Nach Macron-Plädoyer

Kurz steht zu "Europa der Subsidiarität"

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Kanzler lehnt europaweite Mindestlöhne und EU-Sozialunion ab.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat sich nach dem jüngsten Plädoyer des französischen Staatschefs Emmanuel Macron "Für eine europäische Renaissance" erneut zu einem "Europa der Subsidiarität" bekannt - ein Europa, das "in den großen Fragen" stark ist und sich "in anderen Fragen, die Regionen oder Mitgliedsstaaten selbst besser regeln können, wieder zurücknimmt", teilte er am Dienstag mit.
 

Weniger Regeln

Dazu zählen laut einer Stellungnahme gegenüber der APA der Schutz der EU-Außengrenzen oder die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, nicht aber eine gemeinsame Sozialpolitik innerhalb der Europäischen Union. "Wir brauchen generell weniger Regeln, aber an diese müssen wir uns dann auch halten", fasste der Kanzler zusammen.
 
Er unterstütze Macrons Vorschläge zu "Bemühungen für eine neue Partnerschaft mit Afrika, mehr Fokus auf Innovation, die bevorzugte Behandlung von EU-Unternehmen oder einen ambitionierten Kampf gegen den Klimawandel", gab Kurz bekannt. Ebenso trete er für eine "faire Besteuerung von Internetgiganten in Europa und den Kampf gegen Hassparolen, insbesondere Antisemitismus, auch im Internet" ein. Vieles davon seien Prioritäten des österreichischen EU-Ratsvorsitzes gewesen, erinnerte der Kanzler.
 
Anderen Vorschlägen, wie einem europaweiten Mindestlohn, einer EU-Sozialunion und einer Vergemeinschaftung von Schulden, stehe er bekannterweise "seit jeher" ablehnend gegenüber, hieß es. "Als neutrales Land und Nicht-NATO-Mitglied sehen wir auch Pläne für eine EU-weite Beistandsklausel oder eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben auf das NATO-Ziel von zwei Prozent kritisch", ergänzte der Kanzler. "Positiv" würde hingegen ein gemeinsamer EU-Sitz im UNO-Sicherheitsrat gesehen werden.
 

Kurz begrüßt Macron-Vorstöße

Kurz begrüßte die europaweite Debatte über die Zukunft der Europäischen Union nach den Vorstößen von Macron. "Als Pro-Europäer ist es in unser aller Interesse, an einer starken und handlungsfähigen Europäischen Union zu arbeiten sowie den 'European Way of Life' zu schützen", erklärte er und griff damit eine Analogie zum viel zitierten "American Way of Life" auf. Der Kanzler versteht darunter den "europäischen Lebensweg", also "Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Freiheit", den zu verteidigen er schon zu Beginn der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft im Juli angekündigt hatte.
 
Macron hatte vergangene Woche in mehreren europäischen Zeitungen ein viel beachtetes Plädoyer für eine Renaissance Europas veröffentlicht. Darin forderte er etwa eine europaweite Grundsicherung, einen europaweiten Mindestlohn, Strafen für Unternehmen, die "unsere wesentlichen Werte untergraben", oder eine gemeinsame Grenzpolizei und Asylbehörde. Außerdem sollte eine europäische "Agentur für den Schutz der Demokratie" errichtet und eine "Europakonferenz" unter Einbeziehung der Bürger und der Zivilgesellschaft ins Leben gerufen werden.
 
Der SPÖ-Spitzenkandidat für die EU-Wahl, Andreas Schieder, warf Macron daraufhin in einem Beitrag in der "Presse" (Montag) vor, in seinem Appell von der Vorwoche die unzufriedene Bevölkerung mit "Almosen" abspeisen zu wollen. In der sozialen Ungleichheit sieht Schieder den Hauptgrund für die Krise Europas.
 
Macron biete zwar "weitgehend sozialdemokratische Lösungen" für die Probleme Europas an und erweise sich darin als "echter Liberaler", räumte er ein. Doch stelle sich das Staatsoberhaupt in seinem Schreiben gar nicht die Frage, wie es so weit kommen konnte.
 
Schieder führt als Ursache für die Unzufriedenheit und die sozialen Spannungen in Europa vor allem an, dass "jahrzehntelang die Konservativen und Liberalen die sozialen Netze und den Wohlfahrtsstaat schrittweise beschnitten haben". Außerdem könnten Konzerne heute "alle Regeln ignorieren".
 
Der SPÖ-Spitzenkandidat forderte daher "ein Europa, das den Menschen in den Mittelpunkt stellt und nicht die Konzerne", denn "die Wirtschaft hat in Europa nämlich den Menschen zu dienen und nicht umgekehrt".
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