Einigkeit herrscht zwischen ÖVP und SPÖ nach einer Monstersitzung am Freitag zum Budget. Ob Finanzminister Grasser bleibt, ist ungewiss.
Finanzminister Karl-Heinz Grasser und SPÖ-Budgetsprecher Christoph Matznetter verkündeten am Freitagabend eine Einigung, was das Budget betrifft. Einzelheiten werden noch bekannt gegeben. Auf die Österreicher kommt außerdem eine Gesundheitsreform mit höheren Versicherungsbeiträgen zu (siehe Link).
Noch ein Tag Bedenkzeit
Ein weiterer Tag Bedenkzeit: Das ist das Ergebnis des Pokers, ob Finanzminister Karl-Heinz Grasser in der Politik bleibt, oder in die Privatwirtschaft wechselt. Er würde seine Entscheidung auch von seiner Frau abhängig machen.
ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel erneuerte Freitag das Angebot an Grasser, als Vizekanzler und Finanzminister in die Große Koalition zu gehen. Grasser bat sich darum aus, einen weiteren Tag über seine berufliche Zukunft nachzudenken.
Grassers Kalkül: Er will nur dann bleiben, wenn er Finanzminister und Vizekanzler werden kann.
Schwer durchsetzbar
Die Überlegung Schüssels: Er will den in der Bevölkerung extrem beliebten und smarten Finanzminister als Gegenpol zu SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer positionieren und damit vor allem junge Wähler zurück zur ÖVP holen. Umfragen, Grasser spreche nach wie vor Wähler der FPÖ an, bestärkten den ÖVP-Chef bei diesem Gedanken.Allein: Grasser als parteifreier Minister und Vize ist in der ÖVP schwer durchzusetzen. In den vergangenen Tagen war der Widerstand der ÖVP-Basis groß, einen Parteifreien statt einem ÖVP-Mitglied in die Regierung zu schicken. „Wir haben selbst genug gute Leute und brauchen niemanden von außen als Vizekanzler“, hieß es.
Traumjob Investmentberater
Ein mögliches Angebot Schüssels, Grasser zwar weiter als Finanzminister, aber nicht als Vize im Team haben zu wollen, ist für Grasser wenig attraktiv. Lukrative Angebote aus der Privatwirtschaft warten auf ihn. Zudem könnte Grasser zuvor einige Monate Auszeit und somit Zeit für Gattin Fiona nehmen. Grassers Traum, so Vertraute: „Er will letztlich selbstständiger Investmentberater in London sein.“
Sonntagnachmittag könnte Grasser seine Entscheidung in einer Pressekonferenz bekannt geben. Spätestens am Montag, dem finalen Verhandlungstag der Koalitionsgespräche, wird jedenfalls klar sein, wie sich Grasser entschieden hat.
Ob die ÖVP auf das Finanzressort bestehen wird, ließ Schüssel am Freitag jedenfalls noch offen. Außer Streit stehe jedenfalls, dass ÖVP und SPÖ die gleiche Anzahl von Ministern bekommen sollen.
Iris Brüggler/APA