AKH-Streit

Kommt Ärzte-Streik noch heuer?

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E-Mail-Abstimmung über Streik: Streit zwischen Bund, Land & Universität.

Mehrere Drillingsgeburten gleichzeitig, Operationen am Fließband, stundenlange Wartezeiten für akute Notfälle – die Situation am Wiener AKH wird immer dramatischer. Dennoch sollen ab 1. Februar die Nacht- und Wochen­end-Dienste um 14 Prozent gekürzt werden. Gegen diese lebensbedrohlichen Sparmaßnahmen laufen die AKH-Ärzte Sturm.

Betriebsrat Thomas Szekeres zu ÖSTERREICH: „Der Unmut bei den Ärzten steigt stark. Bis hin zum Generalstreik ziehen wir jetzt alle Protestmaßnahmen in Betracht.“ Ein Streik ist noch in diesem Jahr möglich.

Am Freitag gibt es Gespräche zwischen Bund, Ländern und Uni auf Beamtenebene, von denen sich aber niemand eine Lösung im Budgetstreit erhofft.

Töchterle will AKH-Streit bis Weihnachten lösen
Deshalb treffen sich die AKH-Ärzte am Dienstag zu einer Betriebsversammlung – es ist bereits die dritte dieser Art. Danach kommt es zu einer elektronischen Abstimmung über den Streik. „Wir werden alle Ärzte des AKH per E-Mail befragen, ob und in welcher Form sie Kampfmaßnahmen befürworten“, so Szekeres.

Bis Weihnachten wollen die Mediziner Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (ÖVP) noch Zeit geben, den Streit um das AKH zu lösen. Konkret geht es um neun Millionen Euro, bei denen sich Bund, die Stadt Wien und die Medizin- Uni nicht einig sind, wer sie zahlen muss.

Dabei sind die Zustände jetzt schon kritisch. „Bei uns hat sich die Patientenzahl in den vergangenen fünf Jahren verdoppelt, die Zahl der Ärzte ist aber gleich geblieben“, schildert HIV-Arzt Florian Breitenecker die Situation auf seiner Station. „Extrem immungeschwächte Patienten müssen oft stundenlang warten, dazu kommen die Notfälle.“ Zusätzlicher Skandal: Alle Ärzte auf der HIV-Station sind von der Pharma-Industrie finanziert. Will die nicht mehr zahlen, fällt die ärztliche Versorgung komplett aus.

Schwer treffen würden Sparmaßnahmen auch die Schmerzabteilung und damit vor allem Krebskranke und frisch operierte Patienten. „Wir müssen als einzige Abteilung alle Journal-Diensträder einsparen“, sagt die Leiterin Sabine Sator-Katzenschlager. Die Schmerzabteilung wurde 1993 mit 24-Stunden-Betreuung eingerichtet. Nun drohe ein Rückfall in die Urzeiten, so die engagierte Professorin.
 

"Patientenzahlen doppelt so hoch"

ÖSTERREICH: Wie würde sich die Kürzung auf Ihrer Station auswirken?
Dr. Florian Breitenecker: Bei uns hat sich die Patientenzahl in den vergangenen fünf Jahren verdoppelt, die Zahl der Ärzte ist aber gleich geblieben. Das ist kein Zustand für ein Kompetenzzentrum in Österreich.

ÖSTERREICH: Würden Sie sich dem Streik anschließen?
Breitenecker: Ja, ich unterstütze das. Wir haben auf unserer Station noch einen weiteren Skandal: Alle Ärzte der Station sind aus Drittmitteln, das heißt von der Pharmaindustrie, bezahlt. Will die nicht mehr zahlen, fällt die Versorgung aus.
 

"Tumorpatienten hängen in der Luft"

ÖSTERREICH: Wie sehr wäre Ihre Abteilung betroffen?
Prof. Sabine Sator-Katzenschlager: Wir sind die einzige Abteilung, auf der 100 Prozent der Journal-Diensträder eingespart werden müssen.

ÖSTERREICH: Das heißt?
Sator-Katzenschlager: Wir könnten Schmerzpatienten, das sind Tumor- und postoperative Akut-Patienten nicht mehr versorgen und keine Ausbildung mehr garantieren. Das Fach würde in die Urzeit zurückfallen.

ÖSTERREICH: Würden Sie streiken?
Sator-Katzenschlager: Ja, denn Tumorpatienten sind eine schwache Gruppe, die sich nicht wehren kann.

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