Talk zu Asyl & Abschiebung

Kickl: Der FPÖ-Innenminister spaltet das Land

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Der Innenminister hat mit seinen Asylplänen das halbe Land gegen sich aufgebracht.

Harte Ansagen, enorme Aufregung – ein Rüffel per Telefon von Kanzler Kurz am Mittwoch, eine „Nachhilfe“ von Bundespräsident Van der Bellen in Sachen Verfassungsrecht. Und am Freitagnachmittag ruderte er dann zurück.

Herbert Kickl hat die politisch Debatte der letzten Woche dominiert. Im Zuge von fünf Frauenmorden forderte der FPÖ-Innenminister leichtere Abschiebungen straffällig gewordener Flüchtlinge, und er bezeichnete Flüchtlingskonventionen als „Rechts­konstruktionen der 50er-Jahre“: „Ich glaube immer noch, dass der Grundsatz gilt, dass das Recht der Politik zu folgen hat und nicht die Politik dem Recht.“ Der Wirbel war perfekt – und kommende Woche gibt es auch noch einen Misstrauensantrag gegen Kickl. Er wird ihn überleben. ÖVP-Staatssekretärin Karoline Edtstadler legte gestern zwar ein Bekenntnis zu den Menschenrechten ab – leichtere Abschiebungen von Straftätern will aber auch sie.

Kickl erklärt auf oe24.TV alle seine Pläne im Detail

ÖSTERREICH-Herausgeber Wolfgang Fellner hat mit dem Minister zu Wochenbeginn ein langes TV-Interview geführt, in dem dieser detailliert erklärt, wie weit er bei den Verschärfungen gehen will. Und Kickl sagt, dass er „menschenrechtliche Vorgaben“ diskutieren will. Sehen Sie selbst: oe24.TV sendet das Interview heute um 21 Uhr.

Kickl: "Sind menschenrechtliche Vorgaben auf Höhe der Zeit?"

oe24.TV: Am Montag hat es in Tulln (NÖ) den nächsten Mordanschlag auf eine Frau gegeben: Ein Mazedonier ersticht seine Frau. Das wird jetzt wirklich dramatisch.

HERBERT KICKL: Ja natürlich ist das dramatisch. Es ist wieder ein Fall, wo ein Ausländer zugeschlagen hat. In dem Fall war es kein Asylwerber oder Asylberechtigter – diese Fälle hatten wir ja auch –, sondern jemand, der über die qualifizierte Zuwanderung gekommen ist. Wir müssen uns schon die Frage stellen, ob in der Vergangenheit bei der Integration alles richtig gelaufen ist. Ich glaube, dass das nur eine Fantasie von linken Träumern und Spinnern war. Wir haben Menschen bei uns im Land, bei denen die Frau als Besitz des Mannes angesehen wird. Wir sind bei dem, was wir an Integrationsmaßnahmen fordern, viel zu defensiv unterwegs gewesen.

oe24.TV: Die deutliche Mehrzahl der Taten, nämlich 60 Pro­zent, ist aber von Österreichern durchgeführt worden.

KIcKL: Ich habe heute eine Statistik gesehen, nach der 48 Prozent der Täter Ausländer sind. Setzen Sie das in Relation zur Bevölkerung, dann sehen Sie, dass das ein Riesenproblem ist. Wenn es um Asylwerber und Asylberechtigte geht, fehlt mir überhaupt jedes Verständnis dafür, dass Leute, die hierherkommen, um Schutz zu suchen, Menschen umbringen. Deshalb habe ich mich für Verschärfungen ausgesprochen.

oe24.TV: Ihnen platzt jetzt da also der Kragen?

KICKL: Ehrlich gesagt, mir steht es bis hierher. Mir reicht es.

oe24.TV: Im Fall des Täters von Wiener Neustadt war der Asylberechtigte vorbestraft, er konnte nicht abgeschoben werden, weil die Strafen zu geringfügig waren. Jetzt sagt man, Kickl ist schuld, weil es hätte ohnehin bereits ein besseren EU-Entwurf gegeben, der abstimmungsreif gewesen wäre, den Sie nicht abstimmen haben lassen.

Kickl: Wie meistens: Wenn man die halbe Wahrheit ­erzählt, ist das gar keine Wahrheit. In dem EU-Entwurf ging es um Wiederholungstäter mit dem Status subsidiär schutzberechtigt. Und das, was Österreich immer haben wollte, ist, dass wir auch diejenigen, die asylberechtigt sind, mit reinnehmen. Dafür hätte es aber keine Mehrheit gegeben.

oe24.TV: Sie wollen also ein verschärftes Asyl- und Abschieberecht?

KICKL: Das Asylrecht zu verschärfen, hat zwei Komponenten: Da geht es um die Aberkennung des Status von Asylberechtigten. Sie haben vorher gesagt, das braucht eine schwere Straftat dafür, damit man so etwas erfolgreich einleiten kann. Hier soll niederschwelliger hineingefahren werden.

oe24.TV: Ein Ladendiebstahl soll also reichen?

KIcKL: Eine Straftat, würde ich sagen, keine Verwaltungsstrafe. Derjenige muss verurteilt sein. Da schauen sich die Experten an, was da machbar ist. Je schärfer und niederschwelliger, desto lieber ist mir das. Am besten schon in der ersten Instanz.

oe24.TV: Rechtskräftig oder in erster Instanz?

KIcKL: Mir wäre lieber, schon in erster Instanz.

oe24.TV: Bei einer Straftat soll es die Aberkennung des Asylstatus und damit die Abschiebung geben?

KIcKL: Dort will ich hinkommen. Ich erwarte mir hier eine breite Unterstützung quer durch alle Parteien.

oe24.TV: Wann wollen Sie das ins Parlament bringen?

Kickl: Je früher, desto besser. Es gibt aber auch die­jenigen, die noch als Asylwerber unterwegs sind, die bemühen sich noch um den Schutz und werden gleichermaßen straffällig. Auch dort muss es eine Methode geben, dass wir sagen, wir kappen jetzt dieses Verfahren. Da gibt es dann quasi ein Schnellverfahren, und am Ende steht ein negativer Asylbescheid.

oe24.TV:  Die straffällig gewordenen Asylwerber wollen Sie dann gleich abschieben.

KIcKL: Die Frage ist, was machen wir, wenn das Land denjenigen nicht zurücknimmt? Erstens glaube ich, kann man bei dem einen oder anderen Land genauer hinschauen. Da wird es auch einen internationalen Verbund brauchen, z. B. was Syrien betrifft. Variante 2: Eine Option auszumachen, in andere Drittstaaten abzuschieben, nicht unbedingt in jenen Staat, aus dem er herkommt. Drittens: Wenn man ihn gar nicht außer Landes bringt, müsste man ihn örtlich so binden, dass man sagt: Du kannst dich frei bewegen, nur nicht in Österreich.

oe24.TV: Wollten Sie nicht generell ein Ausgangsverbot für Asylwerber?

Kickl: Das ist etwas anders – das betrifft schon den Eintritt ins Asylverfahren. Salopp gesagt, habe ich keine Lust, dass meine Beamten hinter jedem in halb Österreich hinterherrennen, damit sich der am Verfahren beteiligt. Dem begegnet man dadurch, dass das in einer Örtlichkeit stattfindet, wo alles miteinander verbunden ist. Traiskirchen ist so eine Einrichtung, wo man das machen kann. Damit kommen wir dann auch aus.

oe24.TV: Ihrer Meinung nach ist die Migration aber zu hoch. Wie viel haben wir gehabt im Jahr 2018?

Kickl: Wir haben etwa 13.000 neue Asylanträge. Dazu muss man aber sagen, Herr Fellner, weil Sie das immer gegenrechnen mit denen, die wir außer Landes gebracht haben: Das sind dann in etwa 6.000 physisch neue Personen, beim Rest ist auch Familiennachzug dabei oder Kinder, die hier geboren wurden.

oe24.TV: Aber das ist Ihnen immer noch zu viel?

KICKL: Wir werden das erst in den Griff bekommen, wenn wir nicht nur die ­außer Landes bringen, die hier nichts verloren haben, weil sie straffällig sind oder rechtskräftig negativ beschieden sind. Wir müssen den Zuzug kappen. Und deswegen sage ich ja die ganze Zeit, es darf nicht mehr möglich sein, dass man auf österreichischem Boden einen Asylantrag stellt – das ist der Schlüssel, der dann alle Schlösser sperrt. Dann versagt so­zusagen alles andere, was rechtsstaatlich gegeben ist, und ich habe eine Eintrittskarte. Das kann so nicht weitergehen, wir müssen EU-weit zu einem System kommen, wo man sagt, der Asylantrag ist nahe dort zu stellen, wo man herkommt. Dann gibt es da keine Afghanen mehr.

oe24.TV: Das heißt, Sie wollen Asylanträge von Afghanen in Zukunft nicht mehr annehmen?

KICKL: Ich möchte in der Zukunft in diese Richtung gehen, und ich bin bereit, mich mit jedem anzu­legen, der glaubt, dass das alles nicht geht.

oe24.TV: Sie bleiben also dabei: Nach ein paar Jahren soll die Zuwanderungsrate gleich null sein?

Kickl: Das ist das große Ziel. Wir sehen ja, wie schwer es ist, jeden Einzelnen, der nicht hierhergehört, wieder hinauszubringen. Da wäre man ja blöd, wenn man nicht auf der ­anderen Seite alle Hebel in Bewegung setzt, damit keiner mehr ins Land kommt, der nicht wirklich die Ausnahme ist. Wenn wir von Asyl reden, reden wir doch eigentlich von einem Edward Snowden, also von ­absoluten Einzelpersonen. Und alles andere, was da jetzt als Flüchtling auftritt, sind transkontinentale Bewegungen. Das ist ganz was anderes als die Flüchtlingsbewegungen, mit denen wir als Österreicher historisch konfrontiert gewesen sind.

oe24.TV: Was war denn konkret anders?

Kickl: Damals waren das unsere Nachbarn. Und unser Problem ist, dass wir eine Rechtsordnung haben, die auf eine vordigitalisierte Welt ohne diese ganzen Kommunikationsmittel zugeschnitten ist. Und mit diesen Rechtsinstrumentarien versucht man jetzt, eine Massenwanderung in den Griff zu kriegen. Wir müssen über diese europarechtlichen und menschen­rechtlichen Vorgaben diskutieren können: Ist das auf der Höhe der Zeit, oder ist es das nicht mehr?

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