Minister im Interview

Hofer zum Zeitumstellungs-Aus: 'Werde da jetzt Dampf machen'

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Die EU läutet das Ende der umstrittenen Zeitumstellung ein. Auch Österreichs Minister dafür.

Die EU macht ernst: Sie will die umstrittene halbjährliche Zeitumstellung abschaffen. „Die Leute wollen das, wir machen das“, sagte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker am Freitag. Zuvor hatten sich von 4,6 Millionen Teilnehmern einer EU-weiten Online-Umfrage 84 Prozent dafür ausgesprochen, die Zeitumstellung abzuschaffen.

Überwältigende Mehrheit. Die Zeitumstellung brennt den Europäern unter den ­Nägeln: Nie zuvor nahmen so viele Menschen an einer Umfrage der EU teil. Auch besonders viele Österreicher stimmten ab: Rund drei Prozent der Bevölkerung hierzulande – mehr als 264.000 Menschen – nahmen teil. Nur in Deutschland stimmte ein noch größerer prozentualer Anteil der Bevölkerung ab. Und: 77 Prozent der Österreicher – eine überwältigende Mehrheit – sind dafür, die Zeitumstellung abzuschaffen.

Hofer zum Zeitumstellungs-Aus: 'Werde da jetzt Dampf machen'
© oe24

Österreichs Minister wollen ganzjährige Sommerzeit

Österreichs zuständige Minister – Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck und Verkehrsminister Norbert Hofer – sind schon seit Langem für die Abschaffung: „Das ist ein Projekt, das ich besonders unterstütze“, sagt Hofer nach der Entscheidung zu ÖSTERREICH (siehe Interview).

Unklar ist, ob in Zukunft die Winterzeit oder die Sommerzeit gelten wird. Beide Minister plädieren für eine permanente Sommerzeit. Die EU solle sich an den 60 Ländern orientieren, die bereits dauerhafte Sommerzeit haben, so Schramböck.

Kein Nutzen

„Der Grundgedanke für die Zeitumstellung waren Energiespar­effekte. Dieser Nutzen ist heute nicht mehr gegeben“, sagte sie. Es gebe keinen wirtschaftlichen Nutzen, so die Ministerin. Im Gegenteil: Eine Studie des Linzer Volkswirtschaftlers Friedrich Schneider kommt zu dem Schluss, dass die permanente Sommerzeit in Österreich rund 630 Millionen einsparen könnte (siehe Kasten).

Zeitrahmen

Die EU-Kommission werde nun „zur gegebenen Zeit“ einen entsprechenden Gesetzesvorschlag vorlegen, danach müssen die Länder und das EU-Parlament zustimmen. „Ich nehme an, dass das länger dauert als bis März 2019“, so ein Sprecher.

Hofer Zeitumstellung
© Fotomontage: oe24

Norbert Hofer: "Ich werde da jetzt Dampf machen"

ÖSTERREICH: Was halten Sie vom Vorstoß zur Abschaffung der Zeitumstellung?

Norbert Hofer: Das ist ein Projekt, das ich besonders unterstütze. Ich freue mich, dass sich meine Meinung durchgesetzt hat. Jetzt geht es darum, das möglichst rasch auf Schiene zu bringen. Ich werde vorschlagen, das bei den Treffen des Verkehrsministerrats im Oktober und Dezember auf die Tagesordnung zu bringen. Ich werde da jetzt wirklich Dampf machen.

ÖSTERREICH: Glauben Sie, dass alle Länder zustimmen?

Hofer: Ja, davon bin ich fest überzeugt. Das Parlament war immer dieser Ansicht. Es war die Kommission, die gebremst hat. Aber jetzt ist klar: Alle sind dafür, wir müssen es nur umsetzen.

ÖSTERREICH: Aber welche Zeit soll denn dann gelten?

Hofer: Die Sommerzeit! Wir werden natürlich eine gemeinsame europäische ­Lösung finden. Aber ich weiß, dass eine große Mehrheit für die Beibehaltung der Sommerzeit ist.

ÖSTERREICH: Warum ist die Zeitumstellung schlecht?

Hofer: Einerseits gesundheitlich: Kinder müssen ­eine Stunde früher aufstehen, sitzen verschlafen in der Schule. Im Verkehr – Stichwort Unfallgefahr – ist es auch nicht gut, wenn sich die innere Uhr umstellen muss. Für die Wirtschaft kann es nur von Vorteil sein, wenn wir dieses Relikt in die Mottenkiste packen.

ÖSTERREICH: Entscheidet sich ein Nachbarland für eine andere Zeitzone, droht aber Chaos.

Hofer: Ich bin überzeugt, dass es eine einheitliche ­europäische Lösung gibt. Das wird funktionieren. (baa)

 

Wirtschaftsprofessor: "Ganzjährige Sommerzeit bringt uns 700 Mio. Euro"

Seit ihrer Einführung in Österreich im Jahr 1980 streitet das Land darüber, ob das halbjährliche Zeigerdrehen eigentlich einen Nutzen hat. Der Linzer Volkswirtschaftsprofessor Friedrich Schneider rechnete es ganz genau aus und kam in einer Studie zum Schluss: Die Zeitumstellung kostet mehr, als sie nutzt. Dagegen brächte die ganzjährige Sommerzeit „österreichweit fast 700 Millionen Euro“, so Schneider zu ÖSTERREICH. „Viele Leute haben nach der Umstellung eine Art Mini-Jetlag“, erklärt er. Folge: „Die Leute sind weniger produktiv, sie brauchen für alles viel länger.“ Dazu kämen Verspätungen sowie Umstellungskosten in der Landwirtschaft und im Verkehr. Und: „Das Ziel, Strom- und Heizkosten zu sparen, hat sich als Luftschloss erwiesen“, so Schneider. (baa)

Es droht Chaos

Die SPÖ-Delegationsleiterin im EU-Parlament, Evelyn Regner, begrüßte ebenfalls die Ankündigung der EU-Kommission. "Das unsägliche Zeitumstellen zweimal im Jahr ist nicht mehr zeitgemäß. Energiesparende Effekte sind ausgeblieben und auch für die Gesundheit von Mensch und Tier ist die Umstellung wenig förderlich."

Die EU-Kommission hat jetzt einmal nur ein Vorschlagsrecht. Das Europaparlament und die EU-Staaten müssen dann zustimmen. Sollte das Hin und Her um eine Stunde tatsächlich abgeschafft werden, könnte jedes Land für sich entscheiden, ob es dauerhaft die Standardzeit - also Winterzeit - oder die Sommerzeit einführen möchte. Die Entscheidung, welche von beiden Zeiten dauerhaft gilt, ist eine nationale Angelegenheit und würde von einer Abschaffung der Zeitumstellung nicht berührt. Gut möglich, dass es dann noch mehr zeitliche Unterschiede geben würde. Schon jetzt gibt es drei Zeitzonen in der EU.

Die Sommerzeit wurde 1973 im Zuge der Ölkrise eingeführt, um Energie zu sparen. Mit der Zeitverschiebung sollte eine Stunde Tageslicht für Unternehmen und Haushalte gewonnen werden. Die erste Sommerzeit führte damals Frankreich ein. In den folgenden Jahren gab es quer durch Europa unterschiedliche Umstellungssysteme. Mit dem Zusammenschluss zur Europäischen Union wurde dieser Umstand beseitigt: Seit 1998 gibt es unter den EU-Mitgliedsstaaten einen harmonisierten Zeitpunkt: Die Uhren werden dabei immer am letzten Sonntag im März vor und am letzten Sonntag im Oktober wieder zurückgestellt.

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