Edmund Müller

Grazer SPÖ-Chef tritt zurück

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Sozialstadträtin Martina Schröck übernimmt die Partei interimistisch.

Die Grazer SPÖ hat eine neue Chefin: Nach dem überraschenden Rücktritt von Parteivorsitzendem und Kulturstadtrat Edmund Müller (55) nach nur neun Monaten wurde im Vorstand am Montagabend Sozialstadträtin Martina Schröck (34) mit 96 Prozent zur geschäftsführenden Parteivorsitzenden gewählt. Müller hat am Montagabend einigermaßen überraschend seinen Rücktritt erklärt, in den Monaten zuvor hatte sich zunehmend Kritik an seinem Politikstil innerhalb der Partei geregt. Zudem war der frühere Geschäftsführer der Forschungsgesellschaft Joanneum Research ins Visier von Medien geraten.

Rücktritt auch als Kulturstadtrat
Müller erklärte, der Rücktritt gelte für alle Ämter, als Stadtrat bleibe er solange, bis er mit Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) bzw. mit der Partei die Nachfolgemodalitäten geklärt habe. Die Stadtratsfrage wurde allerdings laut Gemeinderats-Klubchef Karl-Heinz Herper vorläufig beiseitegelassen.

Zoff mit Landeshauptmann Voves?
Auf Befragen meinte Müller, vor allem in Bezug auf die Aussagen von SPÖ-Landesparteichef Franz Voves während einer ORF-"Pressestunde": "Die Zurufe waren nicht hilfreich." Müller erklärte am Montagabend, er habe die Aufgabe gerne übernommen, "aber ich habe mich nicht darum beworben", so der erst seit neun Monaten in der Funktion befindliche Quereinsteiger offenbar in Anspielung auf Landesrätin Bettina Vollath (die die Stadtpartei nach den heftigen Turbulenzen des Sommers 2010 interimistisch geführt hatte, Anm.) und Landesparteichef und LH Franz Voves, die Müller in die Politik geholt hatten.

Verhaltene Parteiführung

Müller, der eher als ruhiger und bedächtiger Typ gilt, hatte für den Geschmack einiger Gruppierungen in der Stadtpartei zu verhalten und ohne große Konzepte und Ambitionen agiert. Zudem war der 55-Jährige zuletzt immer mehr ins Visier wenig freundlicher medialer Berichterstattung gerückt. Im Parteihaus war am Montagabend durchaus auch Klage über "Heckenschützen" zu vernehmen, die aus "sicherer Deckung heraus" agierten.

Interims-Nachfolgerin Martina Schröck will sich Wahl stellen

Seine Nachfolgerin Martina Schröck muss sich nun noch auf einem Stadtparteitag, der in sechs bis acht Wochen einberufen werden soll, der Wahl stellen. Ihre Aufgabe sieht sie nicht als interimistisch: "Ich habe vor, länger zu bleiben", so die 34 Jahre alte Soziologin, die als einzige Kandidatin vorgeschlagen worden war. Zur Zukunft der Grazer SPÖ meinte sie: "Wir müssen aufhören, uns nur mit uns selbst zu beschäftigen, wir müssen uns ganz klar positionieren und Gegenentwürfe zur schwarz-grünen Koalition machen".

Landesparteichef Franz Voves war am Montagabend in der zweiten der drei Bürgermeisterkonferenzen im obersteirischen Leoben engagiert und vorerst nicht für eine Stellungnahme erreichbar.

Neuer Rückschlag für krisengebeutelte Grazer SP
Der Rücktritt Müllers stellt einen neuen Tiefpunkt der seit Jahren von Führungs- und Richtungsstreitigkeiten gebeutelten Grazer SPÖ dar: Die ehemalige Bürgermeister-Partei hat nach Alfred Stingl viel an Terrain verloren und läuft laut jüngsten Umfragen sogar Gefahr, auf den vierten Platz - nach den Koalitionspartnern ÖVP und Grüne sowie der FPÖ - abzurutschen. Seit 2010 gab es gut ein halbes Dutzend Parteichefs.

 

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