Der frühere EU-Agrarkommissar Franz Fischler hat von der erwarteten SP/VP-Koalition eine Strategie gegen einen weiteren Rechtsruck eingemahnt.
Längerfristig gesehen sei das Fehlen eines Konzepts zur Verhinderung des weiteren Erstarkens von FPÖ und BZÖ aus seiner Sicht das "größte Problem" der künftigen Koalition, sagte der ÖVP-Politiker am Rande einer Konferenz über Klimagerechtigkeit am Dienstag in Brüssel.
Rechtsparteien sind "cool"
Fischler gab überdies zu
bedenken, dass es am Ende der fünfjährigen Legislaturperiode auch fünf neue,
wahlberechtigte Geburtsjahrgänge gibt und "auch schon jetzt unter den jungen
Leuten ungefähr 45 Prozent für die Rechtsparteien gestimmt haben". Das würde
bedeuten, "wenn es hier keine entsprechende Gegenstrategie gibt, dass wir
automatisch dann eine rechtspopulistische Partei oder zwei haben, die
zusammen die Nummer eins sind in Österreich". Dies sei es, was er eigentlich
verhindern möchte, so Fischler.
Auf die Frage, ob er innerhalb der ÖVP bereits ein Bewusstsein für dieses Problem orten habe können, sagte der frühere EU-Kommissar, er glaube, eine Partei allein könne das Problem gar nicht lösen: "Das ist eine Koalitionsfrage. Das ist ein Thema, über das die künftigen Koalitionspartner miteinander diskutieren müssen, weil sie nur miteinander dagegen ankämpfen können." In dem Zusammenhang spiele neben der Immigrationsfrage auch die Europafrage eine wichtige Rolle. Und: "Vor allem spielt auch eine Rolle, dass mein Eindruck ist, dass die jungen Leute heutzutage diese Typen von den Rechtsparteien wie man heutzutage sagt 'cooler' finden als die eher traditionellen Typen, die man in den beiden größeren Parteien sieht."
"Politisches Marketing gefragt"
Er selbst habe für eine
Gegenstrategie zwar "auch kein Patentrezept anzubieten". Es wäre aber "ein
Beginn, wenn man sich dieses Problem unter den Koalitionspartnern bewusst
macht, und dann systematisch drüber nachdenkt, wie man besser vorgehen
könnte". Man müsse zum Einen eine "neue Art des Umgangs mit den
Europathemen" finden, die mehr auf Dialog aufgebaut als nur auf einseitiger
Information. Weiters spiele "mit hinein": die Frage der Bildungschancen für
die jungen Leute, die Jugendarbeitslosigkeit sowie auch "das politische
Marketing: Wie verkaufe ich die politischen handelnden Personen", skizzierte
der ÖVP-Politiker seine Ansätze. Laut Fischler ist es irrelevant, ob eine
Strategie gegen Rechts in einem Koalitionsabkommen steht oder nicht: "Ob das
da drinnen steht, ist meines Erachtens ziemlich irrelevant. Entscheidend
ist, dass man dieses Problem angeht."