Am Dienstag gingen Ärzte erstmals gegen die Regierungspläne auf die Straße. Weitere Demos folgen.
„Ministerin für Krankheit und Asoziales“ – diesen Vorschlag für ihr Türschild bekam Beate Hartinger-Klein (FPÖ) Dienstagfrüh von den Ärzten des Lorenz-Böhler-Unfallkrankenhauses spendiert. Die Mediziner rückten dort gestern zur ersten von einer ganzen Reihe an geplanten Demos aus, um gegen die Einsparungspläne der Regierung für die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA) zu protestieren.
Die Verunsicherung ist groß, denn wie es mit der AUVA – bei der immerhin 5 Mio. Österreicher versichert sind – weitergehen soll, hat Türkis-Blau noch nicht verraten. Fix ist nur: 500 Mio. Euro müssen eingespart werden.
Auflösung
„Und das wird nicht ohne eine Reduktion der Leistungen gehen“, warnt Ärztekammer-Wien-Chef Thomas Szekeres. Im Raum steht, sollten die Sparvorgaben nicht erreicht werden, eine gänzliche Auflösung der AUVA, die dann in andere Versicherungsträger eingegliedert werden könnte. Die sieben dazugehörigen Unfallkrankenhäuser sollen aber nicht geschlossen werden, wie Gesundheitsministerin Hartinger-Klein am Dienstag bekräftigte: „Die Standorte werden alle garantiert.“
Hartinger gibt Bestands-Garantie für Spitäler ab
„Was es braucht, ist ein neues Konzept“, erklärt Veith Moser, Oberarzt im UKH Lorenz Böhler, im Gespräch mit ÖSTERREICH: Der AUVA müssten etwa die zusätzliche Leistungen, also die Behandlung von Freizeitunfällen, „endlich adäquat vergütet werden“.
Der Widerstand der Ärzte ist noch lange nicht beendet: Weitere Demos gibt es am Mittwoch im UKH Linz, Donnerstag und Freitag in Wien. Und auch ein Streik steht bereits im Raum: die Frage von Betriebsrats-Chef Manfred Rabensteiner an die versammelten AUVA-Angestellten, ob sie dazu bereit wären, erntete tosenden Applaus.
K. Fischer
"Zerschlagung der AUVA wäre eine Katastrophe"
Veith Moser ist Oberarzt und Leiter der rekonstruktiven Ambulanz im Lorenz-Böhler-UKH.
ÖSTERREICH: Welche Folgen hätte AUVA-Zerschlagung?
Veith Moser: Die AUVA gewährleistet weltweit die wohl beste Versorgung von Arbeitsunfällen. Zu ihren Kernaufgaben zählt aber auch deren Prävention. Dabei war sie derart erfolgreich, dass Arbeitsunfälle zurückgegangen sind und die AUVA deshalb auch die Versorgung von Freizeitunfällen übernommen hat. Dafür scheint sie jetzt bestraft zu werden. Das System AUVA zu zerschlagen, wäre eine Katastrophe. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich der Mehraufwand lohnt, die AUVA in andere Träger einzugliedern. Ich fürchte eine Reduktion der Leistungen.
ÖSTERREICH: Wenn sich die AUVA nur noch auf Kernaufgaben konzentriert – was passiert mit Freizeitunfällen?
Moser: Wir behandeln die Hälfte aller Unfallopfer in Wien. Sie woanders hinzuschicken, wird nicht funktionieren, denn andere Spitäler platzen aus allen Nähten. Was es braucht, ist ein neues Konzept, und es muss endlich eine adäquate Bezahlung und Vergütung (LKF-Punkte) der Freizeitunfälle an die AUVA erfolgen, damit sie zu ihrem Geld kommt.
ÖSTERREICH: Der Vizekanzler ist zurückgerudert. Fürchten Sie trotzdem eine Schließung der Unfallkrankenhäuser?
Moser: Weil er realisiert hat, dass das für Wien ein Waterloo wäre. So oder so ist ein Auflösen der AUVA nicht der richtige Weg. Was es braucht, ist eine sinnvolle und nachhaltige generelle Versicherungsreform.