würde.

 12:05

Nun spricht Gauck über die Rede Bundeskanzlers Vranitzky (ebenfalls anwesend), der 1991 erstmals die Schuld Österreichs thematisierte. Dies sei ein wichtiger Schritt gewesen.

 12:04

Beide Länder standen vor ähnlichen Problemen. Auch Gauck weist darauf hin, dass der Umgang mit der Vergangenheit nicht immer optimal war.

 12:02

"Deutschland und Österreich gehen seit 1945 getrennte Wege, haben aber eine enge Verbindung. Beide Länder haben damit gute Erfahrungen gemacht."

 12:01

Der Anschluss verspielte jede Zukunftschance einer gemeinsamen Zukunft, die zuvor oftmals debattiert wurde.

 12:00

„Unsere Völker verbindet eine jahrhundertelange gemeinsame Geschichte.“

 11:59

„Die Bürger Österreichs und der BRD wissen ganz genau, warum wir den Siegeszug der Alliierten als Befreiung bezeichnen. Heute lebt man in Europa als Freunde zusammen.“ Gauck geht damit auf das enge Verhältnis zwischen Österreich und Deutschland ein.

 11:58

Noch immer gab es im April 1945 Terror des Nationalsozialismus. Gauck weist auf die Verbrechen gegen jene hin, die die Kapitulation forderten.

 11:57

Joachim Gauck betritt die Bühne

Der deutsche Bundespräsident begrüßt die anwesenden Gäste. Gauck beginnt damit, dass er gestern erst das KZ Bergen-Belsen besuchte. Er sei dankbar, dass er heute hier sprechen darf.

 11:49

Gauk wird bei seinem Wien-Besuch von seiner Partnerin Daniela Schadt begleitet.

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(c) APA

 11:49

Einige Gäste haben sich nach der bewegenden Rede Fischers erhoben. In Kürze spricht sein deutscher Amtskollege Joachim Gauck.

 11:46

Zum Abschluss dankt Fischer den Pionieren und Baumeistern der 2. Republik.

 11:45

Flüchtlinge

Fischer spannt den Bogen auf die Flüchtlingskatastrophe der vergangenen Woche. Auch hier sei Menschenwürde gefragt, auch hier geht es um Menschenrechte. Der Umgang mit Flüchtlingen müsse diskutiert werden.

 11:43

gauck.jpg © APA

(c) APA

 11:41

Fischer bedankt sich bei den Alliierten. Er werde daher am 8. Mai am sowjetischen Grab einen Kranz niederlegen. Ein Besuch bei Putin in Moskau hatte der Bundespräsident abgelehnt.

 11:40

„Österreich ist aus einer unmenschlichen Diktatur befreit worden. Die Besetzung hat – trotz mancher Verbrechen - die Entwicklung Österreichs zu einem demokratischen europäischen Staats ermöglicht.“

 11:39

Fischer weist darauf hin, dass man jenen Menschen, die vom NS-Regime flüchteten, die Staatsbürgerschaft anbieten hätte sollen. Dies sei ein großer Fehler gewesen.

 11:36

Auch Fehler

Fischer erwähnt den Umgang mit der NS-Vergangenheit und den Umgang mit den Opfern. Der Bundespräsident geht dabei auf den Opfer-Mythos ein. „Das Übel des Nationalsozialismus kam von außen, wir waren die Opfer“. Diese Meinung wurde jahrzehntelang aufrechterhalten und störte die Entwicklung Österreichs. „Ein deprimierend großer Teil der Österreicher waren Sympathisanten und auch Täter. Viele schauten weg.“

 11:34

„Man muss aus den Fehlern der Vergangenheit lernen und das Gemeinsame loben“. Damit lobt Fischer auch die Errungenschaften der Großen Koalition manch 1945.

 11:33

Bereits im Herbst 1945 gab es die ersten allgemeinen, freien Wahlen in Österreich seit 1930. SPÖ und ÖVP waren die Gewinnen er Wahl, die KPÖ verlor stark, der Kommunismus hatte damit keine Grundlage mehr.

 11:32

Im Jahr 1945 gab es ca. 1 Million Flüchtlinge auf österreichischem Boden. Auch darauf weist Fischer hin.

 11:31

Erst am 8. Mai erfolgte die Kapitulation Nazi-Deutschlands. Damit war der Grundstein für die Errichtung der 2. Republik gelegt. Österreich war jedoch von den 4 Alliierten besetzt, die Städte und Infrastruktur waren zerstört.

 11:29

Fischer erzählt aus seiner Jugend

Im Schuljahr 1944/45 besuchte Fischer die 1. Klasse Volksschule. Bereits damals hat sich in seinem Gedenken eingeprägt, dass Krieg und Unrecht Gebrüder sind.

Fischer verdeutlicht auch noch einmal, dass am 27.4. noch immer gekämpft und in den Konzentrationslagern gemordet wurde.

 11:27

Der 27.4.1945 markierte einen Neubeginn. Diesem Neubeginn Österreichs soll heute gedacht werden.

 11:26

Erstmals nimmt ein Staatsmann aus Deutschland an den Feierlichkeiten teil. „Es sei ein besonderer Moment“, dass Gauck anwesend sei. Das Verhältnis zu Deutschland war immer eng, manchmal „verhängnisvoll eng“, so Fischer.

 11:24

Fischer weist auf die dramatischen Ereignisse des Frühjahrs 1945 hin. Der Bundespräsident gedenkt der unmenschlichen Nazi-Diktatur und des Holocaust.

 11:22

Bundespräsident Fischer betritt die Bühne

Fischer beginnt mit seiner Rede und begrüßt die anwesenden Gäste.

 11:22

In der ersten Reihe hat die Bundesregierung Platz genommen. Dahinter wohnen auch alle 9 Landeshauptleute dem Festakt bei.

 11:20

Die Klänge eines Streichorchesters verdeutlichen die Stimmung der Wirren des Jahres 1945 zwischen Diktatur, Krieg und Neuanfang. Bald beginnen die Reden.

 11:12

Auch hohe Geistliche aller Konfessionen nehmen am Festakt teil. Unter ihnen auch Kardinal Schönborn.

 11:09

Unter den Gästen befinden sich Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Kultur. Auch einige ehemalige Bundeskanzler, wie z.B. Wolgang Schüssel, sind anwesend. Auch die Sozialpartner, eine der wichtigsten Säulen der 2. Republik, sind natürlich dabei.

 11:06

Bevor Bundespräsident Fischer und sein deutscher Amtskollege Gauck Reden halten, wird noch einmal den Ereignissen im Frühjahr 1945 gedacht.

 11:00

Festakt beginnt

Alle Gäste haben Platz genommen, der Festakt beginnt zu den Klängen der Bundeshymne.

 10:50

Noch immer heftige Kämpfe

Am 27.4.1945 war der größte Teil Österreichs noch nicht befreit. Amerikaner, Briten und Franzosen rückten im Westen und Süden vor, heftige Schlachten wurden noch geführt. Unter dem Schlagwort "Alpenfestung" befürchtete man einen lang anhaltenden Guerilla-Krieg in den Alpen. Anfang Mai war dann ganz Österreich befreit.

 10:44

Festakt beginnt um 11 Uhr

Der Festakt in der Hofburg beginnt um 11 Uhr. Die gesamte Spitze der Republik wird daran teilnehmen.

 10:41

Regierung auf Wunsch Stalins

Die schnelle Regierungsbildung kam auf Wunsch Stalins zu Stande. Zu diesem Zeitpunkt war der Westen Österreichs noch nich befreit. Die westlichen Alliierten befürchteten eine kommunistische Regierung in Wien. Erst nach einigen Monaten wurde die Regierung Renner auch von den USA und Großbritannien anerkannt.

 10:35

Opfer-Mythos

In der Unabhängigkeitserklärung wird Österreich als erstes Opfer des Nationalsozialismus bezeichnet. Damit wollte man jede Schuld von sich weisen. der Opfer-Mythos begleitete Österreich noch Jahrzehnte.

 10:32

Fischer und Gauck

Die Gedenkveranstaltung in der Hofburg beginnt in Kürze. Neben Bundespräsident Heinz Fischer wird auch der deutsche Präsident Gauck eine Rede halten. Auch die gesamte Bundesregierung wird der Veranstaltung beiwohnen.

 10:26

Drei Parteien

Die Unabhängigkeitserklärung wurde am 27.4.1945 von den drei bestehenden Parteien SPÖ, ÖVP und KPÖ unterzeichnet. Diese waren dann auch in der Provisorischen Regierung vertreten.

 10:16

Faymann: "Werte nicht selbstverständlich"

"Dieses neue Österreich ist sprichwörtlich aus den Trümmern des Zweiten Weltkriegs - der größten Katastrophe des 20. Jahrhunderts - auferstanden. Mit einem großen Arbeitseinsatz der Bevölkerung und einem gemeinsamen, partnerschaftlichen Aufbau der Großparteien, die ihre Lehren aus dem Bürgerkrieg von 1934 gezogen hatten, wurde unser Land wieder aufgebaut", so Bundeskanzler Werner Faymann.

"Heute haben wir die Verpflichtung, den nachkommenden Generationen nicht nur die gleichen Chancen auf ein Leben in Freiheit, Wohlstand und Selbstbestimmung zu ermöglichen - so wie es uns ermöglicht wurde -, sondern wir müssen den Österreicherinnen und Österreichern, die keinen Krieg erlebt haben, auch vermitteln, dass diese Werte nicht selbstverständlich sind und immer wieder neu behauptet werden müssen", sagte der Bundeskanzler.

 10:04

Unabhängikeitserklärung vor Hitlers Selbstmord

Die Proklamation der Unabhängigkeit erfolgte im April 1945 - nur gut zwei Wochen nach der Befreiung Wiens durch die sowjetischen Truppen, noch vor der Kapitulation der deutschen Wehrmacht (am 8. Mai) und drei Tage vor dem Selbstmord Adolf Hitlers. Im Westen Österreichs fanden noch Kampfhandlungen statt.

 09:58

Kranzniederlegung

In der Früh legten Bundespräsident Heinz Fischer und die Bundesregierung beim Staatsgründungsdenkmal Kränze nieder.

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70. Jahrestag der Republik