Ein schwieriger Koalitionspartner, ungeschickte Äußerungen und Wahlverluste in den Ländern kosteten Gusenbauer schon in seiner ersten Amtsperiode den Kanzlerkopf.
Gusenbauer war in den acht Jahren der alleinigen Führung der Partei kaum einem internen Konflikt aus dem Weg gegangen. In den eineinhalb Jahren seiner Kanzlerschaft hatte er sich dagegen gegenüber der ÖVP für den Geschmack der eigenen Parteibasis streichelweich gezeigt, begonnen beim Verzicht auf die Abschaffung der Studiengebühren bis zur für die SPÖ unglücklichen Ressortverteilung. "Hauptsache Kanzler" spotteten da die Magazine.
Rhetorische Ausrutscher
Dies hätte ihm die Partei vielleicht noch
verziehen, jedoch nicht seine rhetorischen Ausrutscher auf Kosten der
eigenen Klientel. Den Parlamentsklub verstörte er mehrfach, zuletzt als er
in Argentinien scherzte, nach 16 Uhr seien an einem Freitag in Österreich
kaum mehr Abgeordnete ("Senatoren") bei der Arbeit anzutreffen. Früher schon
hatte er ein Drittel der eigenen Mandatare als quasi unbelehrbar bezeichnet.
Und sein vom Fernsehen mitgefilmter Sager, ob es bei einer Veranstaltung mit
der Basis wieder das "übliche Gesudere" geben werde, ist fast schon Legende.
Rotwein-Liebhaber
Den Krieg mit der Gewerkschaft eröffnete
Gusenbauer spätestens, als er die BAWAG-Krise zu deren Entmachtung nutzte
und einen Beschluss herbeiführte, dass die Vorsitzenden der
Teilorganisationen nicht mehr im Parlament vertreten sein dürfen. Vor allem
der Stil verstörte, Gusenbauer hatte mächtige Feinde sicher. Denn besonders
in der Gewerkschaft war der hedonistische Lebensstil des Rotwein-Liebhabers
ohnehin schon immer ein Anlass für Häme.
Zu Nachgiebig gegenüber dem KoalitionspartnerDie Missgunst der Länder zog sich der SP-Chef durch mehrere Faktoren zu - vor allem durch seine Nachgiebigkeit gegenüber dem Koalitionspartner, die von vielen als Grund für die Wahlschlappen der jüngeren Vergangenheit herangezogen wurde. Gern wurde Gusenbauer auch von den Ländern als Ausrede benutzt, wenn diese ihre Wahlen verbockt hatten. Erfolge zu Oppositionszeiten hatte man freilich immer ausschließlich für sich verbucht. Schon direkt nach der Wahl hatte Gusenbauer es sich mit Studenten und Jugend verscherzt, als er flott von seinem Versprechen einer Abschaffung der Studiengebühren abrückte.
Erste Aufgabe: Schuldenabbau
Bei allen Unzulänglichkeiten, leicht
hatte es das Arbeiterkind aus Ybbs nie. Kaum im Amt, kam Gusenbauer die
wenig dankbare Aufgabe zu, den unter Viktor Klima angehäuften Schuldenberg
der Partei abzubauen. Zusätzlich sah sich der junge Vorsitzende, Vater einer
Tochter und mit deren Mutter Eva Steiner seit Jahren liiert, mit einer
Partei konfrontiert, die nach Jahrzehnten in Regierungsverantwortung mit dem
Wort Opposition wenig anzufangen wusste.
Brillante außenpolitische Kontakte
Was Gusenbauer auch immer
sagte, es interessierte weniger als ein missglücktes Outfit (Stichwort
Wanderhose), ein opulenter Urlaub oder seine Gourmetkenntnisse. Deshalb
zweifelten viele, ob der selbstbewusste SPÖ-Chef und Kunstfreund die
Sozialdemokraten jemals zur Kanzlerschaft würde führen können. Wenn ihm das
aber gelänge, werde er angesichts seiner brillanten außenpolitischen
Kontakte das Amt jedoch perfekt ausfüllen könne, meinten viele.
EU-Volksabstimmung
Sie täuschten sich. Gusenbauer sonnte sich
zwar gerne im Ausland und punktete außerhalb der Grenzen, im Inland gelang
es ihm aber einfach nicht, Koalitionspartner und eigene Partei unter
Kontrolle zu bringen. Sinnbildlich dafür war, dass seine frisch gefangene
Kulturministerin Claudia Schmied (S) gegen den ausdrücklichen Wunsch
Gusenbauers Dominique Meyer zum Staatsopern-Direktor machte und
Kanzlerfreund Neil Shicoff leer ausging. Durch seinen Schwenk zu einer
EU-Volksabstimmung könnte er sich in seinen letzten Tagen an der
Regierungsspitze sogar noch um einen interessanten Job auf europäischer
Ebene gebracht haben.
Klassische Parteikarriere
Gusenbauer, geboren am 8. Februar 1960,
startete in den 80er-Jahren eine klassische Parteikarriere. 1984 bis 1990
legte er als Vorsitzender der Sozialistischen Jugend die Basis für seine
spätere Rolle und schuf sich das politische Standbein. Das berufliche
Standbein bildete daneben die SP-dominierte Arbeiterkammer Niederösterreich,
für die der Doktor der Politikwissenschaft lange Jahre tätig war. 1991 wurde
Gusenbauer dann ein Bundesratsmandat zu Teil, 1993 macht ihm mit gerade
einmal 33 einen Sitz im Nationalrat frei, den er bis zu seiner Kanzlerschaft
innehatte.
Buhmann
Ab 1999 ging es dann schnell, Landesgeschäftsführer in
Niederösterreich, 2000 schon Bundesgeschäftsführer und dann wenige Wochen
später, exakt am 29. April 2000, bereits Parteivorsitzender und damit in
einer Reihe klingender Namen von Adolf Schärf über Bruno Kreisky bis Franz
Vranitzky. Den Posten bekam er freilich nur, weil sich der Liebling der
Linken, Ex-Innenminister Caspar Einem, und jener der Rechten, Karl Schlögl,
neutralisierten. Nun gibt es einen echten Liebling, seinen alten
Weggefährten Werner Faymann, und dem muss der zum Buhmann bestimmte
Gusenbauer nun endgültig Platz machen.