Spindelegger weißt Vorwürfe zurück

Heftiger Polit-Streit um ''österreichisches Guantanamo''

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Ein ''SOS-Balkanroute''-Bericht zum bosnischen Flüchtlingscamp Lipa sorgt derzeit für Aufregung. Der Generaldirektor des Wiener Zentrums für Migrationspolitik (ICMPD), Michael Spindelegger (ÖVP), weißt die Vorwürfe zurück.

"Ein hoher Zaun, auf jedem Schritt und Tritt Kameras, Fenster mit Gefängnisgittern und fast kein Tageslicht in den Zellen", so beschreibt die NGO "SOS-Balkanroute" das bosnische Flüchtlingscamp Lipa in Bihac. Die NGO sprach mit Geflüchteten über ihre Erfahrungen im Camp. "Wir wollten Asyl in Kroatien beantragen, aber die Polizei verhaftete uns und brachte uns in eine Garage, wo wir 4 Tage festgehalten wurden. Es war sehr kalt, alles, was es gab, waren ein wenig Wasser und Brot“, berichtet etwa A. aus Ghana gegenüber "SOS-Balkanroute". 

Die NGO vergleicht das Camp mit einem amerikanischen Hochsicherheitsgefängnis und nennt es das "österreichische Guantanamo": Der ICMPD, das unter der Leitung des österreichischen Ex-Vizekanzlers Michael Spindelegger steht, ist für den Bau des Camps verantwortlich, betont "SOS-Balkanroute".

Spindelegger empört: ''Kein neues Guantanamo am Balkan''

Der Generaldirektor des Wiener Zentrums für Migrationspolitik (ICMPD), Michael Spindelegger (ÖVP), hat Vorwürfe im Zusammenhang mit dem bosnischen Flüchtlingscamp Lipa als "völliger Unsinn" zurückgewiesen. Weder sei österreichisches Steuergeld in das Projekt geflossen, noch gehe es um ein "neues Guantanamo am Balkan", sagte Spindelegger im APA-Gespräch. Die Einrichtung biete Platz für höchstens zwölf Personen und diene dem Schutz anderer Lagerbewohner vor akuten Gefährdern.

"Es gibt einen Vorwurf, dass Personen durch Pushbacks an der kroatischen Grenze in ein Lager gebracht werden, das wir angeblich errichten, wo dann mit Menschenrechtsverletzungen Leute festgehalten werden. Das ist völliger Unsinn. In keinem einzigen Fall gibt es jemanden, der in unserer Einrichtung, die wir dort hergestellt haben, untergebracht ist, weil sie noch gar nicht in Betrieb ist", sagte Spindelegger. "Das ist daher völliger Humbug."

Verärgert über Guantanamo-Vergleich

Besonders verärgert zeigte sich Spindelegger über den Guantanamo-Vergleich der NGO SOS-Balkanroute. "Guantanamo heißt: Leute sind rechtswidrig festgehalten, werden gefoltert. Das ist eine Verunglimpfung der Opfer von Guantanamo, wenn man so etwas mit dem vergleicht, was dort entstanden ist", sagte der frühere Vizekanzler. Dies entbehre ebenso jeglicher Grundlage wie der Vorwurf, ICMPD sei ein "ÖVP-nahes Institut". Schließlich werde das Zentrum von 19 Staaten getragen, darunter etwa das sozialistisch regierte Portugal oder Deutschland, wo eine Ampelkoalition an der Macht ist. 

"Wir haben den Auftrag von der Europäischen Kommission gehabt, eine geschlossene Einrichtung innerhalb eines Flüchtlingscamps zu errichten, damit Personen, die andere gefährden, isoliert und dort für höchstens 72 Stunden festgehalten werden", sagte Spindelegger. Die Einrichtung diene somit dem Schutz anderer Bewohner des Lagers vor Gewalttätern. Nach Ablauf der Frist müssten die betroffenen Personen freikommen, außer sie werden in U-Haft oder Abschiebehaft genommen. "Das wird aber woanders vollzogen", betonte Spindelegger.

Umfang von 500.000 Euro

Das Projekt im Umfang von 500.000 Euro sei von der EU-Kommission beauftragt und finanziert worden. Auf die Frage, warum sein Institut zum Zug gekommen sei, verwies Spindelegger darauf, dass Bosnien-Herzegowina zu den ICMPD-Trägerstaaten zählt. Außerdem habe man eine schnelle Durchführung gewünscht, und im Fall des ICMPD sei eine unmittelbare Auftragserteilung durch die EU-Kommission möglich gewesen. Diese sei Ende August erfolgt. Im September habe man mit den Arbeiten begonnen. Seit Ende Jänner sei die Anlage fertig und man warte darauf, sie den bosnischen Behörden zu übergeben. Dies werde noch "bis Ende des Monats dauern".

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