nsh2023-08-30-15h17m18s595.png

Sommergespräch

Nehammer: "Nicht mit Kickl, er ist ein Risiko"

Teilen

Kanzler schließt Koalition mit FPÖ-Chef aus ++ Attacken gegen rechtsrechte FPÖ-Jugend und Klimakleber gleichermaßen ++ Er glaubt an die Unschuld von Kurz 

oe24.TV: Sie haben jetzt doch in die Miet-Erhöhungen eingegriffen -dabei warf Ihnen die Opposition Untätigkeit vor.

Karl Nehammer: Der Vorwurf hält keinem Faktencheck stand, es gibt kaum eine Regierung in Europa, die so viel unternommen hat, um die Folgen der Teuerung und der Inflation für die Menschen abzudämpfen. Die drohenden 15 Prozent Mieterhöhung sind einfach zu viel -deshalb haben wir gerade jetzt eingegriffen.

oe24.TV: Die ÖVP ist doch eine Partei der Häuselbauer -jetzt steigen dort vielfach die Kreditzinsen, sodass Menschen der Verlust Ihrer Eigenheime droht.

Nehammer: Zunächst muss man sich jeden Fall genau anschauen. Warum? Es ist eben auch ein freier Markt. Das schnelle Rufen nach staatlichen Eingriffen kann auch gefährlich werden, nämlich dann, wenn die Verfügbarkeit von Krediten gefährdet würde.

oe24.TV: Themenwechsel: Sie bezeichnen FPÖ-Chef Herbert Kickl jetzt als Sicherheitsrisiko -2018 haben Sie ihn als VP-General noch verteidigt, als er den Verfassungsschutz de facto zerlegen ließ. Warum der Sinneswandel?

Nehammer: Ich habe ihn sogar sechsmal im Parlament verteidigt gegen sechs Misstrauensanträge, das war meine Aufgabe als Generalsekretär. Ich habe Kickl als Sicherheitsrisiko bezeichnet, weil ich dann als Innenminister einen zerstörten Verfassungsschutz übernommen habe. Dann habe ich Herbert Kickl im Umgang mit der Pandemie erlebt: Er hat die Krankheit ins Lächerliche gezogen, er hat Ärzte, die Menschen sterben gesehen haben, und Angehörige, die Menschen verloren, sowie Long-Covid-Patienten ins Lächerliche gezogen. Und drittens: Er verhält sich auch im Konflikt Russland-Ukraine total falsch, auch weil er unsere Teilnahme am Raketenschutzschirm Skyshield ablehnt. Mit so einem Partner kann man keine Regierung bilden oder vertrauensvoll zusammenarbeiten.

oe24.TV: Das heißt, eine Koalition mit Kickl schließen Sie zu 100 % aus?

Nehammer: Ich weiß, dass das parteitaktisch schwierig ist -da gibt es viele Berater, die sagen: "Wahnsinn, wie kann er sich da so festlegen, das ist nicht klug." Manchmal ist es aber wichtig, Verantwortung zu übernehmen, deswegen ist das der Weg, den ich einschlage.

oe24.TV: Ich glaub Ihnen schon, dass Sie das ernst meinen -aber verstehen Sie, dass es viele Menschen gibt, die sagen, was ist der Unterschied zwischen Udo Landbauer, mit dem die ÖVP in NÖ koaliert, und Kickl im Bund?

Nehammer: Bundespolitik und Landespolitik sind total unterschiedlich. Das ist das eine. Und das andere ist, ich kenne Landbauer überhaupt nicht aus seinem politischen Wirken heraus, aber ich kenne Kickl.

oe24.TV: Sollte die FPÖ Erste sein und Kickl auf den Kanzler bestehen -bilden Sie dann eine Drei-Parteien-Koalition u. a. mit der SPÖ gegen ihn?

Nehammer: Kickl ist ein Sicherheits-Risiko -das hat er bewiesen. Wir wissen aber nicht, was nach dem Wahltag passiert. Vor einem Jahr war Pamela Rendi-Wagner in Umfragen dort, wo Herbert Kickl heute ist. Und wo ist sie jetzt?

oe24.TV: Aber trotzdem: In Italien ist auch die Post-Faschistin Nummer 1 geworden -wie wollen Sie so ein Szenario verhindern?

Nehammer: Georgia Meloni ist bisher in der Kooperation mit Österreich vorbildlich. Das ist eine völlig andere Situation. Ich habe entschieden, dass es keine Zusammenarbeit aufgrund des Sicherheitsrisikos geben kann, das Kickls Verhalten darstellt. Das ist das, was ich den Menschen versprechen kann. Das andere werden dann die Wählerinnen und die Wähler entscheiden.

oe24.TV: Sie führen ja eine "Normal"-Debatte -was sagen Sie zu diesem Video der FPÖ-Jugend, Journalisten ins Visier zu nehmen?

Nehammer: Es ist nie normal, das Radikale in den Vordergrund zu stellen. Auch mit Anspielungen an die Geschichte nicht sorgsam zu sein. Es gibt auch den Ausdruck Volkskanzler, der vonseiten der FPÖ gerne verwendet wird, der aber historisch belastet ist. Diese Anspielungen in diesem Video, die sehr düster, bedrohlich sind. Ich habe eines gelernt als Bundeskanzler: Herausforderungen kann man nicht mit Pessimismus lösen. Das ist auch das Problem bei den Klimaklebern. Das sind Menschen, die sich über das Gesetz stellen, die als kleine Gruppe die Vielen terrorisieren. Deswegen sind wir auch für Verschärfung der Strafen für Klimakleber.

oe24.TV: Im Oktober steht Ihr Vorgänger Sebastian Kurz vor dem Richter ...

Nehammer: Es ist gut, dass es jetzt den Prozess gibt. Ich glaube an die Unschuld von Sebastian Kurz. Er selbst hat auch immer gesagt, dass er unschuldig ist, er nutzt die Chance, das jetzt auch tatsächlich vor Gericht darstellen zu können. Ich vertraue auch auf die unabhängige Gerichtsbarkeit. Es passiert jetzt endlich auch ein Fortschritt im Sinne des Aufklärens.  

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.