Auftritt beim Parteitag

Kurz: "Ratschläge gibt es von mir keine"

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Mit aufmunternden Worten der Ex-Parteichefs Sebastian Kurz und Wolfgang Schüssel ist am Samstag in Graz der ÖVP-Parteitag zur Kür von Karl Nehammer als Bundesparteichef gestartet.

Kurz stellte sich dabei offensiv hinter diesen und lobte Nehammer als einen, "der 100 Prozent gibt in jeder Aufgabe, die er übernimmt". Einen Aufruf zu Optimismus gab es von Schüssel, denn: "Der Pessimist ist der einzige Mist, auf dem nichts wächst", bemühte er ein Zitat von Theodor Heuss.

"Vielen Dank für die gemeinsame Zeit"

Kurz machte rasch klar, dass er seine zwei Jahrzehnte in der Politik als abgeschlossen erachtet. Es sei eine unglaubliche Ehre gewesen, nach der Zeit der Übermacht anderer die Wahlen 2017 gewinnen und 2019 noch zulegen zu dürfen. "Ich wünsche mir aus vollem Herzen, dass die Volkspartei weiter erfolgreich ist", sagte er: "Vielen vielen Dank für diese gemeinsame Zeit." Über seinen erzwungenen Abgang sagte er nichts. Nehammer wünschte er, dass er die Freude an der Politik nicht verliere. Tipps für seinen Nachfolger hat er hingegen nicht parat: "Also Ratschläge gibt es von mir nicht, vor allem nicht öffentlich."

Schüssel mit brennendem Appell

Zuvor hatte Schüssel seine angriffige Seite hervorgekehrt und Nehammer nicht nur gute Nerven, sondern auch ein "kampffähiges Team" gewünscht. "Wir müssen lernen, wieder zu kämpfen", so der Ex-Kanzler, "es heißt Wahlkampf, liebe Freunde". Auch mutlos dürfe man sich nicht machen lassen. Gerade jetzt sei eine Partei gefragt, die den Freiheitsbegriff hochhalte. Viel Jubel von den knapp 1.300 Gästen, davon 515 stimmberechtigte Delegierte, gab es für Schüssels Worte zu Persönlichkeitsrechten, Rechtsschutz und Meinungsfreiheit angesichts des Zugriffs der Justiz auf Briefe und Chat-Nachrichten, kommen doch viele der aktuellen Vorwürfe gegen die ÖVP aus der Auswertung dieser Quellen.

Der Boden für Nehammers Rede wurde auch von Klubobmann August Wöginger in gewohnt hemdsärmeliger Manier aufbereitet. Wöginger brach eine Lanze für Türkis-Grün - man habe trotz Krisenbewältigung einiges weitergebracht. So zählte er etwa die ökosoziale Steuerreform, den Ausbau der erneuerbaren Energien oder das Pflegepaket auf. Man gehe mit der Koalition jetzt in die zweite Halbzeit, "und wir werden diese auch zu Ende spielen", versicherte er. Für die Opposition hatte er keine freundlichen Worte übrig - diese arbeite "mit ständigem Anpatzen, in der Hoffnung, dass etwas hängen bleibt" und "mit unredlichen Methoden (...) in der Hoffnung, dass uns die Lust an der Politik vergeht".

Auch für die Tierschutz-Aktivisten vor der Halle hatte Wöginger eine Botschaft parat: "Wir sind Tierfreunde. Nur wir können unterscheiden zwischen Nutztieren, Haustieren, Wildtieren und Plüschtieren", meinte er. "Wir stehen für Umweltschutz mit Hausverstand."

Mit Nehammer komme man wieder in "ruhigere Gewässer", Nehammer habe "das Ruder in der Hand", betonte Wöginger. Er beschwor Zusammenhalt und Einigkeit als Grundwerte der Volkspartei. "Und machen wir es nicht so wie die Roten", bat er in Anspielung auf das maue Ergebnis von rund 75 Prozent für Pamela Rendi-Wagner.

Das Wahlergebnis sollte gegen 16 Uhr feststehen. Nachdem die Obmänner der Volkspartei bei ihrer ersten Wahl grundsätzlich mit sehr hoher Zustimmung bedacht werden, muss sich Nehammer trotz des turbulenten Umfeldes wohl keine Sorgen um ein herzeigbares Ergebnis machen.

Nehammer wurde zu Beginn mit stehenden Ovationen begrüßt. Er präsentierte sich zur Eröffnung gut gelaunt: "So viele in so einem kleinen Raum heißt auch, so viele Viren, aber jetzt kümmert es uns nicht mehr - schön, dass ihr da seid!", rief er der Menge zu. "Die Stimmung ist gut. Wenn wir die auch noch in Stimmen umwandeln, kann uns nichts mehr passieren", meinte auch der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer. An die Delegierten appellierte er in Hinblick auf die Wahl, zu bedenken, dass Nehammer Rückhalt brauche - "in einer Situation, die nicht die beneidenswerteste ist, da müssen wir realistisch bleiben", und in einer Situation, in der Politik Freiwild geworden sei, wogegen man sich mehr wehren müsse.

Es sind unruhige Zeiten für die Volkspartei, geprägt durch ständige Skandale und schlechte Umfrageergebnisse. Beim Parteitag in der Helmut-List-Halle versucht man nun Geschlossenheit zu demonstrieren und gute Stimmung zu verbreiten. Die Demonstranten-Grüppchen vor der Halle konnten die Laune der Funktionäre nicht trüben, die sich schon vor der Eröffnung an Würsteln und Getränken erfreuen konnten. Zahlreiche bekannte Gesichter, von den türkisen Regierungsmitgliedern über die Landeshauptleute bis zu ehemaligen Parteichefs wie Wolfgang Schüssel und Josef Pröll, waren zugegen. Auch steirische Prominenz wie der Ex-Präsident von Sturm Graz, Hannes Kartnig, beehrte das Event.
 

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