Kauf "hätte Budget der SPÖ bei Weitem überstiegen"

Kern: Seine ganze Zeugenaussage vor der Soko Ibiza

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Was viele bereits vermutet haben, ist nun bestätigt: Ex-Kanzler Kern und Thomas Drozda wussten schon 2018 von der Existenz des Ibiza-Videos. Heute leaken wir die gesamte Zeugenaussage Kerns.

Selbst für frühere Bundeskanzler machen die Top-Ermittler der Sonderkommission Tape, der sogenannten Soko Ibiza, keine Ausnahmen: Auch Christian Kern, der Ex-Bundesparteivorsitzende der SPÖ, musste zur Zeugeneinvernahme auf das Landeskriminalamt in der Wasagasse in Wien-Alsergrund kommen.

Am 21. Oktober um 12.40 Uhr begann die Einvernahme der Ex-Politikers, der durch seinen früheren Kanzleramtsminister und stellvertretenden Klubobmann in diese etwas unangenehme Situation gebracht worden ist: Thomas Drozda sagte nur wenige Tage zuvor bei der Soko Ibiza aus, dass er im April 2018 "den Auftrag des damaligen Parteivorsitzenden Christian Kern" (Zitat) hatte, mit dem Anbieter des bekannten Ibiza-Videos Kontakt aufzunehmen, bei diesem Juristen "zu sondieren".

28 Tage "Nachdenkpause" über Ibiza-Video?

Drozda war am 12. April 2018 dann tatsächlich im Innenstadt-Büro des Juristen und hörte, dass die Macher des Ibiza-Videos 6 Millionen Euro "für das gesamte Material" wollten. Das Thema wurde in der SPÖ-Spitze besprochen, der Parteianwalt zu einem weiteren Treffen mit einem der beiden Drahtzieher des Ibiza-Krimis geschickt. Dann passierte 28 Tage lang nichts - bis Kern und Drozda ihren SPÖ-Anwalt instruiert haben, am 9. Mai 2018 eine Absage per Brief an den Video-Verkäufer zu schicken.

Die Zeugenaussage des Ex-Bundeskanzlers hat gleich mehrere interessante Passagen - etwa jene, als die Kriminalisten Christian Kern zu seiner öffentlichen Wette mit HC Strache befragt haben. Immerhin meinte Kern am 25. April 2018, dass er "sicher länger Parteichef" als der damalige FPÖ-Parteiobmann bleiben werde. Dass am 24. April 2018 - also nur einen Tag zuvor - der SPÖ-Parteianwalt beim Treffen mit dem Ibiza-Video-Anbieter sogar Sequenzen daraus gesehen hat, stehe damit "keineswegs in Verbindung", sagte Kern vor der Soko Ibiza. Kern trat dann am 18. September 2018 als Parteichef zurück, Heinz-Christian Strache am 18. Mai 2019.

SPÖ hat bereits 2017 für Tal Silberstein 536.000 € bezahlt

Und der Ex-SPÖ-Bundesparteivorsitzende beteuert in der Einvernahme: "Im Übrigen hätten die geforderten Beträge (Anm.: 6 Millionen Euro) für dieses Kompromat das Budget der SPÖ bei Weitem überstiegen." Ein Argument, das nachvollziehbar sein könnte: Bekanntlich hat die SPÖ erst ein Jahr zuvor (2017) bereits 536.000 Euro an die Firma von Tal Silberstein für eine massive Dirty-Campaigning-Aktion gegen Sebastian Kurz überwiesen. Außerdem war die SPÖ schon seit Jahren massiv verschuldet, erst unter dem neuen Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch wurde ab September 2019 ein Sanierungskurs eingeschlagen.

Wenn Kern mehr gewusst hätte, wäre er SPÖ-Chef geblieben

Noch ein sehr interessanter Satz fällt bei der Einvernahme des Zeugen Kern, der immer betont, dass er das Video nicht gesehen hat und die Bedeutung des Materials nicht einschätzen konnte: "Wenn ich gewusst hätte, dass es dieses Kompromat gibt, hätte ich in meiner Rolle als SPÖ-Vorsitzender abgewartet und wäre nicht vorzeitig zurückgetreten."

So übernahm Pamela Rendi-Wagner im Herbst 2018 die SPÖ, Kern wurde Unternehmer. Bei jener Holding, in der er als Geschäftsführer tätig ist, hält die Firma ZMH GmbH als Gesellschafter 20,1%. Von dieser ZMH ist die Haselsteiner Familien-Privatstiftung 100%-Gesellschafter, für die übrigens auch ein bekannter Ex-SPÖ-Politiker als Vorstand im Firmenbuch genannt wird: Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer. (rs)

Lesen Sie nach - hier die ganze Zeugenaussage von Ex-Bundeskanzler Christian Kern vor der Soko Ibiza:

Kern: Seine ganze Zeugenaussage vor der Soko Ibiza
© oe24
× Kern: Seine ganze Zeugenaussage vor der Soko Ibiza

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