Ohne Abstimmung

Koalitionskrach: Sobotka prescht mit Gesetz vor

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Innenminister genervt: "Werde permanent in Sicherheitsfragen nur blockiert"

Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) schickt eine Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz (SPG) in Begutachtung, ohne das zuvor mit dem Koalitionspartner SPÖ akkordiert zu haben. Das kündigte Sobotka am Montag vor Journalisten an. "Ich werde permanent in Sicherheitsfragen blockiert", sagte der Minister. Das Gesetz liege seit 9. März beim Spiegelminister, "und es tut sich nichts".

Im Prinzip geht es bei der Novelle um Neuerungen zur Videoüberwachung, zur Autokennzeichenerfassung sowie zum Community-Policing-Projekt "Gemeinsam Sicher". Bei der Videoüberwachung sollen die Herausgabe und die Verwendung von Daten, die Private gesammelt haben, auf freiwilliger Basis für alle sicherheitspolizeilichen Zwecke möglich werden. Für Verkehrsträger wie die ÖBB, die ASFINAG, Verkehrsverbände und -betriebe sowie Flughäfen soll die unverzügliche Herausgabe von Videomaterial für sicherheitspolizeiliche Zwecke verpflichtend werden.

Sobotka wünscht sich auch eine Änderung im Datenschutzgesetz: Demnach sollen die Sicherheitsbehörden in das Registrierungsverfahren eingebunden werden, das bisher die Datenschutzbehörde allein bestreitet. Sobotka will eine Einzelprüfung für jeden Fall und die Möglichkeit, dass die Datenschutzbehörde eine Mindestspeicherdauer bis zu vier Wochen festlegen kann, wenn dies erforderlich ist und die Sicherheitsbehörde das entsprechend begründet.

Bei der Autokennzeichenerfassung will der Innenminister die Möglichkeit, dass nicht nur die Kennzeichen, sondern auch Zusatzinfos wie die Automarke und die -farbe für 48 Stunden gespeichert und verwendet werden dürfen. Damit soll es nach Sobotkas Vorstellungen leichter werden, Fluchtrouten von Verbrechern nachzuvollziehen.

Einer der Hauptkritikpunkte der SPÖ umfasst "Gemeinsam Sicher". In der SPG-Novelle geht es nun darum, die sogenannten Sicherheitsforen rechtlich zu verankern, damit bei diesen Treffen gewonnene Informationen von den Polizeibehörden auch verwendet werden dürfen. "Wer sich gegen 'Gemeinsam Sicher' stellt, verhindert effiziente Aufklärung und Prävention", richtete Sobotka dem Koalitionspartner aus.

Der Innenminister erneuerte seine Angriffe gegen Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ). Dieser befinde sich im "Permanenzwahlkampf", es gebe keine Regierungslinie. Er selbst folge nun dem Beispiel der "jungen Ministerin" Pamela Rendi-Wagner (SPÖ), die gut erkannt habe, "wozu lange warten, wenn das schon so lange verhandelt ist", und eine Vorlage ohne Abstimmung mit der ÖVP in Begutachtung geschickt habe (jene zu neuen Regeln zur Unterstützung von Kleinbetrieben im Krankheitsfall). Er interpretiere das Regierungsprogramm als Linie, so Sobotka.

Der Minister betonte, mit seinem SP-Pendant Hans Peter Doskozil im Verteidigungsministerium keine Probleme zu haben. Dieser werde "ja immer instrumentalisiert".

Sobotka nahm auch zu seinem Junktim bei der Abschaffung der kalten Progression Stellung. Dass das mit einer Reform des Sozialsystems gekoppelt sein sollte, sei eine Position des NÖAAB. Das Regierungsprogramm sei nicht das in Stein Gemeißelte, "man braucht hier immer wieder Anpassungen".
 

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