Wirbel um Martin Graf

FPÖ provoziert Israelitische Kultusgemeinde

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Sobotka tadelt die FPÖ - Graf in Vertretung Kitzmüllers entsandt - Schon vor zehn Jahren protestierte die Kultusgemeinde.

Die FPÖ hat - in Vertretung - den wegen der Mitgliedschaft bei der rechtsradikalen Burschenschaft Olympia viel kritisierten Martin Graf in die jüngste Kuratoriumssitzung des Nationalfonds für die Opfer des Nationalsozialismus entsandt. Die Isrealitische Kultusgemeinde (IKG) stellte daraufhin ihr Mandat ruhend. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) tadelte die FPÖ.

Kitzmüller (FPÖ) gehört als Dritte Nationalratspräsidentin von Gesetzes wegen dem Kuratorium an. Bei der jüngsten Sitzung am Montag 17. Juni erschien an ihrer Stelle aber Graf, berichtete das "profil" am Donnerstag online.

Dass dies als Provokation empfunden würde, konnte man ahnen. Denn auch Graf hätte als Dritter Nationalratspräsident 2008/9 von Gesetzes wegen ins Kuratorium einziehen sollen. Die IKG protestierte damals heftig und ließ ihren Sitz unbesetzt. Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) verwehrte Grafs Berufung in das Komitee, das über die Zuerkennung von Leistungen an NS-Opfer entscheidet - und Alexander Van der Bellen, damals Grünen-Chef, stellte fest: "Wer ein ungeklärtes Verhältnis zum Nationalsozialismus hat, hat im Nationalfonds nichts verloren."

Auch jetzt protestierte die IKG umgehend. In einem Schreiben an Sobotka teilte Präsident Oskar Deutsch mit, dass die Kultusgemeinde die Entsendung Grafs "nicht tatenlos hinnehmen" werde. Solange Graf im Kuratorium des Nationalfonds zugegen ist, werde die Kultusgemeinde ihr Mandat ruhend stellen. Denn Grafs Burschenschaft Olympia sei für "ihren Geschichtsrevisionismus" bekannt und "ein Hotspot rechtsextremistischer Umtriebe". Und Graf selbst sei für "extremistische Haltungen" bekannt.
 

Sobotka kritisiert FPÖ 

Nationalratspräsident Sobotka verurteilte in einer - der APA übermittelten Stellungnahme - das Vorgehen der FPÖ, ohne sie direkt zu nennen. Im Fokus des Nationalfonds stünden die "Versöhnung mit allen Opfern des nationalsozialistischen Terrorregimes" und "der hierzu erforderliche Dialog". "Die Nominierung von Personen, die von wichtigen Institutionen als Provokation empfunden wird, konterkariert dieses Ziel und gefährdet die gemeinsame Arbeit für die Opfer des Nationalsozialismus", stellte Sobotka fest. Und merkte an, dass er "nicht unmittelbar darauf Einfluss nehmen kann, welche Personen für das Kuratorium des Nationalfonds von den im Parlament vertretenen Parteien nominiert werden". Aber er mahnte "besondere Sensibilität aller Parteien" ein, den Dialog aller Betroffenen "jetzt und auch in Zukunft aufrecht zu erhalten".
 
Scharfe Kritik übte die SPÖ-Sprecherin für Gedenkkultur Sabine Schatz. Sie sprach in einer Aussendung von einem "unglaublichen Affront". Die FPÖ überschreite wieder einmal die Grenzen des politischen Anstands - und beweise einmal mehr, dass sie die Verantwortung aus der Geschichte nicht ernst nehme.
 

FPÖ weist Kritik an Entsendung Grafs zurück

FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker weist die Kritik an der Entsendung des FPÖ-Abg. Martin Graf in die Kuratoriumssitzung des Nationalfonds zurück. Er sprach Donnerstag in einer Aussendung von "künstlicher Empörung" - sei Graf doch von anderen mit Handschlag begrüßt und "in einer sehr positiven Stimmung auch Smalltalk mit ihm geführt" worden.
 
Außerdem merkte Hafenecker an, dass Graf "immer schon ein Mann des Dialogs" gewesen sei - und dass "gegen unseren Abgeordneten nichts Verwerfliches" vorliege. Er "warne davor, dass man Menschen, die sich nichts zuschulden kommen haben lassen an den Pranger stellt" - und dass durch einen solchen Diskurs "Menschen am Ende des Tages in ihrer bürgerlichen Existenz möglicherweise bedroht werden könnten". Zudem gebe es keine Abgeordneten zweiter Klasse, "jeder von uns ist demokratisch legitimiert".
 
Hafenecker wies auch darauf hin, dass Graf als Dritter Nationalratspräsident (von 2008 bis 2013) eines der höchsten Ämter der Republik bekleidet habe - ohne zu erwähnen, dass Graf damals, anders als gesetzlich vorgesehen, nicht in das Kuratorium des Nationalfonds entsandt wurde, weil die Israelitische Kultusgemeinde auch 2008 scharf protestierte.
 
Als "Provokation" empfand JETZT-Menschenrechtssprecherin Alma Zadic die Entsendung Grafs als Ersatz für die verhinderte Dritte Nationalratspräsidentin Anneliese Kitzmüller (FPÖ). An der Kuratoriumssitzung würden sowohl Opferorganisationen als auch Menschen teilnehmen, deren Familienmitglieder in der NS-Zeit ermordet wurden. "Sie müssen sich diese Provokation nicht bieten lassen", war für Zadic auch die Reaktion der Israelitische Kultusgemeinde verständlich. Sie forderte Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) auf, hier klar Grenzen ziehen.
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