ÖSTERREICH-Interview:

Kurz: "US-Verhältnisse im Wahlkampf"

Teilen

Zurück von seiner Tour durch Kalifornien zu den Giganten der Hightech-Szene spricht ÖVP-Chef Sebastian Kurz über den aktuellen Wahlkampf. 

ÖSTERREICH: Die Schred­der-Affäre hat nun auch Kanzlerin Bierlein dazu gebracht, sich hinter die Beamten des Kanzleramtes zu stellen. Ist da nicht einiges schiefgelaufen?

Sebastian Kurz: Ich habe bereits gesagt, dass ein Mitarbeiter einen Fehler gemacht hat, weil er einen falschen Namen angegeben und die Rechnung nicht beglichen hat. Aber ich bleibe dabei, dass es ein üblicher Vorgang bei Regierungswechsel ist, Druckerfestplatten zu löschen und zu schreddern.

ÖSTERREICH: Ex-Kanzler Kern droht Ihnen jetzt mit Klage, weil Sie gesagt haben, das sei bei ihm auch nicht anders gewesen. Ziehen Sie das zurück?

Kurz: Ich habe lediglich gesagt, dass ich bereits mehrere Amtsübergaben – als Integrationsstaatssekretär, als Außen­minister und als Kanzler – erlebt habe. Die Amtsübergabe von Christian Kern an mich hat nur wenige Minuten gedauert. Und er hat mir keine Videos, Daten, USB-Sticks, DVDs oder andere Inhalte übergeben. Dazu stehe ich.

ÖSTERREICH: Was befand sich auf diesen Druckerspeicherplatten? Waren das solche Geheimnisse?

Kurz: Das waren schlicht und ergreifend Drucker, die in den Kabinetten standen. Da waren alltägliche Regierungstätigkeiten, Nebensächlichkeiten, aber auch Protokolle aus unserem EU-Ratsvorsitz drauf. Hier sind wir zur Vertraulichkeit verpflichtet.

ÖSTERREICH: Dieser Wahlkampf wird immer bizarrer. Mittlerweile gibt es mindestens zwei Websites, die Gerüchte über Sie verbreiten. Was steckt da Ihrer Meinung nach dahinter?

Kurz: Ich bin ja leider schon vom letzten Wahlkampf üble Methoden und Anpatzver­suche gegen mich gewohnt. Ich möchte diese Seiten gar nicht aufwerten, indem ich auf diese Absurditäten eingehe. Es ist jedenfalls schade, dass zunehmend US-Verhältnisse in unseren Wahlkampf einziehen. Es sollte einen Wettstreit um Inhalte geben. Das ist für Wähler relevant.

ÖSTERREICH: Sie waren ja gerade in den USA. Was nehmen Sie als Hauptschlussfolgerung aus dem Silicon Valley mit?

Kurz: Dass sich unser aller Leben weiter rasant verändern wird, und dass wir die Chancen nutzen müssen, aber auch die Risiken rechtzeitig abfedern müssen. Es werden viele Jobs aufgrund der Automatisierung wegbrechen, und darauf müssen wir uns bestmöglich vorbereiten und gegensteuern.

ÖSTERREICH: Wird das ein Schwerpunkt in Ihrem Programm? Wie wollen Sie die Arbeitsplatzbedrohung abfedern?

Kurz: Wir müssen Menschen, deren Arbeitsplätze durch die Automatisierung gefährdet sind, bestmöglich unterstützen. Sie müssen die Möglichkeit bekommen, umgeschult zu werden. Junge Menschen sollten verstärkt in IT geschult werden. Hier werden neue Jobs geschaffen werden. Sollte ich wiedergewählt werden, will ich den vollen Fokus auf Aus- und Weiterbildung legen.

ÖSTERREICH: Ein Thema des Wahlkampfes wird auch der Klimawandel sein. Sie hatten Termine bezüglich Green Technology. Werden Sie das verstärkt thematisieren?

Kurz: Natürlich sind Klimawandel und Umweltschutz ein Thema, das uns stark beschäftigt. Wir müssen einen Beitrag gegen den Klimawandel leisten. Es wird aber weiter Menschen geben, die auf Autos angewiesen sind. Da ist es wichtig, neue Technologien, Wasserstoff- und E-Autos zu forcieren.

ÖSTERREICH: Uber hat den Betrieb in Österreich kurzfristig eingestellt. Ist das nicht ein Schritt in die Vergangenheit?

Kurz: Uber wird den Betrieb in wenigen Tagen wieder aufnehmen. Ich bin für Innova­tion, aber unsere Gesetze und sozialen Standards müssen für alle gleichermaßen gelten.

ÖSTERREICH: In unseren aktuellen Umfrage sinkt die ÖVP von 37 auf 36 Prozent. Irritiert?

Kurz: Nein, diese Umfragewerte sind für uns sensationell. Aber entscheidend sind nicht Umfragen, sondern die Wählerstimmen am Wahltag. Und ich hoffe da auf möglichst viel ­Unterstützung.
Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.