Der ORF-Stiftungsrat wählt im August 2016 den neuen ORF-Chef.
Wien. Der ORF-Stiftungsrat wählt zwar erst im August 2016 den neuen ORF-Generaldirektor, aber bereits jetzt wird um jede Stimme erbittert gekämpft. Und es zeichnet sich ein Duell um den Generaldirektor des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ab:
Auf der einen Seite steht der amtierende ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz. Er ist seit 2006 Herr über den Küniglberg und hat bereits so manchen Versuch, ihn politisch zu „killen“, überlebt. Wrabetz ist laut Vertrauten jedenfalls wild entschlossen, es erneut zu versuchen. Der Manager, der 2006 mittels Regenbogenkoalition – SPÖ, Grüne und unabhängige – Generaldirektor wurde, möchte vor Weihnachten seine Kandidatur bekannt geben.
VP bietet für Chefposten Tauschgeschäfte an
Auf der anderen Seite steht der derzeitige kaufmännische Direktor des ORF Richard Grasl, der der ÖVP zugerechnet wird. Sein politischer Mentor ist der mächtige niederösterreichische VP-Landeshauptmann. Bislang arbeitete er gut mit Wrabetz zusammen. 2016 könnte aber seine große Stunde schlagen:
-Die ÖVP möchte den Roten im Gegenzug für den ORF-Chefsessel den Posten des Rechnungshofpräsidenten anbieten. Dieser wird ebenfalls 2016 neu besetzt.
-Zudem wollen die Schwarzen den Roten auch den Job des zentralen Chefredakteurs für Information, der über alle Nachrichtensendungen entscheidet, überlassen.
- Im Gegenzug könnte Grasl ORF-Chef werden.
Sollte die SPÖ dieses Angebot ablehnen, könnte Grasl es mit einem ähnlichen „Coup“ schaffen wie einst Wrabetz unter Schwarz-Blau-Orange:
Grasl hat 15 Stimmen, Wrabetz 14 Stiftungsräte
-Die Schwarzen haben im 35-köpfigen Stiftungsrat des ORF derzeit die relative Mehrheit. Das heißt: 14 Stimmen hat Grasl bereits. Dazu scheint ihm die Unterstützung des Stronach-Stiftungsrates Günter Leitold sicher zu sein, der mit VP-Mandatarin Kathrin Nachbauer liiert ist.
-Wrabetz hingegen kommt derzeit auf 13 rote Stiftungsräte. Zudem unterstützt ihn der rot-blaue Stiftungsrat aus Kärnten Siggi Neuschitzer.
-Brisant für Wrabetz: Im Februar wird der ORF-Zentralbetriebsrat neu gewählt. Hier könnte eine rote ORF-Stiftungsrat-Stimme zur ÖVP wandern. Dann hätte die ÖVP bereits 16 Stimmen.
Zünglein an der Waage könnte der FPÖ-Stiftungsrat Norbert Steger sein. Er ist der Familie Wrabetz freundschaftlich verbunden. Die FPÖ wünscht sich jedenfalls, dass der Online-Vizedirektor Thomas Prantner erneut ORF-Direktor wird. Der sagt: „Es spricht vieles dafür, wieder anzutreten.“ Fragt sich nur, ob unter einem ORF-Chef Wrabetz oder Grasl …