Der bestochene Strafrichter soll für einen Bauunternehmer bei Kollegen interveniert haben. Das Justizministerium hat das Verfahren zurückgelegt.
Ein prominenter Strafrichter soll von einem Bauunternehmer Geld, Reisen und eine Waffe geschenkt bekommen haben, damit er sich bei anderen Richterkollegen für diesen stark macht. Später sollen sowohl der Unternehmer als auch der Chefinspektor der Grazer Polizei, Anton Kiesl, den Richter schwer belastet haben. Nichtsdestoweniger wurde das Amtsmissbrauchsverfahren gegen ihn eingestellt - berichtet die Wiener Wochenzeitung Falter am Mittwoch unter Berufung auf die ihr zuspielten Justiz-Akten.
Chefinspektor hörte mit
Laut Falter gab Kiesl als Zeuge
dreimal zu Protokoll, er sei Zeuge geworden, wie der Unternehmer und der
Richter über die Bezahlung von mehr als 300.000 Schilling gesprochen hätten.
Der Chefinspektor laut Protokoll: "Ich konnte das Gespräch mithören,
wobei der Unternehmer den Richter auf diesen Geldbetrag (300.000-400.000
Schilling) ansprach. (...) Zu meiner absoluten Überraschung hat der Richter
den hohen Geldbetrag bestätigt." Er habe auch die Namen von zwei
Richtern genannt, bei denen er intervenieren wolle.
Mit Geschenken überhäuft
Die Anti-Korruptionstruppe
BIA übernahm den Fall. Verdacht auf Betrug und Amtsmissbrauch. Der Richter,
so heißt es in der Akte, die der Weisungsabteilung des Justizministeriums
übermittelt wurde, habe zugegeben, vom Bauunternehmer immer wieder
Geldgeschenke, Städtereisen und sogar eine Beretta 98, geschenkt bekommen zu
haben. Auch kostenlose Bauarbeiten habe der Bauunternehmer beim Richter
geleistet.
Schriftlich interveniert
Der Richter verantwortete sich in
seiner Zeugeneinvernahme damit, die Geschenke seien nur "aus
Freundschaft" überbracht worden. Es seien außerdem "nicht
mehr als 2.000 Euro" überreicht worden. Das Geld habe er "zu
Weihnachten oder zum Geburtstag" bekommen, "damit ich mir
Zigaretten und Bücher kaufen kann". Die Pistole sei ihm förmlich
aufgedrängt worden. Noch etwas gab der Richter zu: Er habe für den
Bauunternehmer tatsächlich Schriftsätze verfasst, um eine Wiederaufnahme des
Verfahrens bei seinen Richter-Kollegen zu erreichen.
Justizministerium stellt ein
Das Justizministerium erkannte die
Verantwortung des Richters als "unwiderlegbar". Kriminelle
Handlung seien "nicht beweisbar". Der Chefinspektor, der im
Wesentlichen dreimal dasselbe vor Gericht bezeugte, habe wohl eigene "Interpretationen"
des Geschehens vorgenommen. Das mitgehörte Gespräch sei irrelevant. Und auch
der als Kronzeuge auftretende Unternehmer sei "völlig unglaubwürdig".
Zwar hätten Familienmitglieder des Unternehmers bezeugt, dass immer wieder
über die Zahlung großer Geldbeträge an den Richter gesprochen wurde - doch
gesehen hatte es leider niemand.
Es gab im Justizministerium intensive "Fachdiskussionen" zwischen der Weisungssektion und anderen Abteilungen über diesen Fall. Die Sektion 2 schrieb: "Es steht ein Verdacht im Raum, der zu den schwerwiegensten Vorwürfen zählt, die man einem Richter gegenüber erheben kann und der das Ansehen der Justiz insgesamt in Mitleidenschaft ziehen kann". Man möge doch härter ermitteln. Das war Ende September 2008. Im Winter 2009, so zeigt die Akte der Weisungsabteilung, wurde das Verfahren eingestellt - ohne nochmalige Einvernahme des Beschuldigten.
Reaktion aus dem Ressort
Das Justizministerium reagierte auf den
Bericht zur Einstellung des Verfahrens mit einer Darstellung seiner Sicht
der Dinge. Gegen den Richter sei 2006 ein Strafverfahren unter anderem wegen
des Verdachtes des schweren Betruges eingeleitet worden. Um jeglichen
Anschein der Befangenheit auszuschließen, wurde das Verfahren nicht von der
zuständigen Staatsanwaltschaft geführt, sondern von einer in einem anderen
Bundesland.
StA und OStA für Einstellung
Diese beabsichtigte nach
umfangreichen Erhebungen und sorgfältiger Prüfung der Beweise die
Einstellung des Verfahrens. Die zuständige Oberstaatsanwaltschaft teilte
diese Ansicht und leitete den Vorhabensbericht im April 2007 an das
Bundesministerium für Justiz weiter. Im September 2007 erteilte das
Ministerium den Auftrag zu ergänzenden Ermittlungen. Durch diese konnte der
Verdacht der Intervention zur Wiederaufnahme eines Strafverfahrens klar
widerlegt werden. Zeugenaussagen erwiesen sich zum Teil als widersprüchlich.
Trotz Ankündigung wurden Belege für Zahlungen nie vorgelegt.
Ministerium letztlich auch
Die zuständige Staatsanwaltschaft gelangte daher im April 2008 neuerlich zu der Erkenntnis, dass ein
Schuldnachweis aus Mangel an Beweisen nicht möglich ist. Die
Oberstaatsanwaltschaft teilte die Einschätzung der Staatsanwaltschaft. Nach
einem internen fachlichen Meinungsaustausch erfolgte im Dezember 2008 die
Genehmigung des Vorhabensberichtes durch das Ministerium.