Dienstanweisung:

ORF-Mitarbeiter dürfen Politiker nicht mehr kritisieren

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Auch privat sollen sich Mitarbeiter des ORF nicht kritisch zu politischen Themen äußern.

Im ORF liegt nun ein Entwurf für Social-Media-Guidelines vor: ORF-Mitarbeiter sollen künftig Äußerungen auf Twitter und Co. vermeiden, die als Zustimmung, Ablehnung oder sonstige Positionierung gegenüber politischen Akteuren oder Organisationen interpretierbar sind - auch indirekt z. B. via Likes. "Im Zweifel" lieber gar keine Meinung äußern, ersucht ORF-Chef Alexander Wrabetz die Belegschaft.

In Kraft sind die "Guidelines" noch nicht. Es handle sich um einen Entwurf, über den noch ein Gespräch mit Redakteurs- und Zentralbetriebsrat geführt werde, hieß es im ORF auf APA-Anfrage. Zuvor waren Auszüge auf Twitter erschienen und hatte der "Standard" (online) den Wortlaut abgedruckt. Die Richtlinie soll im Sommer in Kraft treten.

Keine Meinungsäußerungen?

Im Entwurf heißt es unter anderem, dass ORF-Mitarbeiter "auch im privaten Umfeld zu verzichten" haben auf jegliche "Äußerungen und Kommentare in sozialen Medien", die eine Meinung oder Haltung - ob positiv oder negativ - zu Parteien, Institutionen oder Akteuren artikulieren. Entsprechende Äußerungen anderer seien ebenfalls nicht zu kommentieren, befürworten oder abzulehnen. Das alles gilt nicht nur für direkte Äußerungen, sondern auch "indirekt durch Zeichen" wie "Likes, Dislikes, Recommends, Retweets oder Shares".

Die "konkrete Beurteilung" sei nur im Einzelfall und "unter Abwägung aller Umstände" möglich, heißt es weiter. "Im Zweifel ersuche ich darum, von einer Meinungsäußerung Abstand zu nehmen", so Generaldirektor Wrabetz, der diese als Dienstanweisung aufgesetzten "Guidelines" letztendlich unterzeichnet. Die Einhaltung der Vorgaben haben die jeweiligen redaktionellen Vorgesetzten "sicherzustellen und zu kontrollieren".

Große Aufregung

Allfälliger Aufregung über die neuen Regeln setzt der ORF prophylaktisch entgegen, dass diese "sinngemäß" bereits "im Umfeld der letzten Wahlen" gegolten hätten. Man orientiere sich "an internationalen Vorbildern wie etwa jenen der 'New York Times'", die im Herbst des Vorjahres publiziert wurden. Darin heißt es unter anderem: Die "NYT"-Journalisten vertreten keine parteiischen Positionen, promoten keine politische Anschauung, unterstützen keine Kandidaten und unterlassen "beleidigende Kommentare". Und: "jegliche Aktivität" auf sozialen Medien falle unter dieses Regelwerk. "Privat" sei kein Argument: "Alles, was wir online posten oder 'liken', ist in gewissem Ausmaß öffentlich. Und alles, was wir öffentlich tun, kann mit der 'Times' in Verbindung gebracht werden."

Der Wunsch nach möglichst strengen Richtlinien für das sozialmediale Tun von ORF-Mitarbeitern wurde zuletzt im Stiftungsrat des ORF wieder vehement geäußert - allen voran vom Freiheitlichen Vorsitzenden des Gremiums Norbert Steger und vom ÖVP-Freundeskreisleiter Thomas Zach. Steger hatte wiederholt auch die Notwendigkeit von Sanktionen betont. Der Stiftungsrat tritt am Donnerstag zu seiner nächsten Sitzung zusammen.

Das Mail von Wrabetz im Wortlaut

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