Kanzler will Atom-Ausstieg

Faymann: "Sicherheit bei AKWs gibt es nicht"

Teilen

ÖSTERREICH-Interview: Kanzler will alle Schrott-AKWs in Europa abschalten.

ÖSTERREICH: Sie haben die Stresstests mit Umweltminister Niki Berlakovich EU-weit durchgesetzt. Sind Sie zufrieden mit der Regelung?
Werner Faymann: Wirklich zufrieden bin ich erst nachher. Ich bin vorsichtig und weiß, wie mächtig die Atomlobby ist. Ich gehe davon aus, dass diese Überprüfungen nur dann einen Sinn haben, wenn sie von unabhängigen Leuten durchgeführt werden. Dort, wo es nicht genug Sicherheit gibt, muss nachgerüstet oder abgeschaltet werden. Aber ich sage auch: Eine wirkliche Sicherheit von AKWs gibt es nicht – daher bin ich für den Ausstieg aus der Atomtechnologie.

ÖSTERREICH: Rechnen Sie mit weiteren AKW-Abschaltungen in Europa?
Faymann: Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hat recht, einmal mit Abschaltungen zu beginnen. Und wenn Frankreichs Präsident Sarkozy sagt, die neuesten AKWs in seinem Land seien ganz sicher – dann gehe ich davon aus, dass es ältere, nicht so sichere gibt. Ich weiß, der Ausstieg geht nicht von heute auf morgen – aber diese offenbar nicht so sicheren AKWs müssen abgeschaltet werden.

ÖSTERREICH: Wann werden die Stresstests abgeschlossen?
Faymann: Die Kommission will den Bericht bis Jahresende vorlegen. Wenn wir im Rat im Jänner 2012 zu Ergebnissen kommen, ist ein erster Schritt getan.

ÖSTERREICH: Werden die Stresstests von unabhängigen Behörden durchgeführt?
Faymann: Ja, von unabhängigen nationalen Behörden. Wenn ich großes Vertrauen hätte, dann hätten wir ja nicht die EU-Kommission in diesen Prozess dazu genommen. Wir werden die Ergebnisse sehr genau unter die Lupe nehmen.

ÖSTERREICH: Ist das jetzt der Startschuss für den Ausstieg aus der Atomkraft?

Faymann: Ich würde mir das wünschen. Aber ich weiß: Die Atomlobby wartet darauf, dass die Menschen die Ereignisse in Japan vergessen. Unsere Aufgabe wird sein, hier wachzurütteln und zu sagen: Die Atomtechnologie gefährdet die Lebensgrundlagen unsere Kinder und Enkelkinder – und deswegen muss es den Ausstieg geben.

ÖSTERREICH: Sie planen eine EU-weite Bürgerinitiative gegen Atomkraft. Ihr Ziel?

Faymann: Es ist zu früh, von Zahlen zu sprechen. Klar ist: Wir werden eine EU-rechtlich einwandfreie Initiative starten – zusammen mit vielen NGOs. Das soll keine Parteiveranstaltung sein.

ÖSTERREICH: Wir sind Mitglied im Euratom-Vertrag. Sollten wir da nicht raus?
Faymann: Wir sind mit den SPÖ-EU-Abgeordneten einig, eine Änderung des Vertrags anzustreben. Euratom soll künftig die Sicherheit und den Ausstieg aus der Atomkraft erforschen.

(gü)

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.