Affären

U-Ausschuss: Roiss sieht OMV nicht für Krisenfall gewappnet

Teilen

Nach Ansicht des früheren OMV-Chefs Gerhard Roiss hat die OMV heute "keine Strategie für die Versorgungssicherheit von Gas im Krisenfall, was wir heute schmerzvoll spüren".

 Er selbst habe als CEO auf Gas aus Norwegen gesetzt und ein stärkeres Engagement in Russland abgelehnt, sagte Roiss am Dienstag im ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss - diese Strategie habe sein Nachfolger Rainer Seele aber verworfen.

Roiss war seit April 2011 Generaldirektor der OMV. Im März 2014 sei sein Vertrag zunächst um drei Jahre bis 2017 verlängert worden. "Im Juni 2014 wurde Siegfried Wolf zum Aufsichtsrats-Vorsitzenden der ÖIAG gewählt. Im September 2014 wurde mir von Herrn Rudolf Kemler, damals unser Aufsichtsratschef, mitgeteilt, dass ich aus dem Unternehmen ausscheiden sollte", erinnerte sich Roiss.

Unter der ÖIAG-Präsidentschaft Wolfs sei ihm plötzlich erklärt worden, dass die OMV-Strategie falsch und nicht mehr passend sei, sagte Roiss. Diese Strategie habe u.a. stark auf Gas aus Norwegen gesetzt, nachdem in Libyen, dem damals größten Gewinnbringer der OMV, ein Bürgerkrieg ausgebrochen sei. Die OMV habe damals 3 Mrd. Euro investiert und sich damit in norwegische Gasfelder eingekauft. "Mein Ziel war es, ca. ein Drittel des Gasbedarfs in Österreich aus Norwegen zu sourcen."

Das zweite Drittel sollte aus Rumänien kommen, wo man einen großen Gasfund im Schwarzen Meer vor der rumänischen Küste gemacht habe. Ziel sei es gewesen, das Vorkommen bis 2020 zu entwickeln und dann jährlich 3 Mrd. Kubikmeter Gas nach Österreich zu bringen. Die dritte Säule sollte Gas aus österreichischen Vorkommen und Russland sein. Ein weiteres Projekt zur Sicherung der Gasversorgung sei die Gaspipeline Nabuccu gewesen, die Gas aus Aserbaidschan nach Europa bringen sollte - "da bin ich gescheitert".

Am 14. Oktober 2014 sei sein Dienstverhältnis mit der OMV per 30. Juni 2015 einvernehmlich gelöst worden, berichtete Roiss. Schon in seiner letzten Phase als OMV-Generaldirektor sei über eine Beteiligung an der Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 und über einen Asset-Swap verhandelt worden, bei dem norwegische Felder gegen eine Beteiligung in Russland getauscht werden sollten - das sei ohne sein Wissen passiert, obwohl er noch CEO gewesen sei. Er selbst habe eine Beteiligung an Nord Stream 2 und eine Beteiligung in Russland immer abgelehnt.

Der geplante Swap der norwegischen Felder an Gazprom "wurde von der norwegischen Regierung 2018 glücklicherweise gestoppt", sonst würde die Abhängigkeit von russischem Gas heute bei 90 oder 95 Prozent liegen, meinte Roiss. Es sei damals schon erkennbar gewesen, dass Gazprom versucht habe, Marktpositionen in Europa aufzubauen, was auch in Ordnung sei. "Gazprom verfolgte dabei eine klare Strategie der Integration in die Abnehmermärkte Deutschland, Österreich und andere." Das sei keine Kritik an Gazprom, "die hat aus ihrer Sicht einen super Job gemacht."

Der ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss sollte am Dienstag nach der Sommerpause auch mit einer Befragung des Ex-OMV-Chefs Rainer Seele fortgesetzt werden, der aber nicht geladen werden konnte, weil er keinen Wohnsitz in Österreich hat. Auch dabei sollte es um die Frage gehen, wer Österreichs Abhängigkeit von russischem Gas zu verantworten hat.

Gerhard Roiss war am Vormittag die einzige Auskunftsperson im Camineum in der Hofburg. Kurzfristig abgesagt hat die frühere Betriebsratschefin der OMV, Christine Asperger, deren Befragung für den Nachmittag eingeplant war. Sie führte laut Auskunft aus den Fraktionen gesundheitliche Gründe an. Grund für ihre Ladung war u.a., dass auch sie im OMV-Aufsichtsrat saß. Die Opposition will indes Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) in den Ausschuss laden.

Das Thema OMV und Gas-Abhängigkeit war vor allem den NEOS ein Anliegen. Die Ladungen der Auskunftspersonen erfolgte auf Verlangen der Oppositionsfraktionen SPÖ, FPÖ und der pinken Fraktion. NEOS-Abgeordnete Stephanie Krisper sagte vor der Sitzung, es sei die Frage, ob es sich bei der Bindung an Russland nur um Kurzsichtigkeit und Inkompetenz handelte - oder ob sich Regierungspolitiker oder andere Politiker dadurch Vorteile für sich oder die Partei erhofft haben.

"Altkanzler Kurz und sein Machtzirkel haben Österreich mit ihrer Russland-Politik in einen gefährliche Situation manövriert", sagte zu diesem Thema vor Sitzungsauftakt aber auch die Grüne Fraktionsführerin Nina Tomaselli. Man habe Österreich in eine "völlig unerträgliche Abhängigkeit von russischem Gas getrieben". Es sei zu klären, wer davon profitiert hat.

Für Ärger bei der Opposition, vor allem SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer, sorgte unterdessen das Vorgehen von Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) betreffend der gewünschten Ladung des ehemaligen Generalsekretärs im Finanzministerium (und Ex-ÖBAG-Chef) Thomas Schmid. Dieser habe seinen Wohnsitz zwar ins Ausland verlegt, habe die Ladung aber erhalten, so Krainer- das habe Schmid sogar vor dem Bundesverwaltungsgericht selbst ausgesagt. Trotzdem habe Karner am gestrigen Montag dem U-Ausschuss mitgeteilt, Schmid nicht vorzuführen, da die Ladung nicht zugestellt worden sei.

Die Darstellung Krainers wurde seitens des Büros von Karner zurückgewiesen: "Der Innenminister würde Thomas Schmid sofort vorführen lassen. Aber er darf nicht, weil die gesetzliche Grundlage fehlt", sagte ein Sprecher des Innenministers in einem Statement zur APA.

Die Oppositionsfraktionen stellten als Folge nun am Dienstag ein Verlangen auf Ladung Karners in den U-Ausschuss - zum "nächstmöglichen Zeitpunkt". Karner habe "die Weigerung zu verantworten, den Aufträgen des Untersuchungsausschusses, insbesondere zur Vorführung von MMag. Thoma Schmid nachzukommen", heißt es u.a. im Verlangen.

ÖVP-Abgeordneter Andreas Hanger wiederum kritisierte sowohl vor aber auch während der Sitzung, dass das Thema OMV überhaupt im U-Ausschuss debattiert wird. "Der Rechtsrahmen des U-Ausschusses gibt die heutige Befragungen überhaupt nicht her", sagte er vor der Sitzung und stieß diesbezüglich auch mehrere Geschäftsordnungsdebatten während der Sitzung an.

Nach der Befragung von Roiss geht der U-Ausschuss am Mittwoch mit dem früheren Aufsichtsratspräsidenten der OMV, Wolfgang C. Berndt weiter, der sein Kommen zugesagt hat. Eine weitere frühere OMV-Mitarbeiterin ist ebenfalls für den zweiten Befragungstag geladen. Abgesagt hat hingegen Seeles ehemalige rechte Hand, Markus Friesacher.

In der Woche vom 12. September kommt es dann zunächst zu von der ÖVP gewünschten Ladungen. Ziel ist es, mögliche parteipolitische Umfragen unter Ex-Kanzler Werner Faymann (SPÖ) zu beleuchten. Am Mittwoch (14. September) ist dazu Ex-Kanzleramtsminister Josef Ostermayer (SPÖ) geladen, ebenso der ehemalige Wiener Landtagsabgeordnete Siegfried Lindenmayr (SPÖ) und eine frühere Mitarbeiterin des roten Bundeskanzleramts. Tags darauf sind Ladungen der Opposition eingeplant, als Auskunftspersonen vorgesehen sind der Tiroler ÖVP-Landesgeschäftsführer Martin Malaun, Tirols Landeshauptmannstellvertreter Josef Geisler und Jungbauern-Landeschef Dominik Traxl.

Eine Zusage für seine Ladung am 28. September gibt es unterdessen von Ex-Kanzler Kurz. Ebenso ihr Kommen an diesem Tag zugesagt haben Ex-ÖVP-Generalsekretär Alexander Melchior und der Tiroler Seilbahnenchef und ÖVP-Abgeordnete Franz Hörl.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.