Staatsanwälte klagen an

Geld, Gier & Geheimnisse

Teilen

Staatsanwälte Denk und Marchart legten die Vorwürfe gegen KHG dar.

Der zweite Tag im ­Buwog-Prozess gegen Karl-Heinz Grasser und 14 weitere Angeklagte stand im Zeichen des Eröffnungsplädoyers der Staatsanwälte Gerald Denk und Alexander Marchart. 825 Seiten dick ist die Anklageschrift – die Staatsanwälte wechselten sich bei der Darlegung der wesentlichen Punkte vor Gericht ab.

„System der Korruption“. „Es geht um 10 Millionen Euro Bestechungsgeld“, beginnt Marchart – „370 Jahre müsste der Durchschnittsösterreicher arbeiten, um brutto so viel zu verdienen.“ Bestechlichkeit und Untreue seien die Hauptvorwürfe der Anklage – Ex-Finanzminister Grasser und sein engster Kreis –, die Mitangeklagten Walter Meischberger, Peter Hochegger und Ernst Karl Plech hätten ein System der Korruption entworfen, in dessen Zentrum die Begriffe „Geld, Gier und Geheimnisse“ stünden. Grasser selbst sei dabei im Hintergrund geblieben, hätte aber die Fäden gezogen. Für alle Angeklagten gilt die Unschuldsvermutung.

„Gelegenheiten“. Grasser und seine Vertrauten hätten „Gelegenheiten“ gesucht, sich zu bereichern – die erste dieser Gelegenheiten wäre eben die Buwog gewesen: „Grasser, Meischberger, Hochegger und Plech wollten kassieren – und sie haben kassiert“, sagt Staatsanwalt Denk. Und führt aus, wie das aus Sicht der Anklage gelaufen sei (siehe unten).

Grasser machte sich im Gerichtssaal Notizen

Streit um Folien. Die Angeklagten verfolgen die Ausführungen der Staatsanwälte aus der ersten Reihe mit steinerner Miene. Grasser, er sitzt ganz außen, von Richterin Marion Hohenecker aus gesehen rechts, macht sich emsig Notizen. Dass die Staatsanwälte zur Verdeutlichung ihrer Ausführungen Folien auf eine Leinwand projizieren, stößt Grasser-Anwalt Ainedter sauer auf: Er springt auf, ruft, das sei unzulässig. Die Richterin weist ihn zurecht: „Das haben Sie gestern beim Vortrag Ihres Befangenheitsantrags auch gemacht!“

„Panik“. Mit seinen Ausführungen sorge er offenbar nicht nur bei den Angeklagten, sondern auch bei den Verteidigern „für Panik“, meint Staatsanwalt Denk zu Ainedters „Störgeräusch“, wie er es nennt. Und fährt fort im Plädoyer – es geht auch um die berühmten 500.000 Euro, die Grasser von seiner Schwiegermutter bekommen haben will: „Er hat gelogen“, so Denk.

Nach der Mittagspause war dann Anwalt Ainedter am Wort.

KHG-Anwalt: »Geld war 
für Grasser nie Triebfeder«

Nach der Mittagspause war gestern Grasser-Anwalt Manfred Ainedter für ein Zwischenplädoyer am Wort. Schon während des Vortrags der Staatsanwälte hatte er mehrfach vor Empörung kaum an sich halten können. Ohne Entgegnung hätte er nicht schlafen können, sagte er. Die Anklage stelle Grasser dar wie den „Satan schlechthin“, der sich als Finanzminister habe bereichern wollen. Und aus der Aussage des Staatsanwalts „Unsere Zeugen sind Indizien“ schließt Ainedter: „Es gibt keine Beweise.“ Bei den Ausführungen der Ankläger handele es sich um „Grimms Märchen“ – „blühende Fantasie, haltlose Unterstellungen“. „Geld war für Karl-Heinz Grasser nie eine Triebfeder“, versichert sein Anwalt. Und überhaupt: Anzunehmen, dass Grasser wegen 2,5 Mio. Euro, „die ihm untergejubelt werden“, seine Existenz „wegwerfen“ würde, sei unglaubwürdig. Die Anklage werde „schmelzen wie ein Schneemann in der Sonne“.

Um kurz nach 14 Uhr wurde der Prozess vertagt – heute geht es mit einem Plädoyer von Grassers zweitem Anwalt Norbert Wess weiter.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.