Kritik an Erdogan

Haft für Austro-Reporter wird zur Staatsaffäre

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Österreichischer Journalist Max Zirngast sitzt wegen „Terrorunterstützung“ in türkischer Haft. 

Um 5 Uhr morgens stürmten Anti-Terror-Einheiten der türkischen Polizei die Wohnung des österreichischen Journalisten Max Zirngast in Ankara und nahmen ihn zusammen mit zwei türkischen Kollegen erklärungslos in Gewahrsam.

Terrorvorwurf. Der Vorwurf: Unterstützung einer terroristischen Organisation. Jetzt sitzt Zirngast nach neuesten Informationen in der Polizeizentrale in Ankara, wo er von der türkischen Anti-Terror-Polizei festgehalten und verhört wird. Außenministerin Karin Kneissl am Mittwoch vor dem Ministerrat: „Wir ­verlangen die Freilassung von Max Zirngast!“

Staatsaffäre. Damit wird die Festnahme endgültig zur Staatsaffäre. Auch Bundeskanzler Sebastian Kurz fordert „die sofortige Freilassung“ Zirngasts, sollten die Vorwürfe gegen ihn nicht konkretisiert werden.

Wie am Mittwochabend ­bekannt wurde, sollen die türkischen Behörden einen Besuch der österreichischen Botschafterin in Ankara, Ulrike Tilly, abgelehnt haben. Der Anwalt des Österreichers, Teoman Özkan, indes bestätigt, mit seinem Mandanten gesprochen zu haben.

Hinweise auf weitere 
Verhaftungen

Spätestens am Samstag solle der Österreicher von der Staatsanwaltschaft vernommen werden. Anschließend soll ein Gericht entscheiden, ob er in Untersuchungshaft kommt. Auch eine Freilassung oder eine Abschiebung nach Österreich sei möglich.

Außenministerin Kneissl steht in intensivem Kontakt mit der Mutter des Steirers. Sie sei „gefasst“ und über die Vorgänge informiert. Trotz allem erwartet Kneissl nicht, dass die Beziehungen zur Türkei Schaden nehmen.

Unterdessen mehren sich die Hinweise auf weitere Verhaftungen. ÖSTERREICH berichtete bereits über eine Kurdin, die am Samstag vor ihrer Heimreise nach Linz festgenommen wurde. Berîvan Aslan twitterte am Mittwochabend von einem kurdisch-stämmigen Ehepaar (beide über 70) aus Wien, das bei seiner Einreise in die Türkei verhaftet wurde. Heute will sie mehr darüber berichten.

Berîvan Aslan: "Erdogan will Deal herausschlagen"

ÖSTERREICH: Was steckt hinter der Verhaftung von Zirngast?

Berîvan Aslan: Das ist eine politische Taktik, um stärker in die politischen Verhandlungen mit Österreich einzusteigen. Die Türkei steckt gerade in einer Wirtschaftskrise. Sie werden den Zirngast-Fall als Druckmittel hernehmen. Erdoğan will einen Deal herausschlagen.

ÖSTERREICH: Sie kennen Max Zirngast. Er hatte Ihnen vor der Verhaftung eine Nachricht geschickt.

Aslan: Ja, darin sieht man, dass er einfach Mitglied in einer Umweltorganisation ist und sich Hilfe aus dem Ausland erhofft. Er war kein Liebling der radikalen Islamisten und Erdoğan-Anhänger, weil er die Grauen Wölfe und Erdoğan immer wieder kritisierte. Aber er hat mit Terrorismus nichts zu tun.

ÖSTERREICH: Befürchten Sie, dass er lange in Haft bleibt?

Aslan: Das hängt von unserer Regierung ab. Bisher hat man bei ähnlichen Fällen nichts unternommen – im Gegenteil: Man hat nochmals wirtschaftliche Verträge unterzeichnet, anstatt das aufzuzeigen. Es kann nicht sein, dass die Türkei so mit unseren Staatsbürgern umgeht und dann den roten Teppich ausgerollt bekommt. Es dürfen keine weiteren Verhandlungen begonnen und keine Verträge unterzeichnet werden

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