Moskau backstage

Das „Wunderkind“ beim Kreml-Zaren

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Moskau backstage: Warum russische Medien Sebastian Kurz feierten

Es ist bitterkalt an diesem Mittwoch in Moskau. Die Soldaten, die den Innenhof des Kreml bewachen, haben rot angelaufene Gesichter.

Sebastian Kurz muss nur kurz frieren. Er wird per Konvoi – das russische Protokoll hat bereits den Autobahnweg vom Flughafen für den österreichischen Kanzler abgeriegelt – sofort hineingeschleust. Er wartet nur wenige Minuten auf Wladimir Putin. Ungewöhnlich für den russischen Präsidenten, der im Westen als Autokrat, in Russland als starker Führer gilt. Aber Putin befindet sich eben mitten im Wahlkampf – in zweieinhalb Wochen „bestimmt“ Russland über den neuen (alten) Präsidenten – und da kann ein Auftritt mit dem jüngsten Regierungschef Europas nicht schaden. Kurz selbst wirkt erstaunlich gelassen. Vielleicht weil er den Mann mit dem Pokerface bereits als Außenminister getroffen hat.

Putin nützt die Kurz-Visite geschickt, Kurz bleibt cool

Der VP-Chef scheut sich denn auch nicht vor dem russischen Präsidenten klare Worte zum Syrien-Krieg – russische Streitkräfte unterstützen das Assad-Regime – bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Putin zu verwenden. „Russland habe eine Verantwortung das Blutvergießen zu stoppen.“ Die zahlreichen anwesenden russischen Journalisten im Kreml lauschen dem österreichischen Kanzler aufmerksam.

Berichten tun sie darüber freilich nichts. Sie schreiben am nächsten Tag Elogen über das „Wunderkind“ aus Österreich und die tollen Wirtschaftsbeziehungen der zwei Länder. Putin weiß eben, wie er diesen Besuch geschickt benützt. Im Kreml – in Moskau müssen eher Journalisten und Oppositionelle um ihr Leben bangen – müssen auch die österreichischen Journalisten ihre Taschen abgeben, bevor sie Putin sehen dürfen. Der lächelt höflich. Drei Stunden hat er sich davor für Kurz Zeit genommen. 45 Minuten hat er nur unter vier Augen auf Deutsch mit ihm gesprochen. Kurz’ Ehrgeiz scheint ihm zu gefallen. Isabelle Daniel, Moskau

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