Spitzengewerkschafter Wolfgang Katzian denkt über massive Senkungen der Jahres- und Lebensarbeitszeit nach.
Das Modell "40-40-40" sieht 40 Jahre Lebensarbeitszeit, 40 Wochen jährliche Arbeitszeit und 40 Stunden wöchentliche Arbeitszeit vor. Das brächte zahlreiche Vorteile für die Gesellschaft, erklärte der Vorsitzende der Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier (GPA-DJP) am Donnerstag bei einem Workshop im Rahmen der Alpbacher Wirtschaftsgespräche.
Absage an Anhebung des Pensionsalters
Den Überlegungen der
Industriellenvereinigung (IV), dass gesetzliche Pensionsalter auf 67 Jahre
anzuheben, erteilte Katzian heute eine klare Absage. Das wäre kein Beitrag
zur Erhöhung der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer.
Durch die immer längere Arbeitszeit würden sich Fälle von arbeitsbedingtem "Burnout" häufen, begründete Katzian heute seinen "Denkanstoß". Eine Senkung der jährlichen Arbeitszeit auf 40 Wochen würde den Beschäftigten wesentlich mehr Zeit zur Regeneration bieten. Motivation, Kreativität und Arbeitszufriedenheit würden sich stark verbessern, die Zahl krankheitsbedingter Frühpensionierungen würde zurückgehen. Die Zahl der Invaliditätspensionen erreichte in Österreich mit knapp 430.000 einen neuen Rekordwert. Zudem würden sich die Möglichkeiten für Weiterbildung und Leben begleitendes Lernen stark verbessern. Das würde auch Vorteile für die Arbeitgeber bedeuten, sagte Katzian.
Arbeitnehmer beteiligen
Eine Verkürzung der Arbeitszeit wäre
auch eine Möglichkeit, die Arbeitnehmer nachhaltig an Produktivitäts- und
Gewinnsteigerungen zu beteiligen, meinte Katzian. Ebenfalls heute hatten
Vizekanzler Finanzminister Wilhelm Molterer (V) und Wirtschaftsminister
Martin Bartenstein (V) eine stärkere Beteiligung von Mitarbeitern am Gewinn
ihres Unternehmens vorgeschlagen. Damit soll der ungleiche Anstieg von
Unternehmensgewinnen und dem vergleichsweise langsamen Lohnanstieg
ausgeglichen werden.
Katzian ist überzeugt, dass eine solche Arbeitszeitreduktion einen positiven Effekt für den Arbeitsmarkt hätte und dadurch mehr Vollzeitarbeitsplätze entstehen würden. Derzeit gebe es eher eine Arbeitsverkürzung über Frühpensionierungen und unfreiwillige Teilzeitbeschäftigung.
"Mehr ältere Arbeitnehmer in Beschäftigung halten"
Das
Modell "40-40-40" wäre für Katzian auch ein wesentlicher Beitrag, ältere
Arbeitnehmer länger in Beschäftigung zu halten. Um die Erwerbsquote älterer
Menschen vom vergleichsweise niedrigen Niveau in Österreich anzuheben, wären
Anreize notwendig. Damit könnte das faktische Pensionsantrittsalter erhöht
werden, meint Katzian.
"Menschen, die bis weit jenseits der 60 Jahre arbeiten sollen, können nicht alle Pläne auf die Zeit der Pension verschieben", so Katzian. Im Sinne von "Work Life-Balance" müssten Leben und Beruf besser in Einklang gebracht werden. Dabei gehe es weniger um eine Verlängerung des Urlaubes, als vielmehr um eine mögliche aktive Beteiligung am gesellschaftlichen Leben. Das könne auch die Weiterbildung oder die Wahrnehmung familiärer Verpflichtungen betreffen, so der GPA-Vorsitzende, der auf bestehende Sabbatical-Regelungen verweist.
Finanziert werden könnte das Modell aus erwarteten Produktivitätssteigerungen, zudem würden geringere Lohnnebenkosten die öffentlichen Haushalte entlasten.