Im ORF-"ZIB2"-Interview wehrte sich Leonore Gewessler gegen die ÖVP-Kritik am Klimaplan und warnte vor den Folgen eines „klimapolitischen Stillstands“.
Eigentlich wäre der Entwurf für einen Nationalen Energie- und Klimaplan (NEKP) bereits Mitte 2023 fällig gewesen, der finale Plan hätte dann heuer am 30. Juni eingereicht werden müssen. Doch Österreich hat, als letztes letztes Land der EU, erst diese Woche seinen Entwurf vorlegen können.
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Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) hatte erst am Dienstag den NEKP-Entwurf in Wien bei einer Pressekonferenz vorgestellt. Grund war ein politisches Gezerre zwischen Gewessler und Europaministerin Karoline Edtstadtler (ÖVP). Letztere hatte einen bereits von Gewessler nach Brüssel eingereichten Entwurf Anfang Dezember letzten Jahres wieder zurückgezogen, weil er nicht der Regierungsposition entsprochen hätte. In der Vorwoche haben die beiden Regierungsparteien ÖVP und Grüne den Streit beigelegt. Die Einigung dürfte Teil eines größeren innerkoalitionären Kompromisses sein, zu dem auch die Nominierung von Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) als EU-Kommissar zählt.
Beigelegt ist damit der Streit aber noch lange nicht: Um die Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 2005 um fast 50 Prozent zu senken, sieht der Plan unter anderem die Abschaffung umweltschädlicher Subventionen wie der Pendlerpauschale und des Dieselprivilegs vor. Edtstadler wies jedoch darauf hin, dass die Nennung solcher Maßnahmen nicht gleichbedeutend mit deren Abschaffung sei.
Unzufrieden mit ÖVP-Angriffen
In der ORF-"ZIB2" nahm Gewessler am Donnerstagabend Stellung. Sie zeigte sich unzufrieden mit den Angriffen der ÖVP auf ihre Person. „Ich habe manchmal das Gefühl“, so Gewessler, dass bei der ÖVP im Klimaschutz das Motto gelte: „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass.“ Sie halte es „nicht für besonders ehrlich“, wenn große Themen ausgeklammert werden, während man hoffe, dass Emissionseinsparungen von selbst eintreten würden. Die Bilder der letzten Tage mit schweren Unwetterschäden hätten gezeigt, dass es notwendig sei, das Dieselprivileg anzugehen. Andernfalls könnte Österreich in einen Zustand geraten, in dem es unmöglich wäre, die Schäden zu beheben, warnte sie.
Auf die hohen Gaspreise angesprochen, erklärte Gewessler, dass Wladimir Putin mit Beginn des Krieges den Energiemarkt und Österreich „erpresst“ habe mit Energielieferungen. Österreich habe umfassend unterstützt, müsse jedoch sicherstellen, dass Verschmutzung ihren Preis habe. Gewessler lobte die grüne Regierungspolitik für die „Trendwende“ hin zum öffentlichen Verkehr und zur E-Mobilität. Zwar sei das Zwischenergebnis erfreulich, doch es müsse weiterhin ambitioniert gearbeitet werden.
Ganz im Wahlkampfmodus stellte die Ministerin dann noch klar: „Klimapolitik gibt es mit den Grünen und sonst niemandem.“ Es sei den Grünen gelungen, den „klimapolitischen Stillstand“ zu beenden. Das Klimaticket werde „mehr angenommen, als ich zu träumen gehofft habe“, fügte sie hinzu und erklärte, dass sie sich für eine Verlängerung bewerben werde, da noch viel zu tun sei. Mit dem neuen Klimaplan sei das EU-Ziel erreichbar, aber die Punkte müssten konsequent verfolgt werden – nicht nur von der nächsten Regierung, sondern auch darüber hinaus.