Die Regierung ist sich, wenn es um die Art der Hilfe für Moria geht, nicht einig. Die Grünen werden aber dennoch nicht mit etwaigen SPÖ- und NEOS-Anträgen stimmen.
Deutlich sind die innerkoalitionären Bruchlinien in der Frage der Flüchtlingsaufnahme nach dem Brand im griechischen Flüchtlingslager Moria Sonntagabend in der ORF-Sendung "Im Zentrum" zutage getreten. Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer hielt mit ihrer Kritik am türkisen Regierungspartner nicht hinter dem Berg. Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) verteidigte indes den Ansatz der Hilfe vor Ort.
Die ÖVP habe in dieser Frage die Mitte verloren, so Maurer. Selbstverständlich müsse man dafür sorgen, dass die Situation in Griechenland verbessert wird, was aber nicht dagegen spreche, unbegleitete Minderjährige aufzunehmen. Maurer verwies auf diverse ÖVP-Bürgermeister, die bereit wären, Flüchtlinge aufzunehmen. Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) blockiere dies aber, so Maurer: "Wir beißen hier auf Granit."
Der grüne Parlamentsklub werde aber dennoch nicht mit etwaigen SPÖ- und NEOS-Entschließungsanträgen stimmen, die in der morgigen Sondersitzung auf den Weg gebracht werden könnten. Denn diese hätten keine Mehrheit, meinte Mauerer. "Wenn wir dafür stimmen, begehen wir Koalitionsbruch." Die ÖVP habe aber "unmissverständliche Signale" gesendet, dass sie dann mit der FPÖ stimmen werde. Und ein von diesen beiden Fraktionen unterstützter Antrag hätte dann eine Mehrheit, der von den Grünen hingegen nicht. Die FPÖ hatte im Vorfeld einen Antrag als "Lackmustest" für die ÖVP angekündigt.
Edtstadler wollte nicht bestätigen, dass die ÖVP angedroht habe, mit der FPÖ zu stimmen. Sie sei aber auch nicht Teil des ÖVP-Parlamentsklubs. Sonst verteidigte sie den von der ÖVP forcierten Ansatz der Hilfe vor Ort. Die Bundesregierung leiste Soforthilfe mit Geld und Hilfsgütern, um humanitäre menschliche Bedingungen auf Lesbos herzustellen.
Laut Edtstadler werde in dieser Frage stark emotionalisiert. Gleichzeitig verwies sie darauf, dass Österreich in der Vergangenheit schon sehr viel getan habe. Eine Situation wie 2015 und 2016 dürfe sich aber nicht wiederholen. Auch will sie keine Spaltung in Europa zulassen, in Gute, die jetzt Flüchtlinge aufnehmen, und die anderen.
Edtstadler stand mit ihrer Position in der Diskussion alleine da. Neben Maurer sprachen sich nämlich auch die drei weiteren vom ORF eingeladenen Gäste, der evangelische Theologe Ulrich Körtner, der Schauspieler Klaus Maria Brandauer und der frühere griechische Außenminister Dimitris Droutsas für eine Aufnahme von Flüchtlingen aus Moria aus.
Droutsas und Körtner argumentierten dabei auch pragmatisch und meinten, dass Österreich mit seiner Haltung jene Staaten innerhalb der EU ermutige, die schon bisher wenig für die Aufnahme von Flüchtlingen getan hätten. So würden die Visegrad-Staaten sagen, "wir werden auch in Zukunft Null komma Josef (an Flüchtlingen) aufnehmen", sagte Körtner. Der sozialistische EU-Abgeordnete Droutsas sagte, Österreich dürfe "nicht als eine Art Wortführer international der Unwilligen" gesehen werden. "Genau das Argument, dass Österreich so viel geleistet hat, sollte man positiv verwenden", wünscht er sich eine Vorbildfunktion für jene Staaten, "die nach wie vor unwillig sind".