Details zum "Berner Club"

Kritik: Keine Kontrolle über Club der 30 Geheimdienst-Chefs

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Die Treffen finden in ganz Europa statt, die Chefetage des MI5, BVT, FIS und BfV kennt sich. In ­aller Freundlichkeit werden Infos ausgetauscht. Und es wird geplant. Ohne je uns, den Bürgern, darüber Rechenschaft geben zu müssen.

Wien. In der Sigmund-Freud-Loge im Café Landtmann beim Burgtheater setzt sich Kollege Lorenz Naegeli zu mir. Der Journalist der Schweizer Wochenzeitung WOZ schreibt an einer großen Story über den „Berner Club“. In dieser inoffiziellen, 1969 gegründeten Vereinigung plaudern die Bosse von 30 europäischen Geheimdiensten über die aktuellen Bedrohungen und mögliche Gegenmaßnahmen. Deutschland, die Schweiz, Italien, Frankreich, Großbritannien und Österreich sind dabei, auch Israels Geheimdienst spiele beim „Club“ angeblich eine große Rolle.
Keine Aufsicht. „Der Club de Berne operiert praktisch ohne jede demokratische Aufsicht“, bestätigt der Schweizer Kollege beim Treffen die bisherigen Recherche-Ergebnisse. Naegeli: „Da mischen auch US-Nachrichtendienste mit.“
 

Durch Skandalbericht über BVT in Österreich bekannt geworden

Wie viel Angst die Schattenmänner des „Clubs“ vor einem Angriff auf ihre geheimen Daten haben, deckte erst kürzlich ÖSTERREICH auf: Wir zitierten aus einem vertraulichen Prüfbericht über die Sicherheit im österreichischen Verfassungsschutz BVT, die für die Führungs-Crew in Wien katastrophal ausgefallen ist.
 
Unter anderem skizzierten die Experten des britischen MI5 und des Schweizer Geheimdienstes FIS („Intelligence Service of the Federation“) nach ihrem Kontrollbesuch in Wien, wie simpel es für Hacker wäre, über die PC-Drucker des Wiener BVT in das extrem geheime Club-Netzwerk „Poseidon“ einzudringen. Sogar die Database der CTG („Counter Terrorism Group“) in Den Haag wäre so zu knacken …
 
Dass die Herren aus dem „Club“ etwas sauer waren und das BVT sogar Anzeige wegen des „Verdachts des Landesverrats“ erstattet hat, davon hat Journalist Naegeli gelesen: „Das war eine Blamage für das BVT.“ Und der Schweizer Kollege fasst dann zusammen: „Das zentrale Problem ist, dass es zwar nationale Gesetze gibt, doch für die multilaterale Geheimdienstzusammenarbeit innerhalb des ,Berner Clubs‘, die bewusst nicht an Institutionen wie EU oder NATO angebunden ist, gibt es keine gesetzliche Grundlage.“
 

Die Geheimdienstchefs wissen alles über Politiker & Skandale

Der „Club“ der mächtigsten Geheimdienstchefs Europas ist niemandem Rechenschaft schuldig. Nicht dem Parlament, keinem „nationalen Sicherheitsrat“, keinem Präsidenten. Für den Verein dieser Männer mit dem brisantesten Wissen über Spitzenpolitiker, ihre vertuschten Skandale und über Terrorgefahren existiert keine Aufsicht.
 
Was wäre also, wenn nicht alle 30 Geheimdienst-Chefs mit den ehrlichsten Absichten, mit der besten humanistischen Bildung und mit großer Bescheidenheit ihren Job ausüben würden, sondern eigene Ziele verfolgten? Wir wollen das nicht hoffen. Und wenn doch Zweifel bleiben? Vielleicht findet sich eine Partei, die eine Kontrolle des „Berner Clubs“ durch das Parlament oder die EU einfordert.
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