vlcsnap-2020-09-03-09h55m42s409.png

Türkis-grüner Kampf

Corona spaltet Regierung: Anschober verhinderte Verschärfung

Teilen

Eiszeit nach dem Ministerrat – die vom Kanzler geplanten Maßnahmen wurden abgeblockt.

Der ÖVP-Teil der Verhandler schien am Dienstagabend ein wenig ungläubig zu sein. Massenveranstaltungen absagen sei nicht nötig, argumentierte just der grüne Gesundheitsminister Rudolf Anschober. Die Salzburger Festspiele hätten gezeigt, was alles möglich sei.

Bundeskanzler Sebastian Kurz versuchte hingegen am Dienstag Verschärfungen durchzukriegen. Öffentlich hatte er bereits klar gemacht, dass er gegenüber „Massenveranstaltungen sehr skeptisch“ sei. In der Sitzung Dienstagabend mit Anschober und Innenminister Karl Nehammer versuchten die Türkisen denn auch ein Aus für Großevents durchzusetzen. Und warnten vor „Experimenten“. Vergebens. 5.000 in geschlossenen Räumen und 10.000 Menschen outdoor sind künftig erlaubt.

Anschober wollte lediglich "Empfehlung", Kurz nicht

Überhaupt wollte der Grüne – im Unterschied zu den Türkisen – nur „Empfehlungen“. Anschober dementiert regelmäßig einen „Konflikt“ zwischen ihm und dem Kanzler als „falsche Geschichten“. In den vergangenen Tagen wurde aber offensichtlich, dass die zwei Welten trennen.

Auch bezüglich Familienfeiern oder Masken setzte sich Anschober mit dem Laissez-faire-Kurs durch.

Im Ton blieben beide Seiten sowohl Dienstag als auch bei ihrer gestrigen Pressekonferenz nach dem Ministerrat höflich. Das wechselseitige Misstrauen ist freilich mittlerweile längst sichtbar. Dass Anschober am Dienstag eine einstündige „Erklärung“ abgegeben hatte, dürfte ebenfalls nicht für allzu gute Stimmung gesorgt haben. Diese unterschiedlichen Auffassungen gab es freilich bereits zu Beginn der Pandemie im Februar und März. Auch damals stand Anschober eher auf der Bremse und sah die „Lage stets unter Kontrolle“.

Auch jetzt berichtet er intern und öffentlich, dass sie „alle Cluster“ im Griff hätten. Gestern verzeichnete Österreich 416 Neuinfektionen. So viele wie zuletzt im April.

Weniger Gäste & heizen: Die Empfehlungen der Regierung

 

„Hausverstand“ und Eigenverantwortung soll Österreich sicher durch den Corona-Herbst und -Winter bringen und vor der zweiten Welle schützen. Und das ohne neue Regeln. So listete Kanzler Sebastian Kurz drei „Empfehlungen“ auf – sie sind aber nicht bindend:

■ Abstand: Mindestens ein Meter halten, regelmäßig Hände waschen.

■ Maske tragen, wenn der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann.

■ Private Feste: Maximal 25 Personen sollen an Veranstaltungen (Geburtstagsfeiern, Weihnachtsfeiern etc.) teilnehmen.

Rute im Fenster: Gleichzeitig versicherte Kurz, dass es später im Jahr sehr wohl Verschärfungen geben werde: „Alles andere wäre ein Wunder.“

Anschober: Heizen bitte nicht höher als 22 Grad

Fast schon skurril die Empfehlung des Gesundheitsministers: Er bittet, im Winter von allzu viel Heizen abzusehen. „23, 24, 25 Grad – das ist zu viel“, so Anschober. Das Virus vermehre sich in überheizten Räumlichkeiten. „Das Virus kuschelt mit“, so Vizekanzler Werner Kogler.

343 Quarantäne-Brecher: Jeden Tag eine Kontrolle

Innenminister Karl Nehammer will schärfere Kontrolle jener Personen, die in Quarantäne sind: Jeden Tag soll ein Polizist bei ihnen daheim vorbeischauen. Anschober wollte auch Wien drängen, dass hier die Polizei die Kontrollen übernimmt. Bisher wurden 343 Fälle von Quarantäne-Brechern angezeigt …

Isabelle Daniel

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.