Affären

Kurz‘ Verteidigung: Frontalangriff gegen WKStA

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Am Mittwoch startet der Falschaussage-Prozess gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz. oe24 liegt die Entgegnung seiner Anwälte auf den Strafantrag vor – es ist eine brutale Attacke auf die Staatsanwälte der WKStA. 

Wer geglaubt hat, Kurz werde ab kommenden Mittwoch vor Gericht Fehler zugeben, etwa um ein geringeres Strafmaß bzw. eine Diversion zu erreichen – nun, der irrt sich gewaltig. oe24 liegt die 20-seitige sogenannte „Gegenäußerung“ der Anwälte von Kurz gegen den Strafantrag der WKStA vor, in dem die Ermittler dem Ex-Kanzler Falschaussage vor dem seinerzeitigen Ibiza-U-Ausschuss vorwerfen – es ist ein einziger Frontalangriff auf die Korruptionsermittler.

Das steht in Kurz' Verteidigungsschrift

Kurz-Entgegnung
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× Kurz-Entgegnung

 

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Schon in der Einleitung gehen die Anwälte in die Offensive.

Gleich in der Einleitung wirft Kurz-Anwalt Otto Dietrich der WKStA vor, dass der 108-seitige Strafantrag „99 Seiten gesetzlich nicht erforderliche, weitwendige Begründungen enthält“. In der Tonart geht es weiter: Es handle sich „nicht einmal um sachliche und objektive Begründungen, sondern um eine bloße Anhäufung von Scheinargumenten gegen die Angeklagten unter gleichzeitiger Nichtbeachtung der für die Angeklagten sprechenden Beweisergebnisse“.

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Attacke gegen die WKStA-Ermittler.

 

Dann folgt ein Rundumschlag: Die WKStA wirft Kurz ja u. a. vor, seine Rolle bei der Bestellung von Ex-ÖBAG-Chef Thomas Schmid heruntergespielt zu haben, obwohl Kurz Schmid ins Amt gehievt habe – also eine Falschaussage. Kurz kontert jetzt via seinem Anwalt, dass ja auch der FPÖ-nahe ÖBB-Manager Arnold Schiefer bzw. Kurz‘ ÖVP-Vorgänger Reinhold Mitterlehner vor der WKStA falsch ausgesagt hätten, es hier aber keine Anklage gebe. Schlussendlich habe Kurz‘ Erzfeind, Oberstaatsanwalt Gregor Adamovic selbst im Ibiza-Ausschuss falsch ausgesagt. Fazit nach Kurz-Lesart: „Hätte die WKStA den Maßstab, den sie bei diesen drei Beispielen angelegt hat, auch auf den gegenständlichen Vorwurf gegen Sebastian KURZ angewendet, so zeigt sich klar, dass die WKStA gar keine Anklage hätte erheben dürfen.“

 

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Vorgehen "politisch motiviert", schreibt der Anwalt.


Die WKSTA habe stets jene Deutung der Aussagen vorgenommen, „die die Aussage als falsch erscheinen lässt, oder sogar stellenweise einen Bedeutungsgehalt behauptet, der sich überhaupt nicht in der Aussage findet“. Dann heißt es weiter: „Es war also ein politisch motiviertes Vorgehen, das zum Strafantrag geführt hat, obwohl keiner der darin gegen Sebastian KURZ erhobenen Vorwürfe zutrifft.“

Dass Kurz entgegen seiner Aussage für Schmid in die Bestellung eingegriffen habe, schließe die WKStA „nur auf die Aussagen von MMag. SCHMID (des Kronzeugen gegen Kurz), auf seine damaligen Chats sowie seine heutige Interpretation derselben“, schreibt Anwalt Dietrich.

Auch der Fragesteller im U-Ausschuss – Neos-Mandatar Helmut Brandstätter, ebenfalls ein Erzfeind von Kurz – bekommt sein Fett weg: „Die von dem Nationalratsabgeordneten Dr. Helmut BRANDSTÄTTER an Sebastian KURZ gerichtete Frage enthält eine Unterstellung.“ Zum „Na“ zu Beginn der Antwort, das als Verneinung der Einflussnahme durch Kurz interpretiert worden sei, sei Kurz gezwungen gewesen, um Brandstätter zu widersprechen.

Dass Kurz in die Bestellung der ÖBAG-Aufsichtsräte nicht eingebunden gewesen sein will, sieht sein Anwalt jetzt ebenfalls anders, derlei habe Kurz nie ausgesagt.

Auch Punkt 3 der Anklage sieht Dietrich als gegenstandslos, dabei geht es um einen Personal-Sideletter, den die ÖVP mit FPÖ-Verhandler Schiefer abgeschlossen haben soll und von dem Kurz nichts gewusst haben will. Davon ist aber in Schmid-Chats die Rede. Der Konter von Kurz: „Die WKStA verdreht die Aussage von Sebastian KURZ geradezu ins Gegenteil, wenn sie annimmt, dass er die Existenz einer Vereinbarung zwischen MMag. SCHMID und Mag. SCHIEFER ausgeschlossen hätte.“

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Den 108-seitigen Strafantrag wertet Kurz‘ Anwalt so: „Die WKStA hat sich dazu entschieden, den Strafantrag überlang zu begründen, weil sie sich offenbar bewusst ist, dass die Vorwürfe gegen Sebastian KURZ in Wirklichkeit überhaupt nur mit einer tendenziösen Interpretation von selektiv ausgewerteten und zusammengestellten Chats erhoben werden können.“

Mit einer Reihe von Ausschussprotokollen versucht der Anwalt schlussendlich darzustellen, dass eine Aussage vor einem U-Ausschuss eben etwas anderes sei als eine vor Gericht. Zudem sei die Stimmung im U-Ausschuss eine „aggressive Befragungssituation“ gewesen.

„Aus den oben angeführten Gründen wird ein Freispruch des Angeklagten beantragt“, endet die 20-seitige Entgegnung.

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