Im Schnellverfahren wurde Kurz für vier weitere Jahre zum VP-Obmann gewählt.
St. Pölten. Eine Show war erwartet worden – und eine Show ist es geworden – im Schnellgang: Der Parteitag dauert am Samstag gerade 3 Stunden 20 Minuten. 533 von 536 ÖVP-Delegiertem wählen Sebastian Kurz für vier weitere Jahre zum Parteiobmann – 99,4 %. 2017 waren es noch 98,7 % gewesen, das Ergebnis wurde also noch getoppt.
Die Kurz-Vize Barbara Eibinger-Miedl und Thomas Stelzer erzielen gar 100 %.
Kurz bedankt sich artig: „Ich nehme die Wahl an und möchte mich für diesen starken Rückhalt bedanken. Das gibt mir sehr viel Kraft.“
Laser-Show. Bei Einzug von Kurz zu Beginn des Parteitags blickt alles auf seine schwangere Freundin Susanne Thier und ihr Baby-Bäuchlein. Sie werden von 1.600 Delegierten und Gästen (ohne Masken und Abstand, mit 3-G-Regel) bejubelt, dann flackern Laser durch das VAZ St. Pölten.
Opfer der Opposition. Nach den Formal-Beschlüssen gibt Klubobmann August Wöginger den Einpeitscher. Die ÖVP und vor allem Kurz stilisiert er als Opfer: „Seit die ÖVP den Kanzler stellt, sind alle gegen uns, alle gegen die Volkspartei.“ Auch die Grünen bekommen ihr Fett ab: „Die ÖVP ist für Klimaschutz mit Hausverstand. Der Pendler braucht aber das Auto, der Bauer den Traktor und der Unternehmer den Lastwagen, sonst funktioniert’s nicht.“
Abgang? Kurz geht in seiner halbstündigen Rede dann gleich nach Corona auf das Strafverfahren gegen ihn ein: Im Saal ist es still, als er durchblicken lässt, er habe sogar an Rückzug gedacht, als das Strafverfahren – wegen falscher Zeugenaussage vor dem U-Ausschuss – begann.
Kurz will aber nicht weichen: „Wir werden allen Gegenwind aushalten, wir werden unsere Arbeit weitermachen.“ Er sei durch die harten Attacken sowie die Ermittlungen gegen seine Person „stärker und entschlossener“ geworden.
Einziger Misston: Bauern gegen Schnellstraße
Demo. Nach der Rede gibt es klarerweise Standing Ovations – wichtig für die Parteitagsregie, Geschlossenheit zu demonstrieren. Die einzigen Misstöne aus VP-Sicht gibt es vor der Halle: Da demonstrieren Bauern gegen die S34, die Traisental-Schnellstraße.
Kanzler sagte, er dachte an Rücktritt:
Rede: "Ich fragte mich – bin ich da noch richtig?"
31 Minuten sprach Kurz vor den Delegierten – die jubelten.
- Kurz startet mit Corona: Kein Lockdown. „Die Rechnung ist einfach: Je mehr Geimpfte, desto weniger Erkrankte. Je mehr Geimpfte, desto weniger Wirtschaftseinbruch. Nicht mehr der Lockdown ist die Antwort, sondern die Impfung!“
- Kurz zu den Ermittlungen der WKStA gegen ihn: „Als Anzeigen sogar zur Einleitung eines Strafverfahrens geführt haben, das hat auch für mich eine völlig neue Dimension. Ich habe das bisher noch nicht so offen ausgesprochen. Aber es gab da durchaus einige Tage, wo ich mich gefragt habe, ob ich da wirklich richtig bin; ob es das ist, was man im eigenen Leben möchte; wie lange man so was aushält; und ob es in Ordnung ist, so etwas der eigenen Familie zuzumuten. Was mir geholfen hat, war der unglaubliche Rückhalt unserer Landesparteiobleute, der bündischen Obleute. Diese Erfahrung hat mich entschlossener gemacht, ihr könnt also mit mir rechnen.“
- Kurz will entlasten: „Wir werden Steuern für kleine und mittlere Einkommen weiter senken, erhöhen den Familienbonus nochmals.“
- Alle müssen arbeiten: „Wer gesund ist und arbeiten kann, der muss auch arbeiten gehen. Das entspricht unserem Menschenbild und das fordern wir auch ein.“
- Seitenhieb gegen Gewessler: „Nie sind die Straße oder das Auto unser Feind, sondern Emissionen.“
- Afghanistan: „Ich sage klar: Unbeschränkte Aufnahme von Menschen aus Krisenregionen funktioniert nicht. Die Fehler aus 2015 dürfen sich nicht wiederholen. (...) Grundwerte – wie die Gleichstellung von Mann und Frau, Religionsfreiheit – sind für uns nicht verhandelbar. Da kann und wird es mit uns keine Kompromisse geben.“