Reform

Ärzte warnen Kdolsky vor "Wortbruch"

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„Da gehe ich nicht mit.“ Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky schert vom Reformpapier der Sozialpartner aus.

Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky (ÖVP) stößt ihre Verhandlungspartner vor den Kopf: „Da gehe ich als Ministerin nicht mit“, betonte die ÖVP-Politikerin im ÖSTERREICH-Interview und geht in einzelnen Punkten vom Reformpapier der Sozialpartner zur Finanzierung der maroden Krankenkassen ab. Die vorgeschlagene Patientenquittung komme „sicher nicht“. Es verursache zu viel Bürokratie und zu hohe Kosten, wenn der Arzt nach ­jeder Behandlung dem Patienten eine Quittung über die Kosten ausstellen muss, nimmt sie die Kritik der Ärztekammer auf und kommt somit den Ärzten entgegen.

Kehrtwende
Auch die ­sogenannte „Aut-idem“-­Regelung – Ärzte verschreiben nur noch den Wirkstoff, der Apotheker wählt die günstigste Arznei aus – will Kdolsky frühestens 2011. „Man kann die Medikamentenverschreibung den Ärzten nicht völlig aus der Hand nehmen“, begründet sie ihre Kehrtwende. Außerdem müsse es Ausnahmen geben, zum Beispiel für chronisch Kranke. Auch das wird die Standesvertretung der Ärzte freuen.

Ärzte kritisieren weiter
Allerdings ist das Ärztekammer-Präsident Walter Dorner noch nicht genug: Er warnt die Ministerin vor einem „Wortbruch“, sollten die neuen Bedingungen für Vertragsärzte kommen (siehe Kasten rechts).

Grundsätzliche Kritik am Gesamtvorhaben kommt auch vom Chef der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse Alois Stöger: „Das Papier strotzt nur so von ­autoritärer Steuerung.“

Buchinger warnt
Kdolsky will sich mit ihren Vorstellungen jedenfalls durchsetzen. Obwohl sie gesundheitlich angeschlagen ist (siehe rechts), will sie mit vollem Einsatz weiterkämpfen. Kdolsky versichert: „Ab Dienstag bin ich wieder voll im Geschäft.“

Sozialminister Erwin ­Buchinger (SPÖ) warnt ­allerdings gegenüber ­ÖSTERREICH vor einem neuerlichen Aufschnüren des Reformpakets: „Der Widerstand darf nicht dazu führen, dass die Gesundheitsreform in Teilen wieder aufgeschnürt wird. Denn jedes Aufschnüren in Teilen würde bedeuten: Zurück an den Start.“

ÖGB-Chef Rudolf Hundstorfer wollte die Äußerungen von Kdolsky am Montag nicht kommentieren: „Wir haben vereinbart, sich medial nicht auszutauschen.“

Einigung geplant
Bei der heutigen Verhandlungsrunde mit Kdolsky, Vizekanzler Wilhelm Molterer, Sozialminister Buchinger, ÖGB-Chef Hundstorfer und Wirtschaftskammer-Chef Christoph Leitl will man dennoch eine Einigung erzielen und den Gesetzesentwurf unter Dach und Fach bringen. Dann soll das Paket in Begutachtung gehen.

Laut Reformpapier der Sozialpartner soll der Bund den defizitären Kassen 450 Millionen Euro bis 2012 zuschießen. Ab dann sollten jedes Jahr rund 600 Millionen Euro u. a. mit folgenden Maßnahmen eingespart werden:

  • Mehr Generika: Wirkstoff statt Medikament
    Ärzte sollen nur noch den Wirkstoff auf das Rezept schreiben, nicht mehr das Medikament. Der Apotheker sucht dann das günstigste Arzneimittel aus. Ministerin Kdolsky sieht diese Neuerung aber erst ab 2011 vor.
  • Tarifsenkung: Neuregelung der Verträge und Honorare der Ärzte
    Geplant sind Tarifsenkungen bei den Ärzten und eine bedarfsorientierte Stellenplanung. Das heißt: Die Krankenkassen können im Falle eines vertragslosen Zustandes auch einzelne Direktverträge mit den Ärzten abschließen. Diese Verträge sollen nur noch in Abhängigkeit von Qualität, Fortbildung sowie ökonomischer Arbeitsweise verlängert werden.
  • Mehr Transparenz: Patienten erhalten Kostenaufstellung
    Die Mediziner sollen den Patienten eine Quittung über die Behandlungskosten ausstellen. Ministerin Kdolsky lehnt dies ab.
  • Zentralisierung: Hauptverband wird eine Holding
    Der Hauptverband der Sozialversicherungsträger wird in eine „schlankere, effiziente“ Holding samt Durchgriffsrecht auf einzelne Krankenkassen umgewandelt.

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