In Nepal

Kneissl besucht marxistisch-leninistische Regierung

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Außenministerin Karin Kneissl besucht am Donnerstag Nepal.

Der Besuch von Außenministerin Karin Kneissl ab Donnerstag in Nepal entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie: Die parteifreie Außenministerin, die auf einem Ticket der international als rechtspopulistisch eingestuften FPÖ in der Regierung mit der ÖVP sitzt, wird in dem Himalayastaat am Freitag die Spitzen einer marxistisch-leninistisch orientierten Regierung mit maoistischen Einsprengseln treffen.
 

Kommunistisches Bündnis

Premier Khadga Prasad Sharma Oli, der am Freitag auch seinen 67. Geburtstag feiert, war vor rund einem Jahr in der Hauptstadt Kathmandu vereidigt worden. Nach einem gemeinsamen Wahlsieg von Ende 2017 hatten sich die beiden kommunistischen Parteien Nepals zusammengeschlossen. Die regierende Vereinigte Marxistisch-Leninistische Partei (CPN-UML) und die Partei ehemaliger maoistischer Rebellen stellen seither die Regierung. Die Maoisten hatten bis 2006 einen zehn Jahre dauernden Krieg gegen die Regierung geführt.
 
Beide Parteien waren bei der Parlamentswahl 2017 als Bündnis angetreten und hatten 174 der 275 Sitze errungen. Im Februar des Vorjahres wurde vereinbart, dass CPN-UML-Chef K.P. Sharma Oli zunächst für zweieinhalb Jahre als Regierungschef Nepals amtieren soll. Auch Außenminister Kumar Gyawali gehört den Vereinigten Marxisten-Leninisten an. Der frühere Maoistenführer Pushpa Kamal Dahal soll dann 2020 den zweiten Teil der Amtszeit übernehmen - er hatte das Amt bereits zuvor von 2008-2009 und von 2016-2017 inne. Der bisherige Ministerpräsident Sher Bahadur Deuba der sozialdemokratischen Kongresspartei war im Februar des Vorjahrs zurückgetreten.
 
Die Parlamentswahl war die erste in Nepal nach Verabschiedung einer neuen Verfassung als säkulare, föderale Republik im Jahr 2015. Während des Kriegs der maoistischen Rebellen gegen die Regierung kamen mehr als 16.000 Menschen ums Leben. 2008, zwei Jahre nach Kriegsende, wurde die hinduistische Monarchie abgeschafft.
 

Folgen des Erdbebens

Anfang Februar streikten landesweit die Ärzte für Reformen im Gesundheitswesen. Tausende Menschen stellten sich mit dem Protest hinter den Mediziner Govinda KC, der seit Jahren für eine bessere Gesundheitsvorsorge in dem armen Land kämpft. Der 61-Jährige ist landesweit für seine wohltätige Arbeit bekannt. In den vergangenen Jahren trat er bereits über ein Dutzend Mal in den Hungerstreik, um Druck auf die Regierung auszuüben. Der nepalesische Ärzteverband NMA rief zu den Protesten auf, nachdem das Parlament einer umstrittenen Gesetzesvorlage zur medizinischen Ausbildung zugestimmt hatte.
 
Das knapp 30 Millionen Einwohner zählende Land Nepal leidet weiter unter den Folgen des Erdbebens von 2015, bei dem 9.000 Menschen starben. Nach zweieinhalb Jahren sind erst rund 73.000 der mehr als einer halben Million eingestürzten Häuser wiederaufgebaut worden. Hunderttausende Menschen leben noch immer in Notunterkünften. Forschern der ETH Zürich zufolge könnten dem Land aber noch stärkere Beben drohen, wenn nicht unmittelbar.
 
Bei einem bilateralen Networking Dinner sollen am Donnerstagabend während des Besuchs von Kneissl, die am Donnerstag auch an einem Round Table mit Frauenorganisationen teilnehmen wird, auch künftige Optionen für eine Wirtschaftskooperation zwischen Österreich und Nepal ausgelotet werden. Das Handelsvolumen mit Nepal ist mit für das Jahr 2018 hochgerechneten 6,5 Millionen Euro bescheiden. In den ersten zehn Monaten 2018 wurden laut Außenministerium (BMEIA) und Wirtschaftskammer (WKÖ) Waren im Wert von 3,2 Millionen Euro exportiert und 2,1 Millionen Euro importiert. Für März 2019 ist der Besuch einer Mission der Wirtschaftskammer geplant. Das Wirtschaftswachstum lag 2018 bei 6,3 Prozent. Durch die offene Grenze zu Indien und enge wirtschaftliche Verflechtung mit seinem großen Nachbarn profitiert Nepal überdurchschnittlich vom Wirtschaftsboom Indiens.
 
Zuletzt konnte Nepal Diplomaten zufolge auf entwicklungspolitischer Ebene Fortschritte erzielen und hat viele der Millennium Development Goals erreicht. Mit einem für 2018 auf 920 USD (817 Euro) geschätzten BIP pro Kopf gehört Nepal aber weiterhin zu den Least Developed Countries und ist das ärmste Land in Südasien (zum Vergleich: Österreich BIP 42.060 Euro pro Einwohner). Gelder aus der Entwicklungszusammenarbeit (EZA) stellen einen bedeutenden Anteil des Budgets dar: Das gesamte EZA-Volumen pro Jahr wird auf 2,7 Mrd. USD (rund 30 Prozent des nationalen Budgets) geschätzt.
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