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Dauerstreit

Koalition am Ende

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Die Koalition agiert nur noch gegeneinander. Wie sich Kern und Mitterlehner attackieren.

„Diese Koalition hält vielleicht noch ein paar Wochen“, sagte gestern – laut SPÖ-Insidern – SPÖ-Kanzler Christian Kern zu seinen Vertrauten. „Die Signale von Kern sind eindeutig. Wir müssen uns auf Neuwahlen einstellen“, berichtete VP-Vizekanzler Reinhold Mitterlehner – laut schwarzen Strategen – seinem Team. Die Zeichen legen nur eins nahe: Die kleiner gewordene große Koalition ist am Ende.

Kanzler Kern plant weitere 
 »Sach«-Konfrontationen

In den vergangenen Tagen eskalierte die Situation endgültig: Nachdem die Koalitionsspitzen, Kern und Mitterlehner, nun auch getrennt beim Ministerratsfoyer auftreten, gehen auch die Inhalte weit auseinander:

  • Kern möchte die Notverordnung erst in Kraft treten lassen, wenn die Obergrenze von 37.500 Asylwerbern tatsächlich erreicht ist. Die ÖVP möchte diese hingegen in den kommenden Wochen umsetzen.
  • Der SP-Kanzler forderte via deutscher FAZ – und will dabei bleiben – ein Ende der EU-Sparpolitik und Maschinensteuern.
  • Zudem möchte der SPÖ-Chef in den kommenden Wochen auch noch SPÖ-Positionen in Sachen Bildung und Arbeitsmarkt fordern. Die ÖVP fühlt sich „provoziert“, sagt Mitterlehner.

ÖVP-Chef möchte mit 
 »Sozialstaat« neu kontern

Die ÖVP verschärft indes die öffentlichen Angriffe – wir berichteten – gegen den Kanzler. Zunächst beschwerte sich Mitterlehner über den „schlechten Stil von Kern“, dann rückte er ihn in die Nähe des Kommunismus. VP-Finanzminister Hans Jörg Schelling wiederum kritisiert Kern als „linken Ideologieträger“.

Die Schwarzen wollen nun mit eigenen Provokationen antworten. Die ÖVP plant etwa eine Debatte über den „Sozialstaat neu“, will nun eine Arbeitszeitflexibilisierung und plant eine neue Debatte über Flüchtlinge und Integration.

Beide Parteien bereiten sich denn auch bereits auf ein Platzen der Koalition vor.

Rot-schwarzer Krieg jetzt auch im ORF: Regenbogenkoalition gegen VP für Wrabetz-Team

Die Koalitionskrise hat gestern auch den ORF ­erreicht. Bis in die Morgenstunden hatte Alexander Wrabetz versucht, die ÖVP ins Boot zu holen. Der neue, alte ORF-Boss hatte gestern schließlich seine vier zentralen Direktoren und seine neun Landesdirektoren im ORF-Stiftungsrat präsentiert. Und Wrabetz wollte die ÖVP überzeugen, ihnen zuzustimmen. Vergebens.

Gestern wählte stattdessen eine breite Allianz – SPÖ, Grüne, Neos, FPÖ, Betriebsräte und sogar zwei VP-Stiftungsräte – die vier neuen Direk­toren von Wrabetz. Kathrin Zechner bleibt Fernsehdirektorin, Technischer Direktor ist weiterhin Michael Götzhaber, neue Radiochefin wird – wie von ÖSTERREICH angekündigt – FM4-Chefin Monika Eigensperger. Die Überraschung des gestrigen Tages: Andreas Nadler, bisherige Nummer zwei in der Finanzdirektion, wird Nachfolger von Richard Grasl.

ÖVP hatte zu hoch 
gepokert und geht leer aus

Die ÖVP hatte, laut ORF-Insidern, zu hoch gepokert. Die schwarzen Stiftungsräte hatten Roland Weissmann als Kaufmännischen Direktor gefordert. Dazu wollten sie die Radiodirektion mit Lisa Totzauer oder Stefan Ströbitzer besetzen. Zudem forderte die ÖVP auch die Personalhoheit für sich.

FPÖ wählte für Wrabetz, Schwarz-Blau dahin

Das wurde offenbar selbst der FPÖ – sie hatte im Sommer noch mit der ÖVP für Richard Grasl als ORF-Chef gestimmt – zu viel. Sie unterstützte das Team von Wrabetz. Dafür soll Thomas Prantner aufgewerteter Online-Chef werden. Offen bleibt, ob Wrabetz nun eine Gebührenerhöhung im Stiftungsrat durchbekommen wird.

I. Daniel

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