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Außenpolitische Folgen

Ärger & Kritik wegen Kneissls Putin-Coup

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Gelungene Aktion oder teures und schädliches Spektakel? Putin-Besuch sorgt für Wirbel.

350.000 Euro kostete der Putin-Besuch im Juni dieses Jahres samt Einsatz von etwas mehr als 900 Polizisten in Wien. Am Samstag betrieb die steirische Polizei mithilfe der Cobra-Einheiten aus Wr. Neustadt einen kaum geringeren Aufwand.

Sperren

Laut Polizei waren mehr als 500 Beamte im Einsatz, die die russischen Sicherheitsleute unterstützten. Für die Putin-Fahrt vom Flughafen Graz-Thalerhof zum Gasthaus Tscheppe wurde gleich die A 9 auf 30 Kilometern gesperrt. Insider rechnen also, dass der Polizei-Einsatz auch diesmal nicht unter 250.000 Euro kosten wird. Zwar bezahlte Kneissl eine Sicherheitsfirma, die das Gasthaus bewachte. Für die Kosten der Polizei werden aber wir Steuerzahler aufkommen.

Auch diplomatische Verwicklungen. Kein Wunder, dass es Kritik hagelt: SPÖ und Neos haben parlamentarische Anfragen angekündigt, um die konkreten Kosten herauszufinden.

SPÖ-Europasprecher Jörg Leichtfried sowie die Neos-Mandatarin Stefanie Krisper kritisieren an dem Event die Vermischung von Politik und Privatem. Leichtfried bezeichnete die Aktion als befremdlich, naiv und geeignet, Schaden an Österreichs außenpolitischer Position anzurichten.

Karin Kneissl - Hochzeitsfotos

Vermittlerrolle Österreichs ist jetzt in Gefahr

Was Leichtfried damit meint? Experten wie der Russlandexperte Gerhard Mangott warnen davor, dass Kneissl die Vermittlerrolle Österreichs etwa im Ukraine-Konflikt aufs Spiel gesetzt habe. Österreich hat derzeit den EU-Vorsitz – und Kneissl habe just jenen Politiker eingeladen, gegen den EU-Sanktionen laufen, weil er für die Annexion der Krim verantwortlich ist.

Keine Neutralität mehr

Dementsprechend die internationalen Reaktionen: Die Chefin des außenpolitischen Ausschusses im Ukrai­ne-Parlament, Hanna Hopko, twitterte: „Österreich kann mit der Hochzeitsein­ladung kein neutraler Vermittler in der Ukraine mehr sein.“ Außenminister Pawlo Klimkin „lächelte traurig“ über die Aktion.

Aufregung auch in der deutschen Presse, weil ja ­Putin von Graz aus zu Angela Merkel reiste. „Was will Putin bei der Ösi-Hochzeit?“, titelte etwa Bild. (gü)

Busek: "Kneissl weiß sicher, dass sie hier instrumentalisiert wird"

ÖVP-Urgestein und Ex-Vizekanzler Erhard Busek über die Hochzeit der Ministerin.

ÖSTERREICH: Was sagen Sie zu dem Besuch Putins bei der Hochzeit von Karin Kneissl?

Erhard Busek: Ich nehme an, die Ministerin wird sich selbst wundern, wie sie zu diesem Besuch kam.

ÖSTERREICH: Wieso das?

Busek: Sie ist politisch intelligent genug, um zu wissen, dass sie da instrumentalisiert wird. Putin ist ja nicht ungeschickt, er kommt nur zu gewissen Anlässen, um Zeichen zu setzen. Es ist anzunehmen, dass der österreichische EU-Vorsitz für ihn ausschlaggebend war. Allerdings überschätzt er da meiner Ansicht nach die Rolle, die ein Vorsitzland hat.

ÖSTERREICH: Darf eine ­österreichische Außenministerin den russischen Präsidenten zu ihrer Hochzeit einladen?

Busek: Einladen darf man jeden. Sich darüber zu entrüsten finde ich übertrieben. Man müsste viel eher nach Putins Motiven fragen. Von Österreich wird ihm ja schon lange die Freude gemacht, dass man ihm Rosen streut. Die Frage ist, ob das Österreich was bringt.

ÖSTERREICH: Wird das ­Österreichs Image schaden?

Busek: Kritik geübt hat bislang nur die Ukraine – und zwar im Hinblick auf die Vermittlerrolle Österreichs. Die nehmen wir aber ohnehin nicht wahr. Ich würde das alles eher als politische Folklore bezeichnen.   

Experte Mangott: "Das war keine glückliche Aktion der Ministerin"

Russland-Experte Gerhard Mangott (Uni Innsbruck) sieht den Putin-Besuch kritisch.

oe24.TV: Ein Coup – oder ein Fauxpas? Wie sehen Sie den Putin-Besuch?

GERHARD MANGOTT: Es ist bemerkenswert, dass Putin die Einladung angenommen hat. Bemerkenswert ist aber vor allem die Einladung durch Außenministerin Kneissl. Ich glaube, es war keine besonders glückliche Aktion. Das Signal nach außen ist schon etwas problematisch.

oe24.TV: Sehen Sie einen Zusammenhang des Putin-Besuches mit der österreichischen Ratspräsidentschaft?

MANGOTT: Den sehe ich sehr stark. Putin kommt nicht deshalb, weil er ein persönliches Nahe-Verhältnis zu der Ministerin hat. Putin kommt, weil Österreich sich wieder als Land positioniert, das ihn gerne einlädt. Damit kann er sagen: „Seht her, ich bin di­plomatisch nicht isoliert.“ Zum anderen: Österreich hat die Ratspräsidentschaft. Diese Beziehung zu verstärken ist für Putin natürlich ein wichtiges Anliegen.

oe24.TV: Warum hat Kneissl Putin denn eingeladen?

MANGOTT: Ich weiß nicht, ob es mit Eitelkeit zu tun hat, dafür kenne ich Frau Kneissl zu wenig. Sie hat das Ministerium aber auf einem FPÖ-Ticket übernommen – und die Beziehungen der FPÖ zu Moskau sind bekannt und auch sehr diskutiert worden. Ich halte diese ganze Aktion außenpolitisch für sehr unglücklich.

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