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Doskozil & Niessl in Interview:

"Burgenland-SP bleibt auf Realo-Kurs"

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'SPÖ muss auch beim Migrationsthema Antworten parat haben', sagt Burgenlands SPÖ-Chef Hans Peter Doskozil.

Oberwart. Die Latte war hoch gewesen – mit 100 Prozent war Hans Niessl vor 18 Jahren zum burgenlän­dischen SPÖ-Chef gewählt worden. Doch für seinen Nachfolger Hans Peter Doskozil wurden es immerhin 98,4 Prozent. Damit ist der Ex-Minister neuer SP-Chef im Burgenland, Landeshauptmann wird er am 28. Februar – dann geht Hans Niessl endgültig in Pension.

Doskozil: Versöhnung mit Kern am Parteitag

Der Parteitag lief ab wie am Schnürchen, hatte aber auch Überraschungen zu bieten: Nach einem Blasmusikkonzert versöhnte sich Doskozil mit Bundes-SPÖ-Chef Christian Kern. Er stellte in seiner Antrittsrede klar, dass der Ex-Kanzler an der Spitze der SPÖ bleiben soll, und warb für Zusammenhalt in der Partei. Und das, nachdem Doskozil der Bundespartei Grün-Fundi-Politik attestiert hatte. Auch im ÖSTERREICH-Talk sagte Doskozil: „Ich werde Kern unterstützen.“

ÖSTERREICH-Talk mit Doskozil & Niessl

ÖSTERREICH: Herr Landeshauptmann Niessl, Sie haben das Burgenland, aber auch die Politik der Bundes-SPÖ fast zwei Jahrzehnte mitgeprägt – was geben Sie Ihrem Nachfolger mit?

Hans Niessl: Politik ändert sich permanent, da kann man keine Ratschläge geben. Es ist in den letzten 18 Jahren sehr viel fürs Burgenland geschehen. Da ist der Hans Peter Doskozil gefordert, seinen Weg zu gehen und als pragmatischer Politiker das Nötige zu tun.

ÖSTERREICH: Wie wird der Weg des Hans Peter Doskozil im Burgenland aussehen?

Hans Peter Doskozil: Ich werde weiter diese pragmatische Politik verfolgen – auch wenn ich natürlich einen eigenen Stil habe.

ÖSTERREICH: Herr Landeshauptmann: Wann werden Sie auch dieses Amt übergeben?

Niessl: Es wird am 28. Februar einen Sonderlandtag geben – da werden wir das machen.

ÖSTERREICH: Herr Doskozil, Sie haben für Wirbel in der SPÖ gesorgt mit der Aussage: „Wir brauchen keine grüne Fundi-Politik.“ Damit haben Sie – gewollt oder nicht gewollt – eine Obmanndebatte ausgelöst …

Doskozil: Ich habe eine inhaltliche Diskussion geführt – das mit der Obmanndebatte geschah ohne mein Zutun. Das wollte ich nicht. Das hat auch nicht Christian Kern verschuldet, das wurde von anderen herbeigeredet.

ÖSTERREICH: Aber driftet die SPÖ zu sehr in Richtung Grüne?

Doskozil: Es geht nicht um Abdriften – sondern um die Frage, wie geht man an Themen heran. Natürlich ist die Migration, die seit Jahren kontrovers diskutiert wird, ein Thema. Wir müssen aber auch wieder ein gesellschaftliches Gleichgewicht herstellen, wenn derzeit der Industrie zu viel Gewicht gegeben wird und die arbeitenden Menschen zu wenig profitieren. Unsere Aufgabe ist, Antworten auf Fragen zu geben, die die Menschen bewegen. Natürlich auch im Umweltbereich, aber auch in der Migrationspolitik muss die Sozialdemokratie klare Antworten parat haben.

ÖSTERREICH: Herr Landeshauptmann, Sie reden von Pragmatismus – ist die Bundes-SPÖ zu wenig pragmatisch?

Niessl: Wir kommen beide aus der Kommunalpolitik, da hat man den direkten Kontakt zu den Leuten. Deswegen machen wir eine pragmatische Politik. Wir sind aber auch oft auf Seite der Gewerkschafter, wenn es um den 12-Stunden-Tag geht.

ÖSTERREICH: Ist eigentlich die SPÖ auf Bundesebene bereits in der Opposition angekommen?

Doskozil: Man kann den Schalter nicht umlegen, aber natürlich ist es besser geworden. Ich glaube, dass man noch einen engeren Zusammenschluss mit der Gewerkschaft suchen muss. Aber wir sind da auf einem guten Weg.

ÖSTERREICH: Es gibt eine Bruchlinie in der SPÖ: Auf der einen Seite Burgenland und Wien mit dem pragmatischen Zugang. Und auf der anderen Seite andere Länder und die Bundes-SPÖ mit einem „Grün-Drall“?

Doskozil: Ich sehe das in dieser Form nicht. Auch Peter Kaiser in Kärnten macht doch eine pragmatische Politik …

ÖSTERREICH: Dennoch ist es so, dass die SPÖ bei Migration und Asyl ihre Linie noch nicht wirklich gefunden hat. Sie selbst arbeiten da ja auch gerade mit Peter Kaiser ein Papier für den Parteitag aus. Wie sieht diese Position aus?

Doskozil: Ich halte es für falsch, diese Links-Rechts-Thematik in der SPÖ zu befeuern, Zwist in die Partei hineinzutragen. Es ist richtig, wir haben auch kontrovers an dem Papier gearbeitet. Es wird kommende Woche in den Gremien besprochen und dann veröffentlicht.

ÖSTERREICH: Und am Bundesparteitag im Oktober beschlossen. Da wird auch Kern erneut als SPÖ-Chef kandidieren. Werden Sie ihn wählen?

Doskozil: Natürlich werde ich Kern wählen. Es geht ja nicht darum, dass man die ­Organisationskraft der SPÖ infrage stellt. Zur Organisationskraft gehört auch der Zusammenhalt.

ÖSTERREICH: Es gibt jetzt die Annahme, dass Sie mit dem Ergebnis vom Landesparteitag im Rücken auch bundespolitisch mehr mitmischen wollen.

Doskozil: Wir machen pragmatische Politik für das Burgenland, und wir diskutieren auch Fragen, die sich für die SPÖ insgesamt ergeben. Ich werde jetzt nicht mit einem anderen Stil auf Bundesebene auftreten – aber in Zukunft genau so meine Meinung sagen wie bisher.

ÖSTERREICH: Aber Sie bleiben im Burgenland?

Doskozil: Ja.

ÖSTERREICH: Wie lange?

Niessl: (lacht) Ich wünsche ihm für die nächsten 18 oder 20 Jahre alles Gute!

Doskozil: Die Demut muss man schon haben: 2020 sind ja Wahlen, und wir fokussieren uns jetzt darauf. Schauen wir uns das Ergebnis an, dann kann man mehr sagen.

ÖSTERREICH: Herr Landeshauptmann – Sie haben ja 2015 das Tabu gebrochen und Rot-Blau gemacht.

Niessl: Wieso Tabu – das hat Fred Sinowatz auch gemacht.

ÖSTERREICH: Ist Rot-Blau ein Thema für die Bundesebene?

Niessl: Ich gebe der Bundes-SPÖ keine Ratschläge.

ÖSTERREICH: Herr Doskozil, halten Sie an der Koalition mit der FPÖ im Burgenland fest?

Doskozil: Es gibt keinen Grund, an dieser Koalition zu zweifeln. Zwei Voraussetzungen: gegenseitiges Vertrauen und ein Programm, das man abarbeitet. Beides ist gegeben.

ÖSTERREICH: Wie sieht es auf Bundesebene aus? Soll eine Öffnung zur FPÖ kommen?

Doskozil: Auf Bundesebene ist es etwas anders. Wir haben diese Frage mit dem Wertekatalog beantwortet. Ich glaube, dass sich auch auf Bundesebene diese Frage möglicherweise irgendwann stellen wird.

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